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Fanwear für Harris. Hadid gegen Adidas. Mode für Olympia.

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Jürgen Müller

Sonntag, 21. Juli. Präsident Bidens Rückzug von der Kandidatur bringt nicht nur die US-Republikaner in die Bredouille, sondern auch die Merch-Produzenten. „Vote Biden“-T-Shirts dürften ab sofort ebenso unverkäuflich sein, wie die „Sleepy Joe“-Prints der Trump-Kampagne. Die Demokraten haben schnell geschaltet: Von shop.joebiden.com wird man jetzt direkt zu store.kamalaharris.com umgeleitet. Das Angebot dort ist freilich schmal: 24 Artikel, vom Madame President-Shirt und einer Harris Tote Bag, jeweils für 32 Dollar, über die Harris-Kaffeetasse für 20 Dollar bis zum aufstellbaren Harris Vorgarten-Plakat für 24 Dollar und dem Pride Sticker für 6 Euro das Doppelpack. Dafür gibt es auf den einschlägigen Plattformen wie Etsy bereits Tausende verschiedener Kamala-Shirts. Wenn es um Kommerzialisierung geht, macht den Amerikanern so schnell keiner was vor.

Donald Trump schon gar nicht. Seine Fanartikel werden gleich über mehrere Webshops verkauft: den trumpstore.com (die offizielle Website der Trump Organization), seinen persönlichen donaldtrumpstore.com und den officialtrump2024store.com, der freilich von Trittbrettfahrern betrieben wird. Das Netz ist voll von Trump-Ware. „Trump 2024“ liefert über 80.000 Ergebnisse allein auf Amazon. Neben den obligatorischen T‑Shirts und MAGA-Caps gibt es Trump-Bikinis, Bluetooth-Lautsprecher in Trump-Form, Badewannenenten mit Trump-Frisur oder auch Klobürsten und Toilettenpapier mit Biden-Konterfei.

Nur gut, dass der US-Wahlkampf sich nicht allein aus dem Verkauf von solcher „Fanwear“ finanziert. Da läge Donald Trump wohl uneinholbar vorne.

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Mittwoch, 24. Juli. Bella Hadid will Medienberichten zufolge Adidas verklagen. Nicht weil die Herzogenauracher sie aus der neuen SL72-Werbung entfernt haben (ihr Honorar wird das 27jährige Supermodel sicher bekommen haben), sondern wegen Rufschädigung. Adidas habe sie nicht über den historischen Kontext der Kampagne aufgeklärt.

Dieser war den Adidas-Machern offenbar selbst nicht bewusst. Ausgerechnet die zuletzt mit israelfeindlichen Parolen aufgefallene Hadid für die Neuauflage eines Schuhmodells einzuspannen, das für die Olympischen Spiele 1972 entwickelt wurde, bei denen palästinensische Terroristen bekanntlich elf israelische Sportler getötet haben, zeugt schon von ziemlicher Geschichtsvergessenheit. Man muss ja davon ausgehen, dass diese Kampagne nicht von einem einzigen Marketingmenschen im stillen Kämmerlein ausgetüftelt wurde, sondern Heerscharen von Kreativen an der Konzeption und Produktion beteiligt waren. Warum ist die Problematik keinem aufgefallen? Nach dem Skandal um Kanye West gibt es Stimmen, die das nicht mehr für Zufall halten und Adidas eine antisemitische Grundhaltung unterstellen. Das ist natürlich böswilliger Unsinn. Vorwerfen kann man den Herzogenaurachern freilich ein Managementversagen.

Dass Bella Hadid vor der Kampagne gerne über den historischen Kontext aufgeklärt worden wäre, ist freilich genauso absurd. Hätte sie mal in der Schule besser aufgepasst.

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Freitag, 26. Juli. Nach der EM ist vor Olympia: Heute starten die Spiele in Paris mit dem großen Schaulaufen. Erstmals findet die Eröffnung nicht in einem Stadion statt, sondern die 10.500 Athletinnen und Athleten werden auf über 100 Booten auf der Seine am Eiffelturm vorbei schippern. Auch wenn das eher ein Brown River- als ein Red Carpet-Event ist, wird es dennoch fürs Modemarketing genutzt. Großbritannien tritt in Stella McCartney auf, die USA in Ralph Lauren, und Italien trägt Armani. Die Franzosen werden vom LVMH-Label Berluti ausgestattet. Louis Vuitton als Premiumpartner der Pariser Spiele wird in den kommenden Wochen allgegenwärtig sein: Die Sieger werden ihre Medaillen aus LV-gebrandeten Köfferchen erhalten. Bernard Arnault lässt sich das Ganze 150 Millionen Euro kosten.

In modischer Hinsicht scheint der Mongolei für ihre mit traditionellen Motiven bestickten Olympia-Uniformen bereits die Goldmedaille sicher zu sein, jedenfalls soweit man dem social media Hype im Vorfeld der Spiele folgt. Das Design stammt von Michel & Amazonka, einem jungen Modelabel aus Ulan-Bator.

Und Deutschland? Wird von Adidas eingekleidet. „Die Kollektion für Paris 2024 ist in Zusammenarbeit mit den AthletInnen entworfen worden“, lässt der Deutsche Olympische Sportbund verlauten. Was man leider sieht. Schlichte T‑Shirts und praktische Hoodies in vergilbten Lila‑, Rot- und Grüntönen – alles funktional und bequem. „In Paris wird das sicherlich ein Hingucker sein“, so DOSB-Präsident Thomas Weichert. Und alle Vorurteile, die der Rest der Welt über Mode aus Deutschland hat, bestätigen.

PASSIERT pausiert bis Ende August. Das Sommerloch sollen andere stopfen. profashionals wünscht eine erholsame Ferienzeit.

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