Das waren mal zwei überraschende Deals diese Woche!
Dass Wormland auf dem Markt war, pfiffen die Spatzen seit längerem von den Dächern. Dass der Käufer Ludwig Beck sein würde, hätte man dann doch nicht gedacht. Ohne jetzt die Details oder gar die Pläne dahinter zu kennen – es klingt nach einer guten Nachricht für beide.
Ludwig Beck übernimmt ein funktionierendes Konzept, das sich – anders als viele andere und deswegen teilweise bereits untergegangene Multilabel-Filialisten – über die vergangenen Jahre eine klare Zielgruppenfokussierung und ein sauberes Profil erarbeitet hat. Das Team um Geschäftsführer Oliver Beuthien hat in dieser Hinsicht einen exzellenten Job gemacht. Mit den Theo-Läden verfügt man zudem über ein vertikales Format. Besonders dynamisch war Wormland trotzdem nicht unterwegs. Selbst in guten Jahren war das Unternehmen vergleichsweise ertragsschwach, 2012 und 2013 verzeichnete man laut Bundesanzeiger gar einen kleinen Verlust. Eine Rolle wird auch die spezifische Eigentümersituation gespielt haben. Gründer Theo Wormland hatte sein Unternehmen 1982 in eine Stiftung gegeben, die der Kunst sowie sozialen Einrichtungen verpflichtet ist – keine auf aggressives Wachstum und Gewinnmaximierung ausgerichtete Institution.
Mit Ludwig Beck kommt nun ein Stratege zum Zuge und kein Finanzinvestor. Für die üblichen Verdächtigen der Private Equity-Szene war Wormland mit seinen knapp 80 Millionen Umsatz letztlich zu klein, und die Wachstumschancen im Multilabel-Segment zu begrenzt, um ein Engagement zu rechtfertigen. Die seit 1998 börsennotierte Ludwig Beck AG hingegen wird mit Wormland zu einem relevanten Player im Menswear-Markt und eröffnet sich Expansionschancen über die Isarstadt hinaus.
Diese Ambitionen hatten die Münchner in der Vergangenheit mehrfach. In den 80er Jahren gab es sogar mal eine Beck-Filiale im New Yorker Trump Tower. Die bundesweite Expansion mit Ludwig Beck Classics ist in den 90er Jahren gescheitert; die 12 Filialen wurden allesamt geschlossen. Die Eröffnung eines zweiten großen Hauses in Köln 1992 kostete das Unternehmen dann fast die Existenz. Ludwig Beck hatte an dem gigantischen Fehlinvestment über viele Jahre zu knabbern, in denen die Münchner Konkurrenz von Hirmer, Konen und Lodenfrey massiv in den Ausbau und die Modernisierung ihrer Häuser investiert hat.
2009 übernahm die Familie Wöhrl die Mehrheit am Rathauseck. Unter der Ägide von Oliver Haller und Hans Rudolf Wöhrls Sohn Christian Greiner hat man Stärken wie die Parfümerie, das Musikgeschäft und die Accessoires klug ausgebaut. Zuletzt erweiterte Beck die lange unbedeutende Menswear-Abteilung im Untergeschoss. Von dort kommt man trockenen Fußes auf die andere Seite des Marienplatzes. Wo Wormland seine gutgehende Münchner Filiale betreibt.
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Zweiter überraschender Deal ist die Übernahme von Browns in London durch die Boutiquen-Webplattform Farfetch. "Mode ist nicht downloadbar", begründet Farfetch-Gründer José Neves den Einstieg bei Londons erster Adresse für ambitionierte Designermode. Browns soll künftig als Versuchslabor für Crosschannel-Konzepte und digitale Innovationen im Retail dienen, heisst es etwas nebulös. Eine Rolle wird vielleicht auch gespielt haben, dass Neves' Wurzeln im stationären Business liegen (er betrieb ein Schuhgeschäft an der Savile Row) und er der Gelegenheit, sich einen so großen Namen wie Browns einzuverleiben, nicht wiederstehen konnte. Geld scheint genug da zu sein; zu den Kapitalgebern von Farfetch gehören Finanzinvestoren wie Advent und Index Ventures sowie das Medienhaus Conde Nast.
Farfetch nutzen weltweit rund 300 Multilabel-Designermode-Geschäfte als verlängertes Regal ins Internet. Die Geschäftsidee, eine Plattform aufzubauen für kleinere Händler, die sich das allein nicht leisten können, ist theoretisch bestechend, hat aber praktisch viele Hürden für die Beteiligten. Wie deutsche Startups wie Fashionhub und Luxodo leidvoll erfahren mussten. Farfetch scheint – nicht zuletzt dank potenter Investoren – das Boutiquennetzwerk zu sein, das sich international durchsetzt.
Interessant ist der Browns-Deal aber auch noch aus einem anderen Blickwinkel. Die Übernahme des Onlinehändlers Mytheresa durch Neiman Marcus war eine Sensation, die als strategische Option für einen stationären Retailer zugleich erwartbar war. Da kaufte altes Geld neues Geld. Bei Farfetch und Browns läuft es jetzt anders herum. Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein.
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Und sonst?
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