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Was, wenn Forced Quitting droht?

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Jür­gen Mül­ler

Die Spit­ze, die der Otto-Vor­stand in Rich­tung Zalan­do schick­te, hat geses­sen. „Natür­lich spü­ren wir die Kri­se, aber wir wer­den uns nicht leicht­sin­nig von Mit­ar­bei­tern und Mit­ar­bei­te­rin­nen tren­nen, die wir in weni­gen Mona­ten sicher wie­der brau­chen wer­den“, sag­te Sebas­ti­an Klau­ke die­se Woche bei einem Medi­en­ge­spräch. Tags zuvor hat­te das Zalan­do-Manage­ment den Abbau von hun­der­ten Stel­len ver­kün­det. Und mit die­ser Maß­nah­me viel von dem Por­zel­lan zer­dep­pert, das Zalan­dos Employ­er Bran­ding-Ver­ant­wort­li­che über Jah­re ins Schau­fens­ter gestellt haben.

David Schnei­der und Robert Gentz gaben sich in einem inter­nen Schrei­ben an die „Zalan­dos“ denn auch ange­mes­sen zer­knirscht: Es sei „eine sehr har­te aber not­wen­di­ge Ent­schei­dung“, Tei­le des Unter­neh­mens sei­en in den ver­gan­ge­nen Jah­ren zu stark gewach­sen. „Wir haben ein Kom­ple­xi­täts­le­vel erreicht, das unse­re Fähig­keit, schnell zu reagie­ren, beein­flusst hat.“

Und dann läuft auch noch das Geschäft schlech­ter als erwar­tet. Erst­mals in der Unter­neh­mens­ge­schich­te muss­te Zalan­do in 2022 Umsatz­rück­gän­ge hin­neh­men – wie vie­le ande­re Onli­ner, die – durch den Coro­na-Boom eupho­ri­siert – zu opti­mis­tisch geplant und nicht mit so einem mas­si­ven Nach­fra­ge­rück­gang gerech­net hat­ten. Das hat auch Ottos Onlin­ege­schäft getrof­fen: 8% Umsatz­mi­nus in Deutsch­land, 2% ins­ge­samt, wie Klau­ke ver­kün­de­te. Aber es macht halt doch einen Unter­schied, ob ein Manage­ment an der Kurs­ent­wick­lung inter­es­sier­ten Aktio­nä­ren ver­pflich­tet ist oder einer Inha­ber­fa­mi­lie, die Ent­schei­dun­gen auch danach beur­teilt, ob sie nach­hal­tig sinn­voll sind.

Die Ent­las­sungs­wel­le, die der­zeit durch die US-Digi­tal­kon­zer­ne rollt, dürf­te zu einem guten Teil der Ana­lys­ten-Beru­hi­gung die­nen. Die­sem Her­den­trieb kann sich ein bör­sen­no­tier­tes Zalan­do nicht ent­zie­hen. Zugleich ist es eine Gele­gen­heit, per­so­nell zu ent­schla­cken. Dem von der FAZ zitier­ten Hin­weis von Insi­dern, es habe bei Zalan­do in der Ver­gan­gen­heit im Prin­zip jedes Team bekom­men, was es woll­te, ist ein ein­deu­ti­ges Indiz für nicht all­zu stark aus­ge­präg­tes Kos­ten­be­wusst­sein. Wachs­tum hat­te für das Unter­neh­men seit sei­ner Grün­dung vor 14 Jah­ren Prio­ri­tät, buch­stäb­lich ohne Rück­sicht auf Ver­lus­te. Des­halb bedeu­tet so eine Spar­run­de auch eine Art Kul­tur­schock.

Wenn Zalan­do nun Hun­der­te Stel­len streicht, Meta 11.000, Alpha­bet 12.000 und Ama­zon 18.000, dann muss man das zugleich vor dem Hin­ter­grund bewer­ten, dass die­se Unter­neh­men in den ver­gan­ge­nen drei, vier Jah­ren Hun­der­tau­sen­de neue Arbeits­plät­ze geschaf­fen haben. Die Wachs­tums­ra­ten von Zalan­do und About You fla­chen nur ab, aber sie gewin­nen immer noch Markt­an­tei­le. Auch Ama­zon hat in Deutsch­land ledig­lich wegen der Euro-Schwä­che Minus gemacht, die Ver­käu­fe stie­gen 2022 hier­zu­lan­de sogar um 1,2%. Und Mythe­re­sa hat gera­de eben­falls ordent­li­che Wachs­tums­ra­ten gemel­det. "Wir ent­las­sen nicht, wir stel­len ein", so CEO Micha­el Kli­ger ges­tern in der TW.

Ergo: Die Digi­ta­len blei­ben auf der Über­hol­spur. Die jetzt lau­fen­den Restruk­tu­rie­run­gen sind kei­nes­wegs der Anfang vom Nie­der­gang, son­dern es geht dar­um, neu­en Anlauf zu neh­men und die Orga­ni­sa­tio­nen fit zu machen für den anste­hen­den, unter rezes­si­ven Bedin­gun­gen sicher­lich noch ein­mal ver­schärf­ten Ver­drän­gungs­wett­be­werb.

Es mag sein, dass manche/r GenZler*in sich nun plötzlich mit der harten wirtschaftlichen Realität konfrontiert sieht: Eine Vier-Tage-Woche ist schön, eine Null-Arbeitstage-Woche auf Dauer schlimm.

Inter­es­sant wird sein, inwie­weit die Lay off-Wel­le sich auf die Arbeits­kul­tur aus­wirkt. Die Digi­tal­kon­zer­ne sind nicht nur Vor­rei­ter, son­dern auch Ermög­li­cher ande­rer For­men von Orga­ni­sa­ti­on und Zusam­men­ar­beit – fle­xi­bler, krea­ti­ver, agi­ler, dezen­tra­ler, weni­ger hier­ar­chisch – und damit ein­her­ge­hend eines ande­ren Ver­ständ­nis­ses von Füh­rung, Leis­tung und Mit­ein­an­der. In deren Kon­text ist das ziel­füh­rend. Und natür­lich macht sie das für die bes­ten Talen­te attrak­tiv. Die­se haben – nicht zuletzt, weil sie weni­ge sind – ein ent­spre­chen­des Anspruchs­den­ken ent­wi­ckelt.

New Work-Kon­zep­te wur­den von vie­len Unter­neh­men auch als Reak­ti­on auf die­se ver­än­der­te Arbeits­markt­rea­li­tät adap­tiert. Es mag sein, dass manche/r GenZler*in sich nun plötz­lich mit der har­ten wirt­schaft­li­chen Rea­li­tät kon­fron­tiert sieht: Eine Vier-Tage-Woche ist schön, eine Null-Arbeits­ta­ge-Woche auf Dau­er schlimm. Quiet Quit­ting kann man sich eher leis­ten, wenn kein Forced Quit­ting droht.

Ob es zu einer Gegen­re­vo­lu­ti­on kommt wie in der gran­dio­sen neu­en Ama­zon-Serie "The Con­sul­tant", wo der von Chris­toph Waltz dar­ge­stell­te Unter­neh­mens­be­ra­ter einer hip­pe Soft­ware-Fir­ma auf Old Work trimmt? Wahr­schein­li­cher ist, dass der Wan­del der Arbeits­welt sich fort­setzt und eher die teu­ren und für den Struk­tur­wan­del nicht mehr so gut qua­li­fi­zier­ten Alten gehen müs­sen.

Mit ein paar Kor­rek­tu­ren. So ruft etwa Ama­zon-CEO Andy Jas­sy sei­ne Leu­te zurück ins Büro. Dass so vie­le nur noch im Home­of­fice waren, habe der Zusam­men­ar­beit und der Unter­neh­mens­kul­tur nicht gut getan. Das rea­li­sie­ren zur­zeit vie­le Unter­neh­men, aber es ist nicht so ein­fach, den Mit­ar­bei­ten­den lieb­ge­wor­de­ne Gewohn­hei­ten wie­der zu neh­men.

Man muss nicht so weit gehen wie Elon Musk. Der hat in den Büro­räu­men der Twit­ter-Zen­tra­le Schlaf­ge­le­gen­hei­ten ein­rich­ten las­sen. Der Visio­när ent­puppt sich als Anhän­ger einer Hard­core-Arbeits­kul­tur und Erz­ka­pi­ta­list. Über­ra­schung! Aber allein durch Genie sind noch die wenigs­ten reich gewor­den.

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Und sonst?

…hat McK­in­sey aus­nahms­wei­se sich selbst durch­leuch­tet. Und baut 2000 Stel­len ab.

…zahlt Her­mès jedem sei­ner 19.700 Mit­ar­bei­ten­den einen Bonus von 4000 Euro. So geht Employ­er Bran­ding! Die Aktio­nä­re kön­nen zugleich beru­higt sein. Die knapp 79 Mil­lio­nen Bonus­zah­lun­gen fal­len bei einem Net­to­ge­winn von 3,4 Mil­li­ar­den Euro in 2022 kaum ins Gewicht.

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