Es gibt sie noch, die guten Nachrichten. Allen voran natürlich die aus den USA. Dort ist die Präsidentschaftswahl entschieden, auch wenn sich nach wie vor zwei Kandidaten als Sieger fühlen. Und wenn er noch so sehr auf den Boden stampft – die Tage des ‚Fake President‘ scheinen gezählt. Am Wochenende wurden die sozialen Medien geflutet von hämischen Memes. Mein Liebling: Melania, die „how to divorce orange man“ googlet. Die Erleichterung über den anstehenden Wechsel im Weißen Haus ist jedenfalls riesengroß. Zumindest in meiner Blase. Wahrscheinlich würden die Instagram- und Facebook-Algorithmen andere Reaktionen anzeigen, wenn ich Attila Hildmann oder den selbsternannten Querdenkern folgte.
Positiv und zugleich mit leisem Zweifel behaftet ist auch die Biontech-Nachricht. Ein wirksamer Covid-Impfstoff scheint gefunden, das Ende der Pandemie nur eine Frage der Zeit. Frequenzen und Umsätzen nutzt das im Moment zwar noch wenig, die waren in der vergangenen Woche erneut unterirdisch. Und wenn Euler Hermes von 12 Milliarden weniger Bekleidungsumsatz für 2020 spricht, dann liest sich das irgendwie brutal, aber das sind halt die 20 Prozent, die seit Monaten in den Kassen des Einzelhandels fehlen. Auch wenn es wohl viele Monate dauern wird, bis ein Impfstoff faktisch wirkt, wird allein die Aussicht darauf sich auf die Stimmung auswirken. Die Börsenkurse gingen schon mal hoch. Auch der Konjunkturausblick der Wirtschaftsweisen war diese Woche überraschend positiv. China schwingt sich nach überwundener Corona-Krise wieder zum Motor der Weltwirtschaft auf, was deutschen Exporteuren zugute kommt.
Davon profitiert auch Alibaba. Die chinesische Onlinehandelsplattform hat am Singles Day mal wieder alle Rekorde gebrochen. 56 Milliarden Dollar spülte die Rabattaktion vom 1. bis zum 11.11. in die Kasse, mehr als das Bruttoinlandsprodukt von Island, Libanon und Georgien zusammen, in Spitzenzeiten waren 583.000 Bestellungen pro Minute abzuwickeln. Alibaba-Gründer Jack Ma kann solche Ergebnisse gut gebrauchen. Der Börsenwert des Konzerns war vor einer Woche um gut 10 Prozent eingebrochen, nachdem die Finanzaufsicht überraschend den Börsengang der Finanztochter Ant (Alipay) gestoppt hatte. Das hat Bedenken geschürt, dass der chinesische Staat Alibaba und andere Tech-Firmen stärker reglementieren könnte. Anfang der Woche ist der Kurs nochmal um 10 Prozent abgesackt, zusammen mit anderen Online-Werten wie Amazon und Zalando, die ebenfalls heftige Kursverluste verzeichneten. Die Aussicht auf einen baldigen Impfstoff schmälert in den Augen der Anleger die Gewinnaussichten der Online-Giganten. Des einen Freud…
Nur für Farfetch ging es diese Woche kräftig hoch. Mit Unterstützung von Alibaba, Richemont und Kering, die den Geldverbrenner Jose Neves mit 1,15 Milliarden Dollar dringend benötigtem frischem Kapital versorgen. Der Einstieg der Konzerne ist eine Win-win-Situation für alle: Alibaba schnappt dem Konkurrenten JD.com den Luxusmarktplatz Farfetch weg, Richemont und Kering verschaffen sich eine bessere Ausgangsposition im chinesischen Wachstumsmarkt, auch gegenüber dem globalen Luxus-Marktführer LVMH, der gerade mit Tiffany beschäftigt ist, und Farfetch bekommt neues Spielgeld und lässt YNAP als Verlierer dastehen. Prompt wird über die Zukunft der Richemont-Tochter spekuliert.
Gute Nachrichten gab es last but not least auch für Supreme. Finanzinvestor Carlyle war 2017 für kolportierte 500 Millionen Dollar bei der Streetwear Brand eingestiegen. Jetzt erlöst Carlyle zusammen mit Co-Investor Goode 2,1 Milliarden beim Verkauf an VF. Ein stolzer Preis bei einem Umsatz von 500 Millionen, der eigentlich nur durch die hohe Profitabilität und das Potenzial von Supreme zu rechtfertigen ist. VF setzt denn auch auf Kontinuität bei Geschäftsmodell und Management. Supreme-Gründer James Jebbia und seine engsten Vertrauten bleiben, wie es heißt, an Bord. Was sicher entscheidend ist, wenn es darum geht, Credibility und Profitability weiterhin sauber auszubalancieren.
Für Supreme ist die Übernahme durch einen Strategen sicher besser als die Weitergabe an den nächsten Finanzinvestor. Die VF Corp., zu der Brands wie North Face, Vans, Timberland, Dickies, Eastpak und Napapijri gehören, hat in der Vergangenheit bewiesen, dass sie Marken zu managen versteht. Auch wenn die finanzmarktgetriebene Matrixorganisation den Töchtern dabei einiges abverlangt. Mit Supreme unternimmt der Konzern einen großen Schritt in den Wachstumsmarkt Streetwear und sichert sich eine begehrte Brand, die mit ihren Drops und Co-ops auch ein Pionier in Sachen Modemarketing ist.