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Grüne Woche Berlin

XVoll war’s. Das war einer­seits eine Über­ra­schung. Nach den Unken­ru­fen im Vor­feld hät­te man ja auch zu dem Schluss kom­men kön­nen, dass ein Ber­lin-Besuch nicht lohnt, und Kos­ten­spa­ren ist vor dem Hin­ter­grund der Markt­ent­wick­lung bestimmt nicht ver­kehrt. Auf der ande­ren Sei­te war die gute Fre­quenz auch kei­ne Über­ra­schung. Denn die Win­ter­ver­an­stal­tun­gen sind tra­di­tio­nell bes­ser besucht und die Leu­te sind lie­ber in den war­men Hal­len, statt drau­ßen (im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes) zu chil­len. Viel­leicht hat bei dem einen oder ande­ren Besu­cher auch die Ein­sicht ver­fan­gen, dass es in dyna­mi­schen Zei­ten ganz beson­ders dar­auf ankommt, sich zu infor­mie­ren, um kei­ne Chan­cen zu ver­pas­sen.

Gespannt durf­te man ins­be­son­de­re sein, wie sich die Pan­ora­ma am neu­en Stand­ort schla­gen wür­de. Die Bilanz – um es vor­weg zu neh­men – fällt gemischt aus. Die Mes­se ist eine ande­re Ver­an­stal­tung gewor­den. Klei­ner, kom­pak­ter, casua­li­ger. Die his­to­ri­schen Han­gars in Tem­pel­hof bie­ten einen ungleich attrak­ti­ve­ren Rah­men als die Mes­se­hal­len am Funk­turm, die doch arges Inter­jeans-Flair ver­strö­men. Auf der ande­ren Sei­te fühlt man sich in Tem­pel­hof stets an die Bread & But­ter erin­nert, die hier vor fünf Jah­ren das letz­te Mal statt­fand. Die­sem Ver­gleich hält die Pan­ora­ma nicht statt, weder atmo­sphä­risch, noch was das Aus­stel­ler­port­fo­lio angeht. Die drei von Pan­ora­ma und Neonyt bespiel­ten Han­gars mit der im Win­ter ziem­lich unwirt­li­chen Frei­flä­che dazwi­schen ver­lie­ren sich auf dem rie­si­gen Gelän­de. Auch das gas­tro­no­mi­sche Ange­bot und die Mee­ting-Mög­lich­kei­ten waren unzu­rei­chend. Ver­mut­lich hängt das alles mit dem kur­zen Vor­lauf und der auf eine Mes­se halt nicht ein­ge­rich­te­ten Infra­struk­tur in dem aus­ran­gier­ten Flug­ha­fen zusam­men. Da gibt es kom­men­den Som­mer man­ches bes­ser zu machen. Die Basis für eine erfolg­rei­che Ver­an­stal­tung ist jeden­falls geschaf­fen.

Auch die Neonyt mach­te den Besuch von Tem­pel­hof loh­nend. Die­se Aus­stel­lung für nach­hal­ti­ge Mode ist kräf­tig gewach­sen und auf dem Weg aus der Nische. Dass Sus­taina­bi­li­ty Main­stream wer­den könn­te, deu­te­te sich indes auch auf den ande­ren Mes­sen an. Kaum ein Stand, der nicht irgend­wie auf den grü­nen Trend auf­zu­sprin­gen such­te. Dabei star­tet die Grü­ne Woche Ber­lin doch erst heu­te… Scherz bei­sei­te: Das Para­do­xon einer aufs mög­lichst viel Ver­kau­fen ange­leg­ten Mode­mes­se und der auf  Kon­sum­zu­rück­hal­tung aus­ge­rich­te­ten Nach­hal­tig­keits­idee ver­sinn­bild­lich­te der rie­si­ge Kla­mot­ten­müll­sack über dem Ein­gang zur Pre­mi­um. Die­sen Wider­spruch wer­den auch die vie­len Panel Talks nicht auf­lö­sen, die es zu die­sem The­ma in Ber­lin gab. Die Pre­mi­um war im übri­gen eben­falls sehr sehr gut besucht. Dass dort zuneh­mend markt­star­ke Anbie­ter wie z.B. Olymp, Digel, Roy Rob­son, Sei­den­sti­cker, Dani­el Hech­ter und Fuchs­Schmitt aus­stel­len, hat die Attrak­ti­vi­tät der Ver­an­stal­tung erhöht.

Ansons­ten war es wie immer: Indus­trie und Medi­en nutz­ten die Platt­form Ber­lin für Pro­mo­ti­ons: Sei­den­sti­cker lud zum Cock­tail bei und mit Mur­ku­dis, Brax zum Stell­dich­ein mit den Schwein­stei­gers. Maerz fei­er­te sein 100jähriges, Bül­tel sei­ne Camel Acti­ve-Mas­ter­li­zenz. Hess­na­tur eröff­ne­te einen Popup Store im Biki­ni. Tama­ris pro­mo­te­te sei­ne Klei­der­kol­lek­ti­on mit Otto. Tele­kom, Alphat­au­ri und Schoel­ler stell­ten eine heata­ble cap­su­le coll­ec­tion vor. Marc Cain beschwör­te mit sei­ner Schau die 20er. Wil­helm Fan lud in den Fern­seh­turm. Die FAZ zeig­te Hel­mut Fri­ckes Fotos von Karl Lager­feld. Die Bun­te kür­te das new Face. Nur Micha­el Mich­alsky hielt sich die­ses Mal auf­fäl­lig zurück.

Dafür war Joop all­ge­gen­wär­tig. Am Diens­tag mit sei­nen Meis­ter­stü­cken für Van Laack im Kade­we. Am Mitt­woch mit sei­nen Looks im Kraft­werk (das als neue Schau­en-Loca­ti­on super ankam). Von Diens­tag bis Don­ners­tag auf der Pre­mi­um. Aber halt: mit Joop! hat Wolf­gang ja gar nichts mehr zu tun.

Ber­lin hat sei­ne Rol­le als halb­jähr­li­cher Fix­ter­min der Bran­che behaup­tet. Den Rufen nach einer gro­ßen Mes­se in Tem­pel­hof erteil­te Ani­ta Till­mann gegen­über der TW erneut eine Absa­ge: Das sei unrea­lis­tisch. Die Flä­che wür­de nicht aus­rei­chen, denn inzwi­schen sei­en deut­lich weni­ger Han­gars geöff­net und reno­viert als frü­her zu Bread & But­ter-Zei­ten.