Kiks Saubermann: Michael Arretz soll über Gutes reden. Und Schlechtes verhindern.

Den Mara­thon läuft Micha­el Arretz in gut drei­ein­halb Stun­den. Die Auf­ga­be, die sich ihm bei Kik stellt, wird bedeu­tend mehr Zeit in Anspruch neh­men. Die Lang­stre­cken­läu­fer-Qua­li­tä­ten wird er daher brau­chen. Er betrach­te es schon als Erfolg, wenn sich inner­halb der nächs­ten ein, zwei Jah­re die Wogen glät­ten und er nicht mehr so viel Nega­ti­ves über Kik in der Zei­tung lesen müs­se, sag­te er mei­ner Kol­le­gin Wol­len­schlä­ger und mir, als wir ihn die­se Woche in Bönen zum Inter­view tra­fen. Dem ers­ten in sei­ner neu­en Funk­ti­on. Am Diens­tag wird es ein Pres­se­ge­spräch mit diver­sen Tages­zei­tun­gen geben, wes­halb auf­merk­sa­me Beob­ach­ter in der kom­men­den Woche sicher­lich den einen oder ande­ren Bei­trag in den Medi­en lesen wer­den kön­nen. Natür­lich auch in der TW. Das aus­führ­li­che Inter­view brin­gen wir dann im Dezem­ber in unse­rer Son­der­aus­ga­be DAS JAHR.

 Dr. Micha­el Arretz ver­ant­wor­tet bei dem Tex­til­dis­coun­ter neu­er­dings die Berei­che Unter­neh­mens­kom­mu­ni­ka­ti­on, Qua­li­täts­si­che­rung und Cor­po­ra­te Social Respon­si­bi­li­ty. Uff. Allein für die­se Stel­len­be­zeich­nung bräuch­te er eigent­lich einen Lepo­rel­lo als Visi­ten­kar­te. Auf Eng­lisch benö­tigt man dafür nur zwei Zei­len: "Mana­ging Direc­tor Sus­taina­bi­li­ty & Cor­po­ra­te Com­mu­ni­ca­ti­on" steht auf der Kar­te, die natür­lich aus "Papier aus ver­ant­wor­tungs­vol­len Quel­len" besteht. Das ist doch schon mal ein guter Anfang.

 Die Beru­fung des lang­jäh­ri­gen Otto-Mana­gers erfolg­te just zu der Zeit, als "die mie­sen Metho­den des Tex­til­dis­coun­ters" des NDR hef­ti­ge Wel­len schlu­gen. Das sah natür­lich nach einer Not­re­ak­ti­on aus, obwohl es das laut Arretz nicht war, son­dern von lan­ger Hand vor­be­rei­tet. Auch die Stel­len-Kom­bi­na­ti­on aus CSR und PR könn­te nahe­le­gen, dass es Kik um Green­wa­shing geht. Ein Ver­dacht, den Arretz selbst­ver­ständ­lich eben­falls von sich weist. Was wir bis zum Beweis des Gegen­teils glau­ben wol­len. Arretz hat als aner­kann­ter Fach­mann auf die­sem Gebiet einen Ruf zu ver­lie­ren, und dem Unter­neh­men darf man zunächst mal Lern­fä­hig­keit auch auf die­sem Gebiet unter­stel­len. Kik-Grün­der Ste­fan Hei­nig hat erkannt, dass eine sau­be­re Wes­te im wirt­schaft­li­chen Inter­es­se sei­ner Fir­ma ist, und er weiß, dass er unter beson­de­rer Beob­ach­tung von NGOs und Medi­en steht.

Dass es mit Arretz jetzt jeman­den in der Kik-Geschäfts­füh­rung gibt, den man als Jour­na­list ans Tele­fon oder vor die Kame­ra bekommt, ist schon mal ein gewal­ti­ger Fort­schritt. Das war frü­her schwie­rig. Sicher ist, dass die bis­he­ri­ge Wei­ge­rung zu kom­mu­ni­zie­ren ein Grund für das schlech­te Image des Dis­coun­ters ist. Was man sieht, sind die schä­bi­gen Läden. Jeder kann hin­ein­ge­hen und sich ein Bild machen. Man hört und liest von Skan­da­len und Pro­zes­sen. Man kennt viel­leicht jeman­den, der dort arbei­tet. So bil­det man sich sei­ne Mei­nung, und das Unter­neh­men hat die Chan­ce ver­passt, die Men­schen für sich ein­zu­neh­men.

Micha­el Arretz wird aber nur Erfolg haben, wenn er nicht nur über Posi­ti­ves redet, son­dern auch bewir­ken kann, dass Nega­ti­ves nicht mehr geschieht. Jeder, der die Beschaf­fungs­märk­te in Asi­en kennt, weiß, dass das kei­ne leich­te Auf­ga­be wird. Die Kil­ler-Prei­se, die der Wett­be­werb im Dis­count-Seg­ment for­dert, wer­den immer im Kon­flikt mit Sozi­al- und Umwelt­stan­dards ste­hen. Nicht alles, wor­auf sich asia­ti­sche Pro­du­zen­ten häu­fig not­ge­drun­gen noch ein­las­sen, ist legi­tim. Und den Ver­brau­chern vor­zu­wer­fen, dass sie einer­seits aus­beu­te­ri­sche Prak­ti­ken bekla­gen und gleich­zei­tig alles immer güns­ti­ger wol­len, ist zu bil­lig. Es bleibt die mora­li­sche Ver­ant­wor­tung der Unter­neh­mer, bestimm­te Geschäf­te zu unter­las­sen.
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