Diesen Käufer hatte man nicht auf der Rechnung. Dass mit Röther ein Retailer bei Ahlers zum Zuge kommt, ist eine echte Überraschung. Der schwäbische Filialist arrondiert sein Eigenmarken-Angebot, das er längst zu einem schwungvollen Wholesale Business entwickelt hat, um altbekannte Namen wie Pioneer und Pierre Cardin. Dass Michael Röther im Gespräch mit der TW die Ahlers-Marken Baldessarini und Otto Kern nur im Nebensatz erwähnt hat, ließ prompt Spekulationen über einen möglichen Weiterverkauf aufkommen.
Insbesondere Baldessarini passt nicht zur kommerziellen Ausrichtung der Modepark-Sortimente, jedenfalls soweit es bei der Premium-Positionierung der einstigen Hugo Boss-Marke bleiben soll. Es ist schwer vorstellbar, dass die sparsamen Schwaben gewillt sind, den Aufwand zu betreiben, den Markenführung heute erfordert. Einzelhändlern fehlt da nicht zuletzt das Verständnis, wie auch P&C mit seinen International Brands hinlänglich gezeigt hat. Aber auch der nicht minder sparsame Fabrikant aus Ostwestfalen hat sich in dieser Hinsicht nicht mit Ruhm bekleckert. Möglicherweise ist die Marke bei den in der Historie bewanderten Profis aber auch anders positioniert als bei Otto Normalverbraucher. Last but not least werden Baldessarini-Großabnehmer wie P&C oder Breuninger sich bestimmt zweimal überlegen, ob sie mit ihren Orders einen aufstrebenden Konkurrenten stärken wollen.
Wie es mit dem Ahlers-Nachlass weitergeht, weiß aber letztlich nur Michael Röther. Jetzt geht es erstmal darum, Beruhigungspillen auszugeben, denn die Orderrunde steht an.
Röther/Ahlers reiht sich ein in eine ganze Serie von Übernahmen. Allein in dieser Woche wurden drei große Deals bekannt: 11Teamsports übernimmt Kickz. In den Niederlanden steigt die JOG Group bei Chasin ein. In Großbritannien baut die Fraser Group nach Asos und Boohoo auch ihre Beteiligung an N Brown aus. In der Krise wittern strategische Investoren Chancen. Wo Finanzinvestoren die Fantasie und/oder das Geld fehlt, bieten sich gut aufgestellten Strategen jetzt günstige Gelegenheiten, das eigene Business sinnvoll zu erweitern und ergänzen. Wir werden in den kommenden Monaten ziemlich sicher noch mehr aufsehenerregende Übernahmen sehen. Im Markt werden viele Felle neu verteilt.
Auch wenn auf Handelskongressen immer noch das hohe Lied auf Omnichannel gesungen wird: Besser auf einem Kanal exzellent als auf vielen Kanälen mittelmäßig.
Zugleich zwingt die angespannte Marktlage zur Fokussierung. Dass beim Ahlers-Deal ausgerechnet die Online-Aktivitäten außen vor bleiben, ist bemerkenswert, wo viele in der Branche doch genau hier die Zukunft vermuten. Michael Röther wird für sich entschieden haben, nur Geschäfte zu betreiben, von denen er etwas versteht, die zu seinem Geschäftsmodell passen und die Ertrag versprechen. Auch Modepark Röther hat seinen Online-Versand wieder eingestellt.
Fürs Erste ist das womöglich richtig. In einer Situation, wo Profitabilität Trumpf ist, sollte man sich nicht kostspielig verzetteln. Auch wenn auf Branchenkongressen das hohe Lied auf Omnichannel gesungen wird: Besser auf einem Kanal exzellent als auf vielen Kanälen mittelmäßig. Das gilt insbesondere für Multilabelanbieter, die im Web sortimentsmäßig wenig Differenzierungsmöglichkeiten haben. Wer es bis jetzt nicht geschafft hat, ein relevantes Online Business aufzubauen, wird dieses nun jedenfalls ernsthaft auf den Prüfstand stellen. Auch bei P&C Düsseldorf nimmt man zurzeit Korrekturen vor. New Yorker hat damit gar nicht erst angefangen. Das gilt umgekehrt auch für die stationären Aktivitäten der Onliner. Ein ehemaliger Omnichannel-Retailer wie Bonprix konzentriert sich schon lange auf sein Digitalgeschäft. Kommt Monochannel womöglich in Mode?
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Und sonst?
…geht Marco Bizzarri bei Gucci von Bord, nach 18 Jahren im Konzern. Möglicherweise hatte er keine Lust, unter Francesca Bellettini zu arbeiten, die bei Kering jetzt für alle Marken verantwortlich zeichnet. In jedem Fall ist die Personalie ein weiteres Indiz, dass es bei Kerings Cash Cow nicht mehr rund läuft. Es ist die Bestätigung einer alten Regel im Modebusiness: Was heute besonders In ist, ist morgen umso schneller Out.
…regiert seit gestern das Matriarchat: In Barbieland muss Ken realisieren, dass er für seine Angebetete nur ein Spielzeug ist. Und in Australien zeigen die Frauen den Männern, wie man Fußball spielt.