Passiert large

Wenn ich heute Zeit hätte…

…dann würde ich mich ja zur Berlin Fashion Week auslassen.
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Jür­gen Mül­ler

…über die Simu­la­ti­on einer inter­na­tio­na­len Fashion Week, die – anders als Paris und Mai­land – kaum Beach­tung in Fach­krei­sen fin­det. Auch weil die Desi­gner in Ber­lin kei­ner kennt, und es sich zudem in den meis­ten Fäl­len lei­der nicht lohnt, sich die Namen zu mer­ken.

…über den ehren­wer­ten Ver­such des Fashion Coun­cil Ger­ma­ny und ande­rer Ber­li­ner Akteu­re, dies zu ändern.

…über das von Medi­en, Schu­len und ande­ren Mul­ti­pli­ka­to­ren pro­pa­gier­te schie­fe Ide­al des Mode­de­si­gners als ein dem Kom­merz ent­ho­be­nen Künst­ler und künf­ti­gen Lager­feld. Und die gleich­zei­ti­ge Rea­li­tät von Krea­ti­ven, die sich in Ber­li­ner Hin­ter­hö­fen selbst aus­beu­ten, bis Geld­man­gel oder Schwan­ger­schaft die Kar­rie­re been­den, bevor sie begon­nen hat. Wäh­rend­des­sen pfle­gen die Luxus­kon­zer­ne fast nur noch ihre Heri­ta­ge Brands und wech­seln Krea­ti­ve aus wie Fuß­ball­clubs ihre Trai­ner, um das Geschäft in Schwung zu hal­ten. Und die Indus­trie brü­tet über KI und arbei­tet an C2M-Geschäfts­mo­del­len…

…über eine vom Steu­er­zah­ler finan­zier­te Sau­se für die Ber­li­ner Bubble und glanz­vol­le Events, bei denen sich alle fra­gen, was all die ande­ren Schi­cken und Schö­nen eigent­lich mit der gan­zen Sache zu tun haben.

.…über Poli­ti­ker, die sich im Glanz des Mode­zir­kus son­nen und von der Mode als Wirt­schafts­fak­tor und Mil­li­ar­den­um­sät­zen schwär­men, die in Ber­lin aber im Wesent­li­chen im Ein­zel­han­del und bei Zalan­do anfal­len.

…über die Fra­ge, ob es wirk­lich noch mehr Panels und Vor­trä­ge zum The­ma Sus­taina­bi­li­ty braucht, wo sich eh alle einig sind, dass Mode ein dre­cki­ges Geschäft ist. Jeden­falls jen­seits von Ber­lin, wo die Adres­sa­ten die­ser Kri­tik sit­zen. Die natür­lich wie­der mal alle­samt zuhau­se geblie­ben sind.

…über die ver­ta­ne Chan­ce der Mode­indus­trie, die­sen ein­zi­gen deut­schen Stand­ort mit wirk­lich zeit­ge­mä­ßem Appeal und poten­zi­ell inter­na­tio­na­ler Strahl­kraft, wenn schon nicht als Mes­se­stand­ort, so doch wenigs­tens für Pro­mo­ti­on­zwe­cke und zum Netz­wer­ken zu nut­zen. Aus­nah­men wie Marc Cain und Tho­mas Sabo bestä­ti­gen die Regel. Von der Igno­ranz gegen­über dem krea­ti­ven Nach­wuchs mal gar nicht zu reden.

…über ein paar Tage Schnup­pern am Zeit­geist und visio­nä­re Inspi­ra­ti­on, die – sofern man sich frei­macht von fal­schen Erwar­tun­gen an eine unmit­tel­ba­re modi­sche oder kom­mer­zi­el­le Rele­vanz – in die Kali­brie­rung von Ange­bo­ten und Mar­ken­stra­te­gien ein­flie­ßen könn­te.

Aber ich habe heu­te lei­der kei­ne Zeit.