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Röther übernimmt Ahlers: Was sagt das über den Markt?

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Jür­gen Mül­ler

Die­sen Käu­fer hat­te man nicht auf der Rech­nung. Dass mit Röther ein Retail­er bei Ahlers zum Zuge kommt, ist eine ech­te Über­ra­schung. Der schwä­bi­sche Filia­list arron­diert sein Eigen­mar­ken-Ange­bot, das er längst zu einem schwung­vol­len Who­le­sa­le Busi­ness ent­wi­ckelt hat, um alt­be­kann­te Namen wie Pio­neer und Pierre Car­din. Dass Micha­el Röther im Gespräch mit der TW die Ahlers-Mar­ken Bal­dessa­ri­ni und Otto Kern nur im Neben­satz erwähnt hat, ließ prompt Spe­ku­la­tio­nen über einen mög­li­chen Wei­ter­ver­kauf auf­kom­men.

Ins­be­son­de­re Bal­dessa­ri­ni passt nicht zur kom­mer­zi­el­len Aus­rich­tung der Mode­park-Sor­ti­men­te, jeden­falls soweit es bei der Pre­mi­um-Posi­tio­nie­rung der eins­ti­gen Hugo Boss-Mar­ke blei­ben soll. Es ist schwer vor­stell­bar, dass die spar­sa­men Schwa­ben gewillt sind, den Auf­wand zu betrei­ben, den Mar­ken­füh­rung heu­te erfor­dert. Ein­zel­händ­lern fehlt da nicht zuletzt das Ver­ständ­nis, wie auch P&C mit sei­nen Inter­na­tio­nal Brands hin­läng­lich gezeigt hat. Aber auch der nicht min­der spar­sa­me Fabri­kant aus Ost­west­fa­len hat sich in die­ser Hin­sicht nicht mit Ruhm bekle­ckert. Mög­li­cher­wei­se ist die Mar­ke bei den in der His­to­rie bewan­der­ten Pro­fis aber auch anders posi­tio­niert als bei Otto Nor­mal­ver­brau­cher. Last but not least wer­den Bal­dessa­ri­ni-Groß­ab­neh­mer wie P&C oder Breu­nin­ger sich bestimmt zwei­mal über­le­gen, ob sie mit ihren Orders einen auf­stre­ben­den Kon­kur­ren­ten stär­ken wol­len.

Wie es mit dem Ahlers-Nach­lass wei­ter­geht, weiß aber letzt­lich nur Micha­el Röther. Jetzt geht es erst­mal dar­um, Beru­hi­gungs­pil­len aus­zu­ge­ben, denn die Order­run­de steht an.

Röther/Ahlers reiht sich ein in eine gan­ze Serie von Über­nah­men. Allein in die­ser Woche wur­den drei gro­ße Deals bekannt: 11Teamsports über­nimmt Kickz. In den Nie­der­lan­den steigt die JOG Group bei Cha­sin ein. In Groß­bri­tan­ni­en baut die Fraser Group nach Asos und Boo­hoo auch ihre Betei­li­gung an N Brown aus. In der Kri­se wit­tern stra­te­gi­sche Inves­to­ren Chan­cen. Wo Finanz­in­ves­to­ren die Fan­ta­sie und/oder das Geld fehlt, bie­ten sich gut auf­ge­stell­ten Stra­te­gen jetzt güns­ti­ge Gele­gen­hei­ten, das eige­ne Busi­ness sinn­voll zu erwei­tern und ergän­zen. Wir wer­den in den kom­men­den Mona­ten ziem­lich sicher noch mehr auf­se­hen­er­re­gen­de Über­nah­men sehen. Im Markt wer­den vie­le Fel­le neu ver­teilt.

Auch wenn auf Handelskongressen immer noch das hohe Lied auf Omnichannel gesungen wird: Besser auf einem Kanal exzellent als auf vielen Kanälen mittelmäßig.

Zugleich zwingt die ange­spann­te Markt­la­ge zur Fokus­sie­rung. Dass beim Ahlers-Deal aus­ge­rech­net die Online-Akti­vi­tä­ten außen vor blei­ben, ist bemer­kens­wert, wo vie­le in der Bran­che doch genau hier die Zukunft ver­mu­ten. Micha­el Röther wird für sich ent­schie­den haben, nur Geschäf­te zu betrei­ben, von denen er etwas ver­steht, die zu sei­nem Geschäfts­mo­dell pas­sen und die Ertrag ver­spre­chen. Auch Mode­park Röther hat sei­nen Online-Ver­sand wie­der ein­ge­stellt.

Fürs Ers­te ist das womög­lich rich­tig. In einer Situa­ti­on, wo Pro­fi­ta­bi­li­tät Trumpf ist, soll­te man sich nicht kost­spie­lig ver­zet­teln. Auch wenn auf Bran­chen­kon­gres­sen das hohe Lied auf Omnich­an­nel gesun­gen wird: Bes­ser auf einem Kanal exzel­lent als auf vie­len Kanä­len mit­tel­mä­ßig. Das gilt ins­be­son­de­re für Mul­ti­la­bel­an­bie­ter, die im Web sor­ti­ments­mä­ßig wenig Dif­fe­ren­zie­rungs­mög­lich­kei­ten haben. Wer es bis jetzt nicht geschafft hat, ein rele­van­tes Online Busi­ness auf­zu­bau­en, wird die­ses nun jeden­falls ernst­haft auf den Prüf­stand stel­len. Auch bei P&C Düs­sel­dorf nimmt man zur­zeit Kor­rek­tu­ren vor. New Yor­ker hat damit gar nicht erst ange­fan­gen. Das gilt umge­kehrt auch für die sta­tio­nä­ren Akti­vi­tä­ten der Onli­ner. Ein ehe­ma­li­ger Omnich­an­nel-Retail­er wie Bon­prix kon­zen­triert sich schon lan­ge auf sein Digi­tal­ge­schäft. Kommt Mono­chan­nel womög­lich in Mode?

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Und sonst?

…geht Mar­co Biz­zar­ri bei Guc­ci von Bord, nach 18 Jah­ren im Kon­zern. Mög­li­cher­wei­se hat­te er kei­ne Lust, unter Fran­ce­s­ca Bel­let­ti­ni zu arbei­ten, die bei Kering jetzt für alle Mar­ken ver­ant­wort­lich zeich­net. In jedem Fall ist die Per­so­na­lie ein wei­te­res Indiz, dass es bei Kerings Cash Cow nicht mehr rund läuft. Es ist die Bestä­ti­gung einer alten Regel im Mode­busi­ness: Was heu­te beson­ders In ist, ist mor­gen umso schnel­ler Out.

…regiert seit ges­tern das Matri­ar­chat: In Bar­bie­land muss Ken rea­li­sie­ren, dass er für sei­ne Ange­be­te­te nur ein Spiel­zeug ist. Und in Aus­tra­li­en zei­gen die Frau­en den Män­nern, wie man Fuß­ball spielt.