Jil Sander ist zurück. Nach der Schau am vergangenen Samstag überschlägt sich die Presse in Lobeshymnen. Der Handel frohlockt: „Niemand macht Jil Sander besser als Jil Sander“, zitiert die TW den CEO von Saks 5th Avenue. Vor einem halben Jahr haben sie noch Raf Simons für seine Jil Sander-Kollektion stehend applaudiert. Seine Mode war jedoch bei den Kunden nicht mehrheitsfähig. Entscheidend ist bekanntlich auf dem Platz. Man wird sehen, ob sich die Euphorie in den Orderbüchern niederschlägt. Und ob es dem japanischen Muttergesellschaft Onward gelingt, Jil Sander mit Jil Sander aus den roten Zahlen zu bringen. Klug war der knappe Kommentar auf dem Foto von Garance Doré: „Jil Sander is back… in a totally different era“. Vor zehn Jahren gab es Cos noch nicht.
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Ronald van der Vis verabschiedet sich mit einer positiv aussehenden Bilanz. Der Esprit-Umsatz sank zwar erneut, um über 10%. Aber der Nettogewinn stieg ordentlich an. Was mit der Eliminierung von Verlustbringern (Ladenschließungen, Rückzug aus USA etc.) zusammenhängt. Die Analysten mögen sowas: der Esprit-Kurs hat sich für einen Tag erholt. Um dann wieder abzusacken. In entscheidenden Feldern des Kerngeschäfts (Deutschland, eigener Retail, Wholesale) zeigt die Kurve nämlich immer noch nach unten. Auf die erste Bilanz des neuen Esprit-CEOs Jose Manuel Martínez Gutiérrez darf man gespannt sein. Der dürfte das Interesse haben, seine Ausgangsposition möglichst Schwarz zu malen. Um anschließend umso strahlender dazustehen.
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Neckermann ist Geschichte. Es hat sich kein Investor für den insolventen Versender gefunden. Von dem schnittigen „.de“ hat sich am Ende keiner täuschen lassen. Nicht einmal die Markenrechte dürften noch was wert sein. Otto hat mit Quelle.de schon genug zu tun. Jetzt geben alle dem Management die Schuld am Niedergang. Der ist de facto eine lange Geschichte und begann schon vor 50 Jahren unter Gründer Josef Neckermann. Der hatte das Unternehmen nach einer kurzen Blüte der Wirtschaftswunderjahre heruntergewirtschaftet. Mitte der 70er Jahre drohte erstmals die Pleite, man war stehend k.o.. 1976 verkaufte Neckermann sein Unternehmen an Karstadt. Im ersten Jahr unter Essener Regie erwirtschaftete die Gesellschaft bei einem Umsatz von 3,5 Mrd. DM einen Verlust von fast einer Milliarde. Im Zuge einer harten Sanierung wurden 1978 Tausende der vormals 18.000 Mitarbeiter entlassen. Das Versandhaus ist danach stets ein Fremdkörper in dem Handelskonzern geblieben. Das änderte sich auch nicht, als Karstadt mit Quelle zusammenging. Statt Synergien erntete man interne Konflikte zwischen Fürth und Frankfurt. Unter Middelhoff wurde aus Neckermann über Nacht ein Online-Start-up. Investor Sun ließ sich vom angeblichen Potenzial von Neckermann.de überzeugen. Nach der Arcandor-Insolvenz übernahm der Finanzinvestor die Gesellschaft komplett. Wie schwer es ist, einen traditionellen Katalogversender auf die Anforderungen der Online-Neuzeit einzustellen, zeigt sich gerade bei Otto. Und das ist ein gut geführtes Unternehmen, wo die Inhaber über die Jahre wenig anbrennen haben lassen. Neckermann hatte dagegen keine Chance. Schon lange nicht mehr.
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