Passiert large

See now, buy now, so lange der Vorrat reicht

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Jür­gen Mül­ler

Jah­re­lan­ge Ver­spä­tun­gen kennt man eigent­lich nur von Ber­li­ner Flug­hä­fen oder Münch­ner Stamm­stre­cken. Es gibt sie auch in der Mode. An die­sem Mon­tag ging Phoe­be Phi­lo nun end­lich an den Markt, ein­ein­halb Jah­re nach dem zunächst fürs Früh­jahr 2022 ange­kün­dig­ten Start­ter­min. Mög­li­cher­wei­se woll­te sie zunächst ihre Geburts­tags­par­ty hin­ter sich brin­gen. Ver­gan­ge­ne Woche, am 25. Okto­ber, fei­er­te Phi­lo ihren Fünf­zigs­ten.

Doch im Ernst. Die Desi­gne­rin lie­fer­te, was die Phi­lo­phi­les erhoff­ten: den typi­schen luxu­riö­sen mini­mal chic, mit dem Phoe­be Phi­lo in den Zeh­ner­jah­ren Celi­ne zurück auf die Ein­kaufs­zet­tel gebracht hat­te. Frei­lich zu teils hor­ren­den Prei­sen: Hosen für bis zu 3500 Euro, Män­tel für 12.000 Euro, Taschen für über 6000 Euro. Ein kras­ser Kon­trast zum Preis­ver­hau, der im Mul­ti­la­bel­han­del aktu­ell auch Desi­gner-Brands erfasst hat. Und, was soll man sagen: Der über­wie­gen­de Teil der Ware ist nach vier Tagen bereits aus­ver­kauft. Nicht weni­gen Samm­le­rin­nen wird es dar­um gegan­gen sein, sich ein Stück aus der Debut­kol­lek­ti­on sichern.

Das eigent­lich Bemer­kens­wer­te an der Pre­mie­re sind aber nicht die Mode oder die Prei­se, son­dern ist die Go to mar­ket-Stra­te­gie. Phoe­be Phi­lo setzt als ers­te bekann­te Desi­gner­mar­ke zu ein­hun­dert Pro­zent auf den eige­nen Web­shop. Kei­ne Show, kei­ne Wer­bung, kein Who­le­sa­le, schon gar kei­ne Läden – nix mit Omnich­an­nel. Statt­des­sen see now, buy now. Wo ande­re Desi­gner­brands Begehr­lich­keit über künst­lich erzeug­te Schlan­gen vor der Tür schaf­fen wol­len, heißt es auf phoebephilo.com "nur solan­ge der Vor­rat reicht". Und die­ser Vor­rat ist knapp kal­ku­liert. Was den Kauf­ent­schei­dungs­druck erhöht, gleich­zei­tig das Bestands­ri­si­ko mini­miert und – auch weil auf jeg­li­che Wer­bung zum Launch ver­zich­tet wur­de – zudem die Kos­ten über­schau­bar macht. Nicht-Kom­mu­ni­ka­ti­on ist auch Kom­mu­ni­ka­ti­on: Die Insi­der hat­ten den Ter­min im Blick und konn­ten sich umso mehr als Teil einer infor­mier­ten Gemein­schaft füh­len. Ziel­grup­pen­ge­recht ist der Online-Ver­triebs­ka­nal sowie­so: Die Phi­lo­phi­les sind modisch anspruchs­vol­le, meist berufs­tä­ti­ge Frau­en, die ihr selbst ver­dien­tes Geld aus­ge­ben, und die, weil ihnen wenig Zeit zum Shop­pen bleibt, beson­ders digi­tal­af­fin sind.

Last but not least ent­zieht sich die eigen­sin­ni­ge Desi­gne­rin mit ihrem Ansatz der von den Krea­ti­ven viel beklag­ten Bran­chen­müh­le von immer neu­en Pre‑, Main- und Cap­su­le-Coll­ec­tions, die der Who­le­sa­le und der eige­ne Retail brau­chen, um erfolg­reich Geschäft zu gene­rie­ren. Statt­des­sen kann sie das Sor­ti­ment inhalt­lich und zeit­lich an der Nach­fra­ge aus­rich­ten, die sich im Digi­tal­ka­nal unmit­tel­bar zeigt.

Die­ses Kon­zept dürf­te kom­mer­zi­ell ziem­lich sicher funk­tio­nie­ren. Als Blau­pau­se für ande­re Anbie­ter taugt es indes nur bedingt. Eta­blier­te Mar­ken müs­sen Rück­sicht neh­men auf bestehen­de Ver­triebs­struk­tu­ren und kön­nen nicht mal eben so auf online only gehen. Und ande­re D2C-Start­ups müs­sen sich ihre Bekannt­heit erst­mal teu­er bei Goog­le oder über Influen­cer erkau­fen. Phoe­be Phi­lo kann dage­gen auf eine Fan­ba­se bau­en. Ihr Insta­gram-Account hat 367.000 Fol­lower. Und übri­gens null Con­tent.

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Und sonst?

… mel­det Hugo Boss Don­ners­tag­früh zwei­stel­li­ges Wachs­tum bei Umsatz und Gewinn im Quar­tal und bekräf­tigt die ent­spre­chen­de Jah­res­pro­gno­se. Weni­ge Minu­ten spä­ter kas­siert Zalan­do in einer Mel­dung sei­ne Umsatz­wachs­tums­pro­gno­se für 2023. Viel­leicht soll­te Dani­el Grie­der auch in Ber­lin mal nach dem Rech­ten sehen.

.. ver­liert René Ben­ko Geld­ge­ber: Nach Roland Ber­ger zieht nun auch Fress­napf-CEO Tors­ten Töl­ler eine Ver­kaufs­op­ti­on. Carsch­haus und Elb­tower sind zur­zeit nicht die größ­ten Pro­jek­te für Signa. Die wich­tigs­te Bau­stel­le ist der Kon­zern selbst.

… trat Hei­di Klum bei ihrer legen­dä­ren Hal­lo­ween-Par­ty als gru­se­li­ger Pfau auf. Zehn Tän­ze­rin­nen bil­de­ten das Pfau­en­rad. Der Spie­gel kalau­er­te von "Pfau­en­power". Bedau­erns­wert nur Tom Kau­litz: Ob als manns­gro­ßes Pfau­en-Ei oder als wund­ge­schla­ge­ner Ang­ler, der einen Wurm aus­führt – der Ehe­mann bleibt Hei­dis Acces­soire.