Vergangene Woche ist ein alter Bekannter wieder aufgetaucht: Detlev Meyer ist mit 33% bei dem dänischen Schuhfilialisten Bianco eingestiegen. Detlev Who? Meyer ist der Mann, der Anfang der 80er Jahre gemeinsam mit Friedhelm Behn die CBR-Gruppe gegründet hat. Nach Ausbildung bei Kaufhof, Studium in Nagold und Arbeit als Einkäufer für ein Textilhaus in Hannover machte sich der damals 25jährige im Wholesale selbstständig. Mit Street One und später Cecil gehörte CBR zu den Vorreitern des Systemgeschäfts, und Meyer und Behn – das kann man glaube ich wirklich sagen – haben das Spiel mit permanent wechselnden Kollektionen perfektioniert wie kaum jemand sonst. 2004 haben die beiden Gründer die Firma verkauft. Für geschätzte 1,5 bis 2 Mrd. Euro. Der Deal war damals der erste große Paukenschlag in einer Reihe von spektakulären Firmenübernahmen durch Finanzinvestoren.
Seither ist Meyer selbst als Investor unterwegs. Er kaufte Weingüter. Er stieg mit seiner Tocos Beteiligung GmbH im großen Stil beim Weinhändler Hawesko ein. Er steckte ein paar Millionen in den E‑Commerce-Dienstleister D+S Europe. Er gehört Zeitungsberichten zufolge gemeinsam mit Friedhelm Behn zu den Kapitalgebern der Reederei Hapag Lloyd. Und er engagierte sich in Aufsichtsräten und Beiräten: u.a. bei Vitra sowie bei einer Beteiligungsgesellschaft von HannoverFinanz. Jetzt der Einstieg bei Bianco. Meyer übernimmt als Gesellschafter auch den Posten des Chairmans. Im Verwaltungsrat sitzt auch der ehemalige H&M‑CEO Rolf Eriksen. Der dänische Schuhfilialist betreibt insgesamt 150 Läden, darunter acht in Deutschland. Nicht viel nach den sieben Jahren seit der Bianco-Premiere in Essen. Damals hieß es, man wolle in fünf Jahren 100 Stores eröffnen. Was Expansionsleiter der Presse halt so erzählen. Handelskenner Meyer wird da jetzt sicher für Dynamik sorgen können.
Detlev Meyer hat die Öffentlichkeit nie gesucht. Aber er war Profi genug, um der TW gelegentlich ein Interview zu geben. Was stets ein Gewinn war, denn Meyer ist ein klarer Gesprächspartner. Das wußten auch die CBR-Kunden zu schätzen, denen der schnelle und marktnahe Entscheider nach dem CBR-Verkauf anfangs sehr fehlte. "CBR ist regelgetrieben, nicht hierarchiegetrieben", hat der spätere CBR-CEO Peter Grafoner festgestellt. Nur weil alle Mitarbeiter wußten, woran sie sich zu halten haben, konnte man als Unternehmen so schnell sein. Die Regeln haben Meyer und Behn aufgestellt, sie haben den Erfolg von Street One und Cecil begründet, und nicht wenige haben bis heute Bestand. Manche wurden aber auch gelockert – darunter schwer nachzuvollziehende wie das Werbeverbot für CBR-Labels, aber auch im Rahmen des Systems durchaus sinnvolle wie die strikte Retail-Abstinenz, die mit dem Webshop zumindest aufgeweicht wurde. Mein letztes Gespräch mit Detlev Meyer ist acht Jahre her. Und leider habe ich auch nur ein altes Foto auftreiben können. Sein jugendliches Lachen wird er sich bewahrt haben.