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Genesung für Galeria?

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Jür­gen Mül­ler

Wenn man den Nie­der­gang der Kauf­haus­kon­zer­ne über Jahr­zehn­te ver­folgt hat, wünscht man sich manch­mal einen Schluss­strich unter die­ses ver­korks­te Kapi­tel der deut­schen Wirt­schafts­ge­schich­te.

Wenn da nicht die vie­len Arbeits­plät­ze wären, die bei Gale­ria nun erneut zur Dis­po­si­ti­on ste­hen.

Und die vie­len Lie­fe­ran­ten, die Rech­nun­gen offen haben und einen für bestimm­te Cate­go­ries nach wie vor wich­ti­gen Zugang zu den Cities zu ver­lie­ren dro­hen.

Und die Kom­mu­nen, die ihre Fuß­gän­ger­zo­nen nicht sel­ten um das ört­li­che Waren­haus her­um gebaut haben, das zuletzt viel­leicht kein Fre­quenz­brin­ger mehr war, als Rui­ne aber zum Fre­quenz­schreck wür­de.

Und last but not least, wenn da nicht die immer noch gro­ße, wenn auch schrump­fen­de Zahl der Kon­su­men­ten wäre, für die das Waren­haus ein Leben lang Nah- und Not­ver­sor­gung war und die jetzt als Prime-Abon­nen­ten noch weni­ger unter Leu­te kom­men wer­den.

Defi­ni­tiv nicht mehr lesen möch­te man dage­gen die regel­mä­ßig in den Feuil­le­tons und auf drit­ten Sei­ten auf­pop­pen­den nost­al­gi­schen Abge­sän­ge auf eine Betriebs­form, die meist mit Émi­le Zolas „Para­dies der Damen“ begin­nen und mit einem Ver­riss durch Ger­rit Hei­ne­mann enden.

Das an die­sem Diens­tag eröff­ne­te erneu­te Insol­venz­ver­fah­ren von Gale­ria ist nur der nächs­te Akt die­ses offen­bar ewig wäh­ren­den Dra­mas. Es scheint ein Fass ohne Boden. Drei Mona­te lang hat der Steu­er­zah­ler die Gehäl­ter der 17.000 Beschäf­tig­ten bezahlt. Erst Anfang 2022 hat­te der Staat 250 Mil­lio­nen Euro nach­ge­schos­sen, die teil­wei­se in die Til­gung des 460 Mil­lio­nen-Nach­rang­dar­le­hens flos­sen, das die Regie­rung nicht ein­mal zwei Jah­re davor gewährt hat­te. Aus Bür­ger­sicht eine Ver­schwen­dung von Steu­er­mit­teln. Und aus Sicht der Kon­kur­renz eine wett­be­werbs­ver­zer­ren­de Stüt­zung eines in ihren Augen nicht mehr trag­fä­hi­gen Geschäfts­mo­dells.

Seit Eröff­nung des Schutz­schirm­ver­fah­rens wird über­all in Deutsch­land spe­ku­liert, wel­che der 129 Häu­ser schlie­ßen und wel­che blei­ben. Aus unter­schied­li­chen Quel­len ist mal von 60, mal von 80 die Rede. Es gab und gibt ein paar Über­nah­me­an­ge­bo­te, die aller­dings nicht durch­weg seri­ös erschei­nen. Man­che Immo­bi­li­en­ei­gen­tü­mer haben den Glau­ben an "ihr" Waren­haus ver­lo­ren und wen­den sich ab. Groß­ver­mie­ter Rene Ben­ko bleibt in der Deckung. Der Gale­ria-Eigen­tü­mer sei bereit, die nöti­gen 200 Mil­lio­nen Euro zur Ver­fü­gung zu stel­len, wenn der Insol­venz­plan geneh­migt wer­de, ver­spricht Sanie­rer Arndt Gei­witz im Gespräch mit der LZ. Aus Sicht der Gläu­bi­ger, die, wie zu lesen war, mit läp­pi­schen 50 Mil­lio­nen abge­fun­den wer­den sol­len, klingt das wie eine Erpres­sung.

Konzeptlosigkeit war in Essen und Köln noch nie das Problem

Mit Oli­vi­er van den Bos­sche und Edo Beu­ke­ma sind zwei alt­be­kann­te Kauf­hof-Recken zurück in Köln. Dass mit Arndt Gei­witz und Frank Kebe­kus die­sel­ben Akteu­re wie beim letz­ten Insol­venz­ver­fah­ren am Steu­er sind, ist kri­ti­siert wor­den. Ande­rer­seits waren die bei­den bereits ein­ge­ar­bei­tet. Der Fall Gale­ria ist sicher beson­ders kom­plex, nicht zuletzt wegen der wider­strei­ten­den Inter­es­sen der unter­schied­li­chen Stake­hol­der und vor dem Hin­ter­grund der öffent­li­chen Anteil­nah­me. Auf­grund die­ser Gemenge­la­ge darf man gespannt sein, ob Gale­ria die­ses Mal kon­se­quent auf den wirk­lich über­le­bens­fä­hi­gen Kern zurück­ge­stutzt wird. So ein radi­ka­ler Schnitt gilt vie­len als Vor­aus­set­zung für eine erfolg­rei­che Rekon­va­les­zenz des Pati­en­ten.

Es ist zudem Teil jeder Ope­ra­ti­on, eine Gene­sung in Aus­sicht zu stel­len. "Ich bin davon über­zeugt, dass die Gale­ria-Waren­häu­ser eine Zukunft haben, wenn auch nicht in ihrer der­zei­ti­gen Form", so Sanie­rer Gei­witz in der Wirt­schafts­wo­che. Gale­ria wer­de hof­fent­lich in drei Kalen­der­jah­ren wie­der Gewinn machen. Vor­her fie­len wegen der Umstruk­tu­rie­rungs­kos­ten sicher Ver­lus­te an. So sei geplant, alle ver­blie­be­nen Stand­or­te bis dahin umzu­bau­en. Die Orga­ni­sa­ti­on soll dezen­tra­ler, die Sor­ti­men­te stär­ker lokal aus­ge­rich­tet und Omnich­an­nel end­lich umge­setzt wer­den.

Das alles hat man so oder so ähn­lich schon öfter gehört. Kon­zept­lo­sig­keit war in Essen und Köln noch nie das Pro­blem.

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Und sonst?

…wird es extrem span­nend sein, inwie­weit Saba­to de Sar­no die Linie von Ales­san­dro Miche­le wei­ter­ver­folgt und was er tun wird, um fri­schen Buzz für Guc­ci zu erzeu­gen. Doch zunächst muss der Neue ein Qua­li­täts­pro­blem lösen. Bei einem Auf­tritt in L.A. riss Har­ry Styl­es gera­de die Guc­ci-Leder­ho­se. Bei dem sicher nicht ganz bil­li­gen Teil soll­te man eigent­lich erwar­ten kön­nen, dass sie ein paar Dance Moves über­steht.

…scheint Shein aktu­ell an Wachs­tums­gren­zen zu sto­ßen. Bis 2021 habe sich der Umsatz ver­vier­facht, 2022 rutsch­te der chi­ne­si­sche Online Retail­er erst­mals ins Minus, berich­tet BoF. Mög­li­cher­wei­se ist dies der gene­rell lah­men­den Online-Kon­junk­tur zuzu­schrei­ben. Oder einem wach­sen­den Bewusst­sein der Ziel­grup­pe für Nach­hal­tig­keit. Viel­leicht liegt es aber auch schlicht dar­an, dass die jun­gen Kun­din­nen es leid sind, wochen­lang auf schrot­ti­ge Ware zu war­ten, die sich kaum zurück­zu­schi­cken lohnt.

…wird alles teu­rer. Dass Ama­zon die Zustell­ge­büh­ren und den Min­dest­be­stell­wert für Gra­tis­lie­fe­run­gen bei Lebens­mit­teln her­auf­setzt, ist fast schon eine zwangs­läu­fi­ge Fol­ge der all­ge­mei­nen Preis­stei­ge­rung. Dass Ikea den Bil­ly-Preis von heu­te auf mor­gen um über 37% von 69 auf 95 Euro her­auf­setzt, ist dage­gen kaum zu erklä­ren. Mög­li­cher­wei­se haben Lock­vo­gel­an­ge­bo­te mit stei­gen­dem Online­busi­ness aus­ge­dient.

…hat Ama­zon die 500 Mil­li­ar­den-Umsatz­schwel­le über­schrit­ten. Das Unter­neh­men ist 2022 um 44 Mil­li­ar­den (!) gewach­sen, auf 514 Mrd. Dol­lar. Auch wenn die Cloud-Spar­te AWS den Löwen­an­teil bei­getra­gen hat – Ama­zon wächst nach wie vor in allen Geschäfts­be­rei­chen. Soweit zum The­ma "Online schwä­chelt".