Es ist die Woche der Abschiede: Torsten Widarzik verabschiedet sich von Levi’s. Puma verabschiedet Franz Koch und Reiner Seiz. Manel Adell verkauft seine Desigual-Anteile, Daniel Günthert Rena Lange.
In den elf Jahren, seit er sich von der Familie in die Pflicht nehmen ließ, ist Günthert mit dem Modebusiness nicht wirklich warm geworden. Jetzt, ein Jahr nach dem Tod seiner Mutter, wechselt er das Metier. Es sieht nach einer guten Entscheidung aus. Mit dem ehemaligen McKinsey‑, LVMH‑, Wolford- und Porsche Design-Manager Siegmund Rudigier hat Günthert einen Investor gefunden, der Verständnis für den Markt und die Marke mitbringt. Und der offenbar das Potenzial wahrgenommen hat, das Rena Lange in den vergangenen Saisons zu einem Must-see auf der Berliner Fashion Week gemacht hat.
Auch wenn persönliche Gründe bei Rena Lange die entscheidende Rolle gespielt haben dürften, ist der Verkauf zugleich ein Menetekel für die Veränderungen, die in der Premium-Etage des Marktes anstehen. Dort tummeln sich viele Anbieter, die jahrzehntelang gute Geschäfte damit gemacht haben, internationale Trends für die qualitätsbewusste deutsche Kundin zu übersetzen. Wir kennen die Namen. Diese Funktion haben für die nachwachsende Generation vertikale Anbieter wie Zara, Cos und Massimo Dutti übernommen. Die sind schneller und preisgünstiger. Nach oben wird die Luft genauso dünn, denn viele deutsche Premium-Labels leben ja gerade vom Preisabstand zu den französischen und italienischen Luxusanbietern. Deshalb funktionieren sie auch am besten in Multilabel-Sortimenten. Dort ist allerdings nur schwer Wachstum zu erzielen. Imagemäßig auf Augenhöhe mit Prada & Co zu kommen, kostet viel Werbe-Geld und noch mehr Zeit. Wenn es überhaupt funktioniert. Die einzige deutsche Luxus-Marke von Weltruf ist Jil Sander. Und die gehört Japanern, die damit kein Geld verdienen. Läden zu eröffnen, wie es sich für eine echte Marke gehört, überfordert die Organisationen wie die Finanzen. Im vertikalen Retail-Business geht es durchaus um Größe; die kostenintensive Kollektionskomplexität, die ein retailfähiges Angebot nach sich zieht, ist unterhalb einer gewissen Umsatzschwelle nicht rentabel zu händeln. Von der Fixkostenbelastung durch Personal und Mieten mal gar nicht zu reden. Nicht zuletzt haben Managementfehler und ein konzeptioneller Schlingerkurs in manchen Fällen die Resourcen knapp werden lassen, die es bräuchte, um die Firma zukunftssicher aufzustellen. Deshalb brauchen sie Investoren. Die nicht nur Geld, sondern auch Know-how und die Leidenschaft mitbringen, unter Umständen einen langen Weg zu gehen. Ein Marc Cain hat vorgemacht, dass es geht.
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