
Freitag, den 21. Februar. "Schlappe vor Gericht" – das war doch mal eine hübsch doppeldeutige Schlagzeile in der SZ. Normalerweise würde man die Frage, ob Sandalen Kunst sind, im Feuilleton verhandelt sehen wollen. Aber der Bericht war im Wirtschaftsteil schon richtig platziert. De facto ging es bei Birkenstocks Klage um den Urheberrechtschutz, der bei Kunst anders als für eingetragenes Design nicht 25 Jahre, sondern 70 Jahre gilt. Was es Birkenstock ermöglicht hätte, gegen die vielen Kopisten vorzugehen, die die Schlappen preisgünstiger nachbauen.
Mit gesundem Menschenverstand betrachtet schien das ein ziemlich kurioser, wenn nicht frecher Vorstoß. Aber gesunder Menschenverstand zählt bekanntlich vor Gericht nicht unbedingt und immer. Es steht zu vermuten, dass man auch bei Birkenstock wusste, dass man am Ende nicht recht bekommen würde. Wahrscheinlich werden die Kosten für die Anwälte jetzt auf dem PR-Budget verbucht.
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Warum C&A seine Jeansfabrikation in Mönchengladbach wieder einstellt, wird nicht näher begründet. In den Medien heißt es, das Pilotprojekt FIT sei unter den Erwartungen geblieben. Vielleicht waren diese Erwartungen von Anfang an unrealistisch und es ist ganz einfach nur so, dass die Kunden nicht willens waren, statt 29,99 oder 39,99 gleich 59,99 Euro für eine C&A‑Jeans zu bezahlen. Wer bei C&A kauft, sucht halt den günstigen Preis und beschäftigt sich nicht mit Produktionsfragen.
Trotzdem schade. Der Aufbau einer hiesigen Produktion war eine ambitionierte und innovative Initiative, nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der fortschreitenden Deglobalisierung und der wachsenden Lieferkettenrisiken, auf die sich die Beschaffung einstellen wird müssen. Der Nachhaltigkeits-PR-Effekt, der bei dem Projekt ganz sicher eine Rolle spielte, geht dafür nun nach hinten los. Die Rettung des Textilstandorts Deutschland obliegt weiterhin Trigema.
Alles in allem sieht es so aus, als räume der amtierende C&A‑Chef Edward Brenninkmeijer mit sämtlichen Hinterlassenschaften seiner Ex-CEO Giny Boer auf. Im Januar war Schluss mit einem neuen, kleineren Ladenformat; die beiden Stores in Amsterdam, mit denen man neue Kundengruppen erreichen wollte, werden geschlossen. Auch die von Boer zusammengestellte Führungstruppe hat sich weitgehend aufgelöst. Zuletzt verließen Kommunikationschefin Betty Kiess und Digitalchef Wim Blaauw das Unternehmen.
Die Neuaufstellung von C&A scheint gescheitert. Wie sieht die nächste Neuaufstellung des Filialisten aus?
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Mittwoch, 26. Februar. Nicht ganz zu Unrecht kritisieren die NGOs viele der geplanten Neuregelungen der EU in Sachen Lieferkettengesetz: Die Abschaffung der zivilrechtlichen Haftung, das laxere Monitoring, der Wegfall der Verpflichtung zur Aufkündigung der Geschäftsbeziehung bei Regelverstößen – all das macht das Lieferkettengesetz ein Stück weit zu einem zahnlosen Tiger.
Dass die EU das Reglement einer Revision unterzieht, ist trotzdem richtig, und das nicht nur, weil die veränderte weltwirtschaftliche Lage keine Verschlechterung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit erlaubt. Die Bürokratie hat derart viele Ressourcen gebunden und die Experten in den Unternehmen (und deren Chefs sowieso) derart frustriert, dass allen die Lust verging, Sustainability als etwas Positives zu sehen und sich statt seinen Dokumentationspflichten nachzukommen, um die tatsächliche Beseitigung von Missständen in der Lieferkette oder gar um innovative Methoden zu kümmern. "Wir könnten Kinder in unseren Fabriken arbeiten lassen, Hauptsache wir dokumentieren das vollumfänglich", kommentierte neulich ein Gesprächspartner die exzessiven Berichtspflichten.
Der bürokratische Albtraum ist allerdings längst nicht vorbei. Denn die Diskussion um die Änderungen geht erst los, und bis endgültig Klarheit besteht und die neuen Regel greifen, haben alle Beteiligten jetzt ein weiteres Jahr Zeit.