Man muss schmunzeln, wenn man in der TW "Gerry Weber goes Cos?" liest. Und das nicht wegen des überflüssigen Anglizismus' in der Headline (um nicht zu sagen: Überschrift). Tatsächlich liegen stilistisch Welten zwischen dem schwedischen Contemporary Label und der DOB aus Halle/Westfalen, und es schwingt der leise Zweifel mit, ob der Best Ager-Spezialist kulturell in der Lage ist, ein cooles Produkt für die modern woman auf die Beine zu stellen.
Was Gerry Weber genau vorhat, ist freilich Spekulation. Fakt ist, dass der Konzern Handlungsbedarf beim Produkt hat. Das war über viele Jahre Basis des Erfolgs. Aber auf der Zielgruppe, in der Gerry Weber nicht zuletzt über die Verdrängung der Delmods, Hirschs und Lucias stark geworden ist, lässt sich die Zukunft nicht aufbauen. Und dass die Frau, die mit H&M und Zara groß und mit Esprit und S.Oliver alt geworden ist, jemals für die Marke Gerry Weber zu begeistern sein wird, ist gelinde gesagt eine Herausforderung. Die, wenn man ehrlich ist, noch keine Modemarke gemeistert hat. Deshalb ist es richtig, jetzt die Weichen zu stellen, und Marken und Kollektionen aufzubauen, die in wachstumsstarken und zukunftsträchtigen Marktsegmenten positioniert sind. Das ist schwer genug.
Die Übernahme von Hallhuber war ein richtiger Schritt in diese Richtung, zumal sich man mit dem Filialisten vertikale Retail-Kompetenz ins Haus holte und diese kürzlich auch im Vorstand verankert hat. Entscheidend wird hier sein, Know-how klug zu nutzen und nicht auf Teufel komm raus Synergien heben zu wollen, die sich vielleicht in Analystenpräsentationen gut machen, in der Praxis aber nur zu verwässerter Positionierung und komplexeren Strukturen führen. Die Kunst wird auch bei einer neuen Marke sein, eine Organisation zu installieren, die bei bestmöglicher Nutzung der Resourcen in Halle eine größtmögliche Unabhängigkeit von den dortigen Konzernstrukturen hat. Und ihr trotz Umsatz- und Kursdruck die Zeit zur Entfaltung zu geben. Das ist das Inditex-Modell, und auch H&M hat sich mit dem in London entwickelten Cos und dem in Paris entwickelten &other stories so aufgestellt.
Eine Abkürzung könnte in der Übernahme einer bereits positionierten Brand liegen, die man mit angepasster Kollektionsaussage, marktgerechtem Pricing und intelligenter Marketingkommunikation revitalisiert. S.Oliver hat es mit Comma vorgemacht. Rena Lange haben die Rottendorfer gerade bei sich geparkt. Aber es gibt ja noch andere Namen, die derzeit zu haben wären.