Ihr habt gerade Ende September Euer Geschäftsjahr abgeschlossen. Wie hat die KaDeWe Group die Pandemie überstanden?
Das Geschäftsjahr 2020/21 war ein Rekordjahr für uns! Wir haben 2019/20 im Umsatz um 10 Prozent übertroffen. Das hat auch mit den erfolgreichen Umbauten in unseren Häusern zu tun.
Ganz wird Corona auch an Euch nicht vorbei gegangen sein. Euer Geschäft basiert ja nicht unwesentlich auf Touristen, soweit ich weiß zu rund 60 Prozent. Die Asiaten sind weniger geworden. Jetzt bleiben auch die Russen weg…
Die Zusammensetzung unserer Kundschaft hat sich tatsächlich verändert. Wir haben etwa 15 Prozent weniger internationale Besucher. Das konnten wir durch mehr lokale Kunden und Touristen aus Deutschland ausgleichen. Wir haben auch einen leichten Zuwachs bei europäischen Kunden. Und seit ein paar Monaten kommen die Kunden aus Middle East verstärkt zurück. Es hat sich ausgezahlt, dass wir uns komplett auf Luxus fokussiert haben. So ist unser Durchschnittsbon um rund 40 Prozent gestiegen, auf weit über 200 Euro. Wir erreichen mit den Top 30-Marken über 50 Prozent unseres Umsatzes. Und unser Wettbewerb hat die Hälfte dieser 30 Marken nicht.
Entwickeln sich denn alle Häuser gleichermaßen?
Am besten funktioniert München für uns. Natürlich nicht absolut, da ist das KaDeWe bei Weitem vorne. Aber der Oberpollinger hat vom Umbau am meisten profitiert. Wir werden im neuen Geschäftsjahr mit München die Nummer Zwei unter den deutschen Department Stores sein, nach dem KaDeWe.
Es sieht zurzeit so aus, als steuern wir auf eine Rezession zu. Insbesondere der Konsum wird unter den steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten leiden. Wie wird sich das Geschäft im Herbst und in 2023 entwickeln? Womit rechnet Ihr?
Wir planen optimistisch. Natürlich werden die Entwicklung der Energiepreise und die Unsicherheiten durch den Krieg einschneidend sein. Die 15 Millionen Besucher, die wir im Jahr in unseren Häusern zählen, sind sicher nicht alles Luxus-Konsumenten. Von Kaufzurückhaltung ist aktuell jedenfalls noch nichts zu spüren. Wir glauben auch an ein gutes Weihnachtsgeschäft. Vielleicht wollen viele Kunden sich gerade jetzt etwas Schönes leisten.
600 Millionen Euro hat die KaDeWe-Group in den vergangenen sieben Jahren in ihre Häuser investiert. Wird sich diese Wahnsinnssumme jemals amortisieren? Oder muss man solche Invests auch unter Wertsteigerungsaspekten für René Benkos Immobilien sehen?
Die KaDeWe Group ist ein eigenständiges Unternehmen. Wir gehören zu einer Gesellschaft, an der Signa und Central jeweils 50 Prozent halten. Wir zahlen für unsere drei Häuser marktübliche Mieten und sind für unsere P&L verantwortlich. Die Umbauten aller drei Häuser wurden darüber hinaus sowohl von unseren Eigentümern als auch durch unsere Markenpartner mitgetragen.
Was hat sich durch das Zusammengehen mit der Selfridges Group für die KaDeWe Group geändert?
Grundsätzlich erstmal nichts. Die Übernahme ist auch erst seit kurzem vollzogen. Mit rund 40.000 Mitarbeitern und 40 Department Stores und fast sechs Milliarden Euro Umsatz ist es die weltgrößte Luxus-Warenhaus-Gruppe. Damit gehören wir zu den Top 7‑Luxusanbietern der Welt. Die KaDeWe Group, Selfridges, Globus, De Bijenkorf, Brown Thomas, Illum oder La Rinascente operieren eigenständig. Wir profitieren von Best Practices und tauschen uns aus. Aber für unser Tagesgeschäft hat sich nichts geändert.
Gegenüber den Marken habt Ihr eine bessere Verhandlungsposition.
Es geht bei der Gruppe nicht ausschließlich darum, operativ Synergien zu schaffen. Es gibt auf der ganzen Welt keinen Warenhausbetreiber, der interlokal geführt wäre. Das passt zum Systemgeschäft à la Zara. In unserem Business geht es stark um Lokalität.
Die Gruppe gehört ja zur Hälfte der thailändischen Central Group, die selbst ein erfolgreicher Einzelhändler ist. Ist das ein Eigentümer, der operativ Einfluss nimmt?
Signa und Central sind über die Aufsichtsräte und das Executive Committee vertreten. Stefano della Valle führt als CEO die europäische Department Store Group.
Gibt es Vorbilder, wenn Du auf die weltweite Department Store-Szene schaust?
Ich bin ja Präsident des Warenhausverbandes IGDS und habe von daher Kontakt mit allen führenden Warenhäusern der Welt. Auf Verbandsebene tauschen wir uns regelmäßig aus. Ich finde beispielsweise die Kuratierung und die Präsentation von Le Bon Marché Weltklasse. Auch La Samaritaine ist eine Klasse für sich, nicht nur das Gebäude. Auch Galeries Lafayette hat mich in Paris gerade überrascht. Sie haben jetzt im vierten Stock eine neue Damenschuhabteilung auf über 10.000 m².
Du hast Selfridges vergessen.
Natürlich gehört unsere Schwester Selfridges zu den Besten, zum Beispiel was Innovation und Überraschungsmomente angeht. Und Harrods! Und das sage ich nicht, weil ich das Haus sechs Jahre lang leiten durfte.
Zurück zur KaDeWe Group. Ihr habt ja zwei neue Häuser angekündigt. Was werdet Ihr in Düsseldorf besser machen als Breuninger? Was in Wien besser als Steffl?
Die beiden neuen Häuser kann man nicht vergleichen. In Düsseldorf eröffnen wir einen 10.000 m² großen, stark kuratierten Store. Es wird der digitalste Store der Welt werden. Natürlich kann ich noch keine Details sagen, aber es wird exzeptionell, vom Einkaufserlebnis wie vom Sortiment her. Wenn überhaupt, ist es eine Ergänzung. Wien auf der anderen Seite ist mit über 17.000 m² etwas ganz anderes. Wien ist eine der wichtigsten Städte Europas und hat bisher keinen Luxus-Department Store.
"Nischenplayer werden von einer Elefantenhochzeit nicht zwangsläufig zerquetscht. Es wird immer Platz für viele geben, online wie stationär. Man muss nur seine Hausaufgaben richtig machen."
Auch was den Standort angeht. Die Mariahilfer Straße ist für so ein Format nicht optimal.
Der Store schließt direkt an das Museumsquartier an, das ist zweieinhalb Kilometer vom Oberen Graben und Goldenen Quartier entfernt.
Da müsst Ihr Lage machen.
Das tun wir auch am Tauentzien und in München. Mit unserem Neubau in Wien wird das Quartier in Richtung Galerien, Boutiquen, Restaurants und Bars entwickelt. Auch Selfridges liegt auf einer Highstreet, wo ansonsten kein Luxus ist.
Wie reagiert der Oberpollinger auf die Landung von Breuninger in München?
Wir freuen uns auf Breuninger und Konkurrenz belebt das Geschäft. Je mehr Angebot es gibt, desto besser für einen Standort.
Ihr operiert als Gruppe im Luxury-Segment. Wie ist Eure Perspektive auf eine Mega-Fusion wie die von Farfetch und YNAP?
Im Prinzip ist es ein ähnlicher Zusammenschluss wie bei uns. Wobei da schon sehr unterschiedliche Geschäftsmodelle zusammenkommen. Wir kommen zwar aus dem stationären Geschäft, setzen als Gruppe aber auch eine relevante Umsatzzahl online um.
Kommt es im Luxury Retail also doch auf die Größe an?
Ich glaube, dass Nischenplayer und lokale Anbieter von so einer Elefantenhochzeit nicht zwangsläufig zerquetscht werden. Es wird immer Platz für viele geben, online wie stationär. Man muss nur seine Hausaufgaben richtig machen. Selbst Mytheresa ist im Vergleich zu Farfetch und YNAP ein Nischenplayer, wenn auch ein sehr relevanter.
Ist der Zugang zu Marken nicht ein entscheidender Faktor? Die Luxury Brands werden das Geschäft doch immer mehr selbst machen wollen, oder? Ein Eickhoff sah angesichts der Monolabelstore-Expansion an der Kö keine Zukunft mehr. An einem Riesen wie Farfetch/YNAP oder auch an Euch als Gruppe kommen sie dagegen nicht vorbei.
Ich denke, dass ein Store wie Eickhoff auch heute in Düsseldorf eine gute Chance hätte. Schau dir Jades an. Oder Bungalow in Stuttgart. Ich glaube, dass man auch als kleiner Anbieter am richtigen Ort mit dem richtigen Sortiment und den passenden Kunden eine Chance auf gute Geschäfte hat.
Man könnte die Übernahme von YNAP durch Farfetch auch als Sieg des Marktplatz-Modells über das kuratierte Multilabel-Format interpretieren. Gerade die Börse steht ja auf Plattformen, wegen des geringeren Risikos und Kapitaleinsatzes. Würdest Du vor diesem Hintergrund Mytheresa-Aktien kaufen? Oder hast Du gar welche?
Nein, habe ich nicht. Aber Mytheresa macht das sensationell. Ich glaube zugleich, dass die Verbindung von Stationär und Online, wie wir es ausbauen, das zukunftsträchtigste Modell ist. Die gute Nachricht für uns ist, dass es wahrscheinlich einfacher ist, als Storebetreiber online zu gehen als umgekehrt. Der Kunde trifft keine Kanalentscheidung. Er trifft eine Markenentscheidung, der Kanal kommt danach. Und je mehr Kanäle du bespielst, desto besser.
Kommen wir zum Schluss. Ich weiß nicht, ob Du Dich erinnerst, aber es ist das dritte Mal, dass wir ein Interview führen: Bei Hugo Boss, damals im Store in der Frankfurter Goethestraße. Und jetzt bei der KaDeWe Group. Welcher Job war denn aus heutiger Sicht der Beste?
Das ist eine gute Frage. Ich habe mit zehn Jahren KaDeWe, Oberpollinger und Alsterhaus sowie sieben Jahren Harrods insgesamt 17 Jahre lang Luxuswarenhäuser geführt. Da fühle ich mich am wohlsten. Allerdings muss ich zugeben, dass meine sechs Jahre im Hugo Boss-Vorstand auch super waren. Wir hatten mit Bruno Sälzer ein tolles Team. Ich war verantwortlich für den Retail in 160 Ländern.
Letzte Frage: Wie fandest Du eigentlich die TV-Serie „Eldorado KaDeWe“?
Sensationell. Das haben im vergangenen Jahr bis heute über alle Kanäle fast 20 Millionen Menschen gesehen, sogar in UK. Ich fand die Serie auch inhaltlich gut und es wurde sehr schön deutlich, dass die Botschaft von Adolf Jandorf seit der Gründung des KaDeWe 1907 bis heute gilt: Wir verkaufen nichts, was man wirklich braucht. Sondern Träume, Gefühle, Inspiration und Schönheit.