"Gralshüter des guten Geschmacks" , "einer der stärksten Lieferanten unserer Pemiumabteilung", " der Verlust tut uns sehr weh" – die Krokodilstränen flossen reichlich nach der Nachricht von der Abwicklung. Die René Lezard-Mitarbeiter, die dieser Tage ihren Arbeitsplatz verloren haben, werden sich nun erst recht fragen, was sie falsch gemacht haben. Allen Beileidsbekundungen zum Trotz reichte die Liebe der Einkäufer zu der Marke nicht, um dem Unternehmen ein ausreichendes wirtschaftliches Fundament zu verschaffen.
Es ist ein schwacher Trost, aber René Lezard war dem Handel immerhin noch die Rede wert. Die Übernahme von Escada durch den US-Investor Regent nahm die Branche hingegen allenfalls achselzuckend zur Kenntnis. Die Marke ist in Deutschland kaum noch im Handel vertreten. Die Münchner hatten im Unterschied zu den Schwarzachern das Glück, eine milliardenschwere Investorin im Rücken zu haben, die in den vergangenen Jahren lieber Geld als ihren guten Ruf verlieren wollte. Ein Kaufpreis wurde nicht genannt, womöglich gab es auch keinen.
Nimmt man die Misere von Strenesse hinzu, ist es kein Wunder, dass nun der Abgesang auf das Premium-Genre wieder anschwillt. Aber die Nachrichten vom Tod dieses Marktsegments sind, um es mit Mark Twain zu sagen, übertrieben. Natürlich hat sich die Wettbewerbssituation für die sogenannte Beletage des Marktes stark verändert, das Geschäft ist nicht einfacher geworden, die René Lezard-Kundin kauft heute auch bei Massimo Dutti, Cos und Zara, die Multilabel-POS haben sich ausgelichtet, während die Premium-Brands im eigenen Retail meist Geld verbrennen und ihnen das Marketingbudget fehlt, mit den großen Luxury Brands mitzuhalten. Aber es gibt immer noch anspruchsvolle Kunden, die Qualität suchen, und sie bei Marken wie Marc Cain, Riani, Luisa Cerano oder Dorothee Schumacher auch finden. Die Krise einzelner Unternehmen ist nicht zwangsläufig die eines ganzen Marktes.
So sieht das offensichtlich auch Rene Benko, der gerade vor der Berliner IHK ein hohes Lied auf den stationären Einzelhandel gesungen hat. Der soll ihm schließlich auch noch ein paar Jahre Miete bezahlen. Dass dahinter mehr als Wunschdenken steht, zeigt seine unveränderte Investitionsbereitschaft. In der Schweiz ist der Karstadt/Kaufhof-Inhaber als Übernehmer der 43 Globus-Filialen im Gespräch. Die Migros hat ihre Tochter zusammen mit ein paar Schwesterfirmen ausgelistet.
Apropos Übernahmen: Interessant ist, was Investor ABG mit dem insolventen New Yorker Department Store Barneys vorhat. Die Authetic Brands Group, die Marken wie Nautica, Volcom, Nine West und Juicy Couture führt und hinter der Finanzinvestor Blackrock steht, hat diese Woche den Zuschlag für 271 Millionen Dollar erhalten. Der Name "Barneys" soll an Saks Fifth Avenue lizensiert werden, der Flächen und E‑Commerce-Aktivitäten damit markieren möchte. Der Flagship-Store an der Fifth Avenue soll in ein Pop-up-Erlebnis mit Installationen und Exponaten umgewandelt werden.