Die Nachricht vom Zalando-Börsengang kam nicht überraschend. Es ist dennoch eine spannende Nachricht. Denn sie markiert eine Zäsur – für das Unternehmen Zalando, für die digitale Wirtschaft insgesamt, für das Modebusiness.
Pünktlich zum Börsenstart melden die Berliner operativ schwarze Zahlen. Man darf davon ausgehen, dass dies in erster Linie ein Zugeständnis an eine Öffentlichkeit ist, die Zalando seit der Gründung mit Misstrauen begleitet und die in den Samwers Zocker vermutet, die im Größenwahn das Geld ihrer Investoren verbrennen. Es ist ja für ordentliche Kaufleute auch schwer nachzuvollziehen, dass es im Online Business am Anfang aufs Geldverdienen nicht ankommt. Stattdessen werden mit Speed und Macht Marktanteile gekauft, die sich später – vielleicht – versilbern lassen. Jeff Bezos macht das mit Amazon bis heute so. Wenn in Berlin nach normalen kaufmännischen Maßstäben gewirtschaftet worden wäre, stünde Zalando jedenfalls nicht da, wo es heute ist.
Zunächst mal sollte man einmal die grandiose unternehmerische Leistung der Zalando-Macher, allen voran David Schneider und Robert Gentz anerkennen. Die Gründer haben in nur sechs Jahren ein Unternehmen mit voraussichtlich 2 Milliarden Umsatz und 7400 Arbeitsplätzen geschaffen. Zalando ist in 15 Ländern präsent. 3,7 Millionen Kunden haben in den vergangenen zwölf Monaten dort eingekauft, 88% kennen die Marke. Im letzten Quartal haben 322 Millionen Menschen die Website besucht. Kein Wunder, dass der stationäre Handel über rückläufige Frequenzen klagt. Weitere Details stehen in der Bekanntmachung zum Börsenstart. Zalando ist eine sensationelle Erfolgsgeschichte, wie es sie in der deutschen Wirtschaft so noch nicht gab. Sie war möglich, weil die Samwer-Brüder das Kapital mobilisieren und immer wieder neue Geldquellen erschließen konnten.
Doch jetzt wird in Berlin ein anderer Wind wehen. Einzelne reiche Privatleute und professionelle Finanzinvestoren von so einem Konzept zu überzeugen, ist den Samwers stets gelungen. Eine anonyme Öffentlichkeit dauerhaft dazu zu bringen, ihnen Geld zu geben, ist etwas ganz anderes. Das wird es mit sich bringen, dass das Management bei Zalando nach dem going public nicht mehr wie bisher schalten und walten wird können, sondern dass die Gründer bei ihren Entscheidungen immer auch kurzfristige Effekte und die Außenwirkung im Blick haben müssen. Dies wird das heiße Berliner Start-up zu einem anderen – konventionelleren – Unternehmen machen.
Man muss dennoch wünschen, dass der Börsengang gelingt. Zalando ist – zumindest in Europa – die Speerspitze einer Bewegung, die die Wirtschaft in den kommenden Jahren prägen und verändern wird. Von einem erfolgreichen Börsengang wird nicht zuletzt ein Signal ausgehen. Denn was der Start-up-Szene in Deutschland und Europa gegenüber dem Silicon Valley fehlt, sind nicht etwa die guten Ideen und fähigen Köpfe. Sondern die Risikokapitalgeber, die bereit sind, die Umsetzung von innovativen Geschäftskonzepten zu unterstützen. Ein geglückter IPO würde allen zeigen, dass ein Happy End möglich ist.
Für das Modebusiness schließlich ist der Börsengang ein Fanal. Alle, die noch geglaubt haben sollten, der Spuk ginge irgendwann vorüber, werden sehen, dass sich da ein neuer Riese am Markt etabliert. Andere werden folgen. Viele werden scheitern. Das Online Retailing ist noch ganz am Anfang. Das Medium birgt noch ungeahnte Möglichkeiten für Geschäfte. Unsere Kinder werden definitiv anders einkaufen als wir das heute tun.
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