Passiert large

Wenn LVMH Amazon einen Korb gibt…

X.…dann ist das eigent­lich kei­ne beson­de­re Nach­richt. Das Gegen­teil wäre eine Sen­sa­ti­on gewe­sen. „Bis auf wei­te­res kön­nen wir mit denen kei­ne Geschäf­te machen“, wird LVMH-CFO Jean-Jaques Guio­ny anläss­lich der Vor­la­ge der über­ra­schend posi­ti­ven Quar­tal­er­geb­nis­se von Reu­ters zitiert. „Wir glau­ben, dass Ama­zon nicht zu unse­ren Mar­ken passt.“ Schließ­lich haben LVMH und ande­re Luxus­an­bie­ter vor sechs Jah­ren bei der EU durch­ge­setzt, dass sie nicht zu einer Zusam­men­ar­beit mit Pure Play­ern ver­pflich­tet sind. Es ist trotz­dem ein Schein­ge­fecht, das Guio­ny da führt. Wer „Lou­is Vuit­ton“ ins Ama­zon-Such­feld tippt, erhält mehr als 27.000 Ergeb­nis­se. Was auch immer das für Ware ist – wenn es LVMH um die Exklu­si­vi­tät sei­ner Mar­ken gehen soll­te, dürf­te die­ses Ziel jetzt schon ver­fehlt sein.

Der selek­ti­ve Ver­trieb, der zu den Grund­fes­ten des Mode­mar­ke­tings gehört, ist im Inter­net kaum halt­bar. Preis­dis­zi­plin, die die Indus­trie zum Schutz ihrer Mar­ken schon gegen­über dem sta­tio­nä­ren Han­del viel­fach ver­geb­lich anmahnt, schon gar nicht. Da hel­fen auch kei­ne juris­ti­schen Mit­tel. Adi­das ist nicht ohne Grund vor­letz­tes Jahr beim Ver­such ein­ge­knickt, sei­nen Han­dels­part­nern den Ver­trieb über Online-Platt­for­men wie Ama­zon und Ebay zu unter­sa­gen. Das Inter­net macht trans­pa­rent, dass die glei­che Ware zu unter­schied­li­chen Prei­sen im Markt ist.  Kon­trol­le ist selbst für geschlos­se­ne (ver­ti­ka­le) Sys­te­me wie Lou­is Vuit­ton kaum mög­lich. Selbst da wird man es mit Vin­ta­ge- und Grau­markt-Ware zu tun bekom­men. Oder mit Fäl­schun­gen, die im world wide web natür­lich bedeu­tend mehr Scha­den anrich­ten, als auf einem tür­ki­schen Tou­ris­ten­ba­sar.

Aus Grün­den der Mar­ken­füh­rung, letzt­lich aber vor allem, weil sie die Umsät­ze mit­neh­men will, wird die Mar­ken­in­dus­trie das Online-Geschäft künf­tig immer mehr selbst machen. Das hat nicht nur wett­be­werb­li­che Kon­se­quen­zen für die sta­tio­nä­ren Han­dels­kun­den. Die Lie­fe­ran­ten wer­den ihre Ent­schei­dung, bei einem Mul­ti­la­bel-Händ­ler im Sor­ti­ment ver­tre­ten zu sein, mehr noch als bis­her davon abhän­gig machen, ob die­se Zusam­men­ar­beit Mar­ken­be­kannt­heit und ‑sym­pa­thie stärkt. Bei einer Sport-Auto­ri­tät wie Engelhorn.de gelis­tet zu sein, ist aus Adi­das-Sicht künf­tig womög­lich mehr eine Fra­ge der Mar­ken­po­si­tio­nie­rung als des Umsat­zes. Denn das Geschäft wird größ­ten­teils über den eige­nen Adi­das-Web­shop gemacht wer­den. Der Ein­zel­händ­ler wird also mehr noch als bis­her zu einer Art Bot­schaf­ter für die Mar­ken. Der die­se nicht nur ver­treibt, son­dern mit einem image­för­dern­den Auf­tritt, mit sei­ner Wer­bung und mit Daten dazu bei­trägt, die Bezie­hun­gen zwi­schen Mar­ken und Kon­su­men­ten zu ver­tie­fen.

Ama­zon, Ebay und Zalan­do wis­sen das und bie­ten sich des­halb als Markt­platz-Part­ner und Ver­triebs-/Kom­mu­ni­ka­ti­ons-Ser­vice Pro­vi­der an. Indem sie den Fach­han­del umgar­nen, so wie aktu­ell Zalan­do mit sei­ner Schuh­la­den-Koope­ra­ti­on und Ama­zon mit sei­nem För­der­pro­gramm, holen sie Brands auf ihre Platt­for­men, mit denen sie gar kei­ne direk­te Geschäfts­be­zie­hung unter­hal­ten. Und bei den Mar­ken­lie­fe­ran­ten, die sich direkt auf die Online­händ­ler ein­las­sen, wächst die Abhän­gig­keit. Heu­te schon sind die Online-Rie­sen für vie­le die wich­tigs­ten Key Accounts. Per­spek­ti­visch wird das Mul­ti­la­bel-Busi­ness dort aber ver­mut­lich nicht mehr nur über klas­si­schen Ein­kauf, son­dern working capi­tal-scho­nend über Shop-Prä­sen­zen und auf Kommissions/Provisionsbasis abge­wi­ckelt wer­den. Das eigent­li­che Geschäft wer­den die Pure Play­er mit ihren Exklu­siv­mar­ken machen, die sie seit län­ge­rer Zeit auf­bau­en. Mit den Abver­kaufs­da­ten ihrer Mar­ken­part­ner ver­fü­gen sie über eine per­fek­te Pla­nungs­grund­la­ge für Sor­ti­men­tie­rung und Beschaf­fung. Dem kann sich ein Glo­bal Play­er wie LVMH viel­leicht ent­zie­hen. Aber das muss man sich leis­ten kön­nen.