Es ist eine Initiative, die das Modebusiness braucht wie einen Kropf. Zumal in einer Zeit, in der den Markt ganz andere – für manche Unternehmen existentielle – Themen umtreiben. Da nutzt ein unbekannter Politiker mit bekanntem Namen eine von Verbrechern ausgelöste Katastrophe wie Rana Plaza, um sich auf Kosten der Industrie zu profilieren. Dieses Ziel hat der Bundesentwicklungsminister in jedem Fall erreicht, egal, was am Ende für die Menschen in den Entwicklungsländern konkret getan werden wird.
Das Textilbündnis ist keines, weil außer ihm, ein paar in Bangladesch ohnehin nicht präsenten Nischenanbietern und notorisch industriefeindlichen Organisationen wie der Clean Clothes Campaign kein entscheidender Player mitmacht. Verbände und Großunternehmen reden sich heraus. Das Ganze sei noch nicht reif, man wolle an einer weiteren Konkretisierung umsetzungsfähiger Ziele mitarbeiten und so weiter. Das klingt konstruktiv und ist damit politisch zunächst klug. Trotzdem haben sie jetzt natürlich den schwarzen Peter.
Was sie sich nicht trauen zu sagen: Der Staat soll sich gefälligst raushalten. Gesetzliche Regelungen von Produktionsbedingungen machen dort Sinn, wo die Ware produziert wird. Nicht wo sie verkauft wird. Ein "Bündnis der Fairness" auszurufen ist wohlfeil. Die Bundesregierung hätte Möglichkeiten, in Bangladesch und anderen Drittweltländern Einfluss zu nehmen. Nur bekommt das dann halt kaum einer in Deutschland mit.
Die Investitionen und das Engagement der Modeindustrie in den armen Ländern mögen vielfach unzureichend sein. Aber das ist definitiv auch eine Form der Entwicklungshilfe. Der Entwicklungsminister sollte das fördern und nicht die Unternehmen gängeln. Das enthebt diese nicht ihrer Verantwortung. Die werden sie wahrnehmen, auch ohne "Textilbündnis". Wenn nicht aus humanitären Gründen, dann auf jeden Fall aus wirtschaftlichem Eigeninteresse.
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