Frequenz und Umsätze bleiben aus. Die Preise verfallen schneller als die Kaufleute sie herabzeichnen können. Amazon und Zalando nehmen den Handel in die Zange. Und was schreibt Vanessa Friedman in der New York Times? "Die Mode hat nicht nur ein Größen-Problem und ein Diversity-Problem, sondern auch ein Frauen-Problem." So ist das, wenn man in einer vollklimatisierten Redaktionsstube über die Probleme eines Wirtschaftszweiges sinniert.
Dass Frauen in den Chefetagen der Wirtschaft stark unterrepräsentiert sind, ist im Modebusiness sicherlich besonders eklatant. Nicht nur, dass diese Industrie rund zwei Drittel ihres Geschäfts mit der weiblichen Zielgruppe macht. Die Mehrheit der Beschäftigten in dieser Branche sind Frauen. Mit steigendem Hierarchielevel dreht sich das Geschlechterverhältnis allerdings um. Die TW hat vor zwei Jahren sichtlich mit Mühe und Not für ein Sonderheft 100 Top-Macherinnen aus dem Modebusiness zusammengetragen. Das kann man als Ungerechtigkeit empfinden und als Missstand sehen. Die wahren Probleme dieser Branche (siehe oben) würde aber auch ein höherer Frauenanteil im Management nicht lösen.
Die aktuelle Studie von McKinsey, Glamour und dem CFDA, auf die Friedman sich in ihrem Artikel bezieht, benennt die bekannten Ursachen: Kinder und Familie, altmodische Einstellung und struktureller Sexismus der männlichen Topentscheider, mangelnde Flexibilität der Unternehmen, schwächer ausgeprägte Karriereambitionen vieler Frauen. Und natürlich die spezifischen Anforderungen vieler Jobs im Modebusiness, die nur mit 150prozentigem Einsatz, maximaler Flexibilität und hoher Reisebereitschaft zu erfüllen sind.
Reflexhaft werden manche jetzt wieder nach einer Quote rufen. Aber weil die Anforderungen so sind wie sie sind, werden gesetzliche Regelungen nicht helfen, sondern die Unternehmen nur vor zusätzliche Probleme stellen. Ausschlaggebend für eine Stellenbesetzung muss erstmal die Qualifikation sein, nicht das Geschlecht. Statt mit Vorschriften am Symptom herumzudoktern, sollte sich die Politik um die Ursachen kümmern. Denn tatsächlich ist der niedrige Anteil von Frauen in Führungspositionen doch auch die Folge einer verfehlten Familienpolitik, die viel zu wenig für die Kinderbetreuung tut und die Frauen statt dessen mit finanziellen Anreizen aus dem Berufsleben lockt.
Demografische und nicht zuletzt ökonomische Gründe sprechen dafür, dass wir künftig mehr Frauen in Führungspositionen sehen werden. Am Kapitalmarkt ist der Frauenanteil im Management längst zum Faktor geworden. Auch am Arbeitsmarkt wird das Image eines Unternehmens immer wichtiger. Das zeigt die in dieser Woche publizierte TW-Studie "Working in Fashion". 83 Prozent der Befragten legen danach Wert darauf, dass ihr Arbeitgeber einen guten Ruf hat. Faktoren wie soziale Verantwortung, Nachhaltigkeit und Diversität sind 94 Prozent der Beschäftigten wichtig. Wer im "war for talents" nicht verlieren will, sollte die Gender-Thematik auf der Agenda haben.
*****
Profashionals jetzt auch in Instagram. Hier folgen: profashionals_live