Es ist kein Trost, dass die Geschäfte im Einzelhandel andernorts genauso schlecht laufen wie hierzulande, im Gegenteil. Die Turbulenzen in Russland bereiten den Exportmanagern der deutschen Modeindustrie seit Wochen schlaflose Nächte. Rezession und Rubelverfall lassen den Einzelhandel dort auf die Orderbremse treten. Darüber hinaus drohen Zahlungsausfälle im großen Stil. Die russischen Händler haben die Ware zu einem ungleich günstigeren Kurs geordert, als sie jetzt dafür bezahlen müssen. Diese plötzliche Verteuerung der Importe zwingt sie in die Knie. Bei nicht wenigen deutschen Lieferanten schlägt das gewaltig ins Kontor. Einen vergleichbaren Einbruch gab es zuletzt während der Finanzkrise 2009. Es ist also nicht so, dass die Bekleidungsindustrie so eine Situation nicht kennt. Der russische Markt ist extrem volatil: die Wachstumschancen sind und bleiben riesig, die wirtschaftlichen und politischen Risiken aber leider auch. Die Folgen spürt auch der deutsche Einzelhandel, insbesondere auf den Luxusmeilen der Republik: Nicht nur die Einkäufer aus dem Handel, auch die konsumfreudigen russischen Touristen bleiben zuhause.
Dramatisch ist auch die Situation des Schweizer Einzelhandels. Der leidet schon seit Jahren unter dem starken Franken, der die Touristen abschreckt und die Eidgenossen gleichzeitig ins benachbarte Ausland ausweichen lässt. Es gibt kaum einen großen Schweizer Einzelhändler, der zuletzt nicht wirtschaftlich unter Druck gewesen wäre. Nach der Entscheidung der Nationalbank, Euro-Stützungskäufe einzustellen, hat sich die Lage jetzt drastisch verschärft. Dass die Warenhauskette Manor ihre Verkaufspreise für Bekleidung um 20 Prozent senkt, um wieder wettbewerbsfähiger zu werden, zeigt, wie dramatisch die Situation ist. Die Lieferanten, die zu einem guten Teil aus Deutschland kommen, werden das ausbaden müssen.
Und auch aus Übersee kommen keine guten Nachrichten. Sapna Maheshwari schreibt in Buzz Feed über den "Winter of death". In den vergangenen zwei Monaten gab es bereits acht große Pleiten im US-Modehandel, hierzulande mehr oder weniger bekannte Ketten wie Wet Seal, Delia's, DEB Shops, C.Wonder (das Unternehmen von Tory Burchs Ex), das Gap-Format Piperlime, Jones New York, Cache und Kate Spade Saturday. Mehr als 1000 Läden sind insgesamt von der Schließung betroffen. Die Gründe sind vielfältig. Der Winter war anders als in Deutschland äußerst grimmig. Online-Shopping spielt sicher eine Rolle. Schuld sind laut Maheshwari aber insbesondere die extremen Verkaufsflächen-Überkapazitäten. Die Einkaufszentren-Fläche hat sich in den Staaten seit Anfang der 80er Jahre weit mehr als verdoppelt. Pro Kopf gibt es dort sage und schreibe 20 mal mehr Verkaufsfläche als in Deutschland.
Und sonst?
… können die deutschen Messeveranstalter sich nicht auf gemeinsame Termine einigen. Das war bzw. ist jetzt in München so, wo die Einkäufer im Prinzip gezwungen sind, zweimal anzureisen. Und das wird im Sommer in Berlin so sein, wenn die Premium erst einen Tag nach der Panorama startet. Das wäre an sich gar nicht mal so schlimm, wenn die Bread & Butter nicht schon in der Woche davor ihre Wiederauferstehung feiern wollte. Die Messeveranstalter haben jeweils ihre Gründe. In einer Situation, wo Industrie wie Handel unter Druck stehen und weder Zeit noch Geld zuviel haben, wäre etwas mehr Kundenfreundlichkeit trotzdem wünschenswert.
… nennt Under Armor-Gründer Kevin Plank Adidas "unseren dümmsten Mitbewerber". Ob Adidas-CEO Herbert Hainer Plank demnächst "unseren großmäuligsten Herausforderer" nennen wird?
… hat Zalando gestern schwarze Zahlen gemeldet. Wie es sich für ein börsennotiertes Unternehmen gehört. Passender Tweet von Stylight-CEO Benjamin Günther dazu: "Brauchen wir jetzt etwa ein neues Beispiel für diese 'unprofitablen Internetfirmen'? #zalando"
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