Die Zahlen, die die Fashion Online Retailer diese Woche vorgelegt haben, zeigen erneut, welche Dynamik auf diesem Feld herrscht. Die Web-Milliardäre wachsen nach wie vor als seien sie kleine Start-ups. Allen voran Asos, der seine Umsätze im abgelaufenen Geschäftsjahr (31.8.) um 27 Prozent auf 1,9 Mrd. Pfund gesteigert hat und den Gewinn vor Steuern gar um 145 Prozent auf rund 80 Mio. Pfund.
Zalando wuchs im dritten Quartal 2017 vorläufigen Zahlen zufolge um 27,5 bis 29,5% auf 1,06 bis 1,08 Mrd. Euro, nach neun Monaten liegen die Berliner zwischen 23,5 und 24,1% im Plus, der Umsatz werde zwischen 3,14 und 3,16 Mrd. Euro liegen. Unter dem Strich bleiben zwischen 97 und 107 Mio. Euro, das EBIT liegt damit unter Vorjahr (121 Mio. Euro). Der am Mittwoch verkündete Einstieg ins Beauty-Geschäft soll für neue Dynamik sorgen. Nach Sephora bekommt es Douglas nun also perspektivisch mit einem weiteren ernst zu nehmenden Rivalen zu tun. Der deutsche Platzhirsch ist mit geschätzt rund 200 Mio. Euro Umsatz selbst allerdings auch schon eine Größe im Web.
Die größte Dynamik unter den Online-Modeanbietern zeigt About You. In diesem Jahr strebt die vor drei Jahren gegründete Otto-Tochter einen Umsatz von 250 bis 280 Mio. Euro an, nach 135 Mio. Euro in 2016/17 (31.1.). In fünf Jahren will man die Milliarde knacken, und weil dieses ehrgeizige Wachstum Kapital verschlingt, öffnet sich About You für Investoren. Seven Ventures und German Media Pool halten bereits 6%, Goldman Sachs sucht jetzt nach weiteren Geldgebern. Auch ein Börsengang ist laut Börsen-Zeitung denkbar.
Größe und Skalierbarkeit sind im Web halt wesentliche Erfolgsfaktoren, viel mehr als im stationären Modegeschäft jedenfalls. In Filialsystemen kann Größe sogar zum Problem werden, denn sie macht Organisationen nicht selten schwerfällig. Größenvorteile im Einkauf zählen im stationären Modegeschäft deswegen häufig weniger als Schnelligkeit und Kundennähe im Verkauf. So konnte einem Garhammer in Waldkirchen der Marktanteil eines P&C Düsseldorf auch stets ziemlich schnuppe sein.
Im Web sorgt dagegen Technologie für Schnelligkeit, Flexibilität und Kundenorientierung. Und das erfordert Know-how und Kapital – Investitionen, die ein Großer leichter stemmen kann (weswegen auch noch viele kleine Onlineshops auf der Strecke bleiben werden).
Der Online-Kanal wächst rasant, und die Claims werden jetzt abgesteckt. Es ist wie seinerzeit beim Goldrausch am Yukon, da hat sich auch der Erste die dicksten Nuggets gesichert. Mit der Größe wächst nicht zuletzt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Anbieter zur bevorzugten Einkaufsadresse wird. Das wird künftig besonders erfolgskritisch sein. Ein Handy-Touchscreen bietet Brands nun mal weniger Platz als eine Fußgängerzone.
Einen groben Überblick über die Online-Player im Modemarkt gab diese Woche übrigens Exciting Commerce. Ein Ranking der Top 100-Onlineshops (größtenteils auf Schätzbasis) gibt es bei iBusiness.
Wenn es um Größe geht, ist Amazon der Konkurrenz mittlerweile nahezu uneinholbar enteilt. Und der Abstand wird immer größer. Der Online-Gigant ist allein im ersten Halbjahr um knapp 15 Mrd. Dollar auf fast 74 Mrd. Dollar gewachsen; in sechs Monaten sind also vier Zalando-Jahresumsätze dazugekommen. Amazon ist nach einer kürzlichen Comscore-Umfrage mittlerweile die wichtigste App für Millennials in den USA. Bei der Umfrage gaben über ein Drittel (35%) der 18- bis 34jährigen Amazon als eine von drei Apps an, ohne die sie nicht leben könnten. 69 Prozent der US-Kunden haben einer aktuellen Studie zufolge in den vergangen sechs Monaten Bekleidung bei Amazon gekauft. Dabei wird es nicht bleiben. Über die Fashion-Ambitionen von Jeff Bezos habe ich mich bereits ausführlich ausgelassen.
13.000 Saison-Mitarbeiter will Amazon übrigens in Deutschland allein fürs anstehende Weihnachtsgeschäft einstellen. Das sind ungefähr so viele Menschen, wie aktuell bei Karstadt insgesamt arbeiten.
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