Rene Benko scheint über großen Charme zu verfügen. Und/oder über ein Profit versprechendes Geschäftsmodell. Er habe den österreichischen Immobilieninvestor ein Jahr nach Strich und Faden geprüft, erklärte Roland Berger seinen 3 Prozent-Einstieg bei der Benko-Gesellschaft, die das Kadewe und andere (teilweise ehemalige) Karstadt-Häuser besitzt. Der Grandseigneur der deutschen Beraterszene bekommt zudem einen Sitz in dessen Beirat. Dort verschaffen bereits so illustre Persönlichkeiten wie Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer Benko Renommee. Alle zusammen scheinen sie überzeugt zu sein, dass sich mit Karstadt-Warenhäusern Geld verdienen lässt. Wenigstens mit den Häusern.
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Zum Standort-Thema passt irgendwie, dass Primark seine Expansion in Deutschland forciert. Vier Jahre nach dem Start in Bremen sind die Iren hierzulande mit zehn Häusern vertreten, künftig sollen jedes Jahr mindestens fünf neue Filialen dazu kommen, sagte der Vorstandschef der Primark-Mutter AB Foods, George Weston der FAZ. Dass es so kommt, ist nicht unwahrscheinlich. Zwar sind Großflächen in City-Lagen rar. Aber mit der Karstadt-Krise wird es perspektivisch an vielen Standorten Bewegung geben. Das war schon nach der Hertie-Pleite so. Weil etliche Flächen verfügbar waren, hat ein Anbieter wie TK Maxx binnen kurzer Zeit 62 großflächige Filialen eröffnen können. Der US-Konzern will die Schlagzahl ebenfalls deutlich erhöhen und plant jährlich 25 neue Läden in Deutschland.
Primark will sich zunächst auf Städte ab 200.000 Einwohner konzentrieren. Das Billigmode-Konzept der Iren ist in Deutschland voll eingeschlagen. Als habe es hierzulande vorher an preisgünstiger Mode gefehlt. Dabei ist es im Falle von Primark keineswegs so, dass Konkurrenz das Geschäft belebt. Auch als Frequenzbringer taugen die Häuser nur bedingt. Wo die Iren eröffnen, wächst für die anderen Modehändler im direkten Umfeld erstmal kein Gras mehr. In München haben Kaufinger und Neuhauser Straße jedenfalls gejubelt, als bekannt wurde, dass Mango und Forever 21 gemeinsam mit Sport Scheck und nicht Primark in das Pschorr-Haus einziehen. Übrigens ein früherer Karstadt-Standort.
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Standorte, zum Dritten: Die Wirtschaftswoche hat eben noch seitenweise über den Verdrängungswettbewerb durch Amazon & Co berichtet. Das Beispiel Joh, an dem die Autoren die Story aufgehängt haben, hinkt zwar ein bisschen – das 253 Jahre alte Gelnhäuser Kaufhaus litt unter einem Investitionsstau und chronischer Kapitalknappheit, das Internet war da allenfalls der Sargnagel. Auch dass ein Traditionshaus wie Heinsius + Sander in Kassel nach 140 Jahren aufgibt, heißt nicht, dass der Einzelhandel abseits der großen Zentren keine Chance mehr hat. Das beweisen Häuser wie Garhammer in Waldkirchen und CJ Schmidt in Husum jeden Tag.
Ganz sicher bringen die wachsenden Marktanteile der Online Retailer den Land-Handel aber stärker unter Druck. Konkret sollte man sagen: den qualitativ anspruchsvollen Fachhandel. Wo selbstständige Kaufleute es in den Mittelstädten schleifen ließen, können durchrationalisierte filialisierte Preisformate immer noch ihr Geschäft machen. Nicht zuletzt auch, weil sie sich mit ihren Eigenmarkensortimenten der Preiskonkurrenz aus dem Internet entziehen. Diese latente Abwertung der Fußgängerzonen ist vielerorts zu beobachten, nicht zum Vorteil des Stadtbildes, und nach den kleinen Billigheimern wie Kik, NKD und Zemann füllen jetzt größerflächige Preis-Formate wie TK Maxx oder eben Primark die Lücke, die die Kaufhäuser hinterlassen.
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Nicht zuletzt beschäftigt man sich in den Strategieabteilungen mancher Online-Player mit stationären Konzepten. Die Vermieter sollten sich freilich nicht zu früh freuen – das werden weniger lagerhaltende Modehäuser sein, sondern wahrscheinlich eher Showrooming-Flächen und stationäre Touchpoints mit sehr anderen Flächenanforderungen. Dass Distanzhändler stationär gehen, wäre im übrigen nichts Neues – Quelle hatte seinerzeit mehr als 1500 Bestellshops. Denkbar sind auch stationäre Kooperationen, wie die Zalando-Aktion bei der Postbank. In 18 ausgewählten Filialen richtet der Web-Händler weihnachtliche Wohnzimmer ein. Und in den USA will Amazon den Kindle über den Buchhandel vertreiben. Dafür gibt's zwei Jahre 10 Prozent an jedem über das Lesegerät verkauften Buch. Die Händler wären schön blöd, wenn sie sich darauf einließen. Oder extrem verzweifelt.
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