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Galeria im Umbruch. Gerry Weber in der Insolvenz. Versace ohne Donatella. Demna für Gucci.

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Jür­gen Mül­ler

Mon­tag, 10. März. Die Nach­rich­ten aus Kana­da wer­den sich für die Gale­ria-Macher anfüh­len wie sei­ner­zeit die Nach­rich­ten aus Öster­reich, als Signa in die Knie ging. Die Hud­son Bay Com­pa­ny (HBC), „Home­ba­se“ des Gale­ria-Mit­ei­gen­tü­mers Richard Bak­er, bean­tragt Gläu­bi­ger­schutz. In den Medi­en wird über eine bevor­ste­hen­de Insol­venz und die Schlie­ßung von etli­chen der 80 Waren­h­aus­stand­or­te spe­ku­liert.

Natür­lich, das beei­len sich alle Betei­lig­ten zu beto­nen, habe HBC nichts mit den ande­ren Betei­li­gun­gen Bak­ers zu tun. Der Unter­neh­mer hat­te im ver­gan­ge­nen Jahr Nei­man Mar­cus in den USA über­nom­men und gemein­sam mit Berg­dorf Good­man, Saks und der Off­pri­ce-Spar­te Saks Off 5th zu Saks Glo­bal fusio­niert. Aktu­ell wird ihm auch Inter­es­se an Breu­nin­ger nach­ge­sagt. Das 2019 schmäh­lich geschei­ter­te Invest­ment bei Kauf­hof hielt Bak­er nicht davon ab (oder moti­vier­te ihn gar), 2024 gemein­sam mit Bernd Beetz den fusio­nier­ten Gale­ria Kar­stadt Kauf­hof-Kon­zern aus der Insol­venz zu über­neh­men. Von außen betrach­tet haf­tet dem Gan­zen schon etwas hasar­deur­haf­tes an.

Viel gehört hat man seit der Über­nah­me nicht von Gale­ria. Die Umsät­ze lie­gen nach einem LZ-Bericht von letz­ter Woche wohl unter Plan, da ist Gale­ria frei­lich aktu­ell kei­ne Aus­nah­me am Markt. Die Liqui­di­täts- und Gewinn­zie­le wür­den nach mas­si­ven Kos­ten­ein­spa­run­gen nach wie vor erreicht. „Alle 83 Filia­len schrei­ben schwar­ze Zah­len“, sag­te Bernd Beetz dem Han­dels­blatt im Janu­ar, wäh­rend CEO Oli­vi­er Van den Bos­sche zur sel­ben Zeit via TW Beru­hi­gungs­pil­len an die Indus­trie aus­gab.

Weni­ge Mona­te nach der Über­nah­me und im anste­hen­den Umzug der Fir­ma nach Düs­sel­dorf ist die Orga­ni­sa­ti­on aber sicher noch dabei, sich zu fin­den. Ob die neu­en Ver­triebs­kon­zep­te mit­tel- und lang­fris­tig grei­fen, muss man eben­so sehen. Dass einer der Eigen­tü­mer für Unru­he sorgt, ist jeden­falls das Letz­te, was das Manage­ment jetzt braucht.

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Diens­tag, 11. März. Das Dra­ma geht wei­ter. Ger­ry Weber Inter­na­tio­nal mel­det erneut Insol­venz an. „Um eine Kumu­la­ti­on von uner­war­te­ten Kri­sen­fak­to­ren finan­zi­ell zu kom­pen­sie­ren, hat das Unter­neh­men noch nicht genug Speck ange­setzt", sagt Insol­venz­ver­wal­ter Chris­ti­an Gerl­off. Wie auch immer. Auch wenn der Ein­zel­han­del sei­ne Vor­or­ders gene­rell zurück­ge­fah­ren hat, ist es dem Ger­ry Weber-Manage­ment nach dem Stra­te­gie­wech­sel nicht in aus­rei­chen­dem Maße gelun­gen, das Ver­trau­en der Ein­käu­fer in die Mar­ke zurück­zu­ge­win­nen. Nun gilt: Nach der Sanie­rung ist vor der Sanie­rung. Bes­ser gesagt: vor dem Ver­kauf.

Nach 2019 und 2023 ist es das drit­te Mal, dass die Eigen­tü­mer in den Instru­men­ten­kas­ten des Insol­venz­rechts grei­fen. Ziel ist es jetzt, neue Inves­to­ren zu gewin­nen. Das dürf­te in der aktu­el­len Markt­la­ge und bei der Vor­ge­schich­te nicht ein­fach wer­den. Die Finanz­in­ves­to­ren ste­hen bei Mode­un­ter­neh­men zur­zeit nicht gera­de Schlan­ge. Und ein stra­te­gi­scher Inves­tor wird neben dem Kauf­preis sehr viel Geld ins­be­son­de­re in die Repo­si­tio­nie­rung der Mar­ke ste­cken müs­sen – schon die Boo­mer-Gene­ra­ti­on, geschwei­ge denn die Unter-60-jäh­ri­gen für Ger­ry zu begeis­tern, dürf­te indes ein ziem­li­ches aus­sichts­lo­ses Unter­fan­gen wer­den. Der von der vor­ma­li­gen CEO Ange­li­ka Schind­ler-Oben­haus gepräg­te Slo­gan „Gene­ra­ti­on Wow“ war in die­sem Sin­ne eigent­lich eine sehr gute Ziel­grup­pen­an­spra­che. Es fehl­ten die Zeit und das Geld, den Cla­im in den Köp­fen zu ver­an­kern. Die Inves­to­ren hat­ten ande­re Prio­ri­tä­ten.

Womit wir bei der Rol­le der Geld­ge­ber wären. Deren track record gibt nicht viel Anlaß zur Hoff­nung. Robus, der neben Ger­ry Weber aktu­ell Betei­li­gun­gen an Eter­na und dem Schmuck­an­bie­ter Amor hält, war sei­ner­zeit auch bei Lau­rèl und Hall­hu­ber inves­tiert. Bei­de Unter­neh­men sind inzwi­schen abge­wi­ckelt.

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Don­ners­tag, 13. März. Donatel­la Ver­sace tritt ab. Wenn man die damals 61jähige bei den GQ Men of the Year Awards 2018 in Ber­lin über die Büh­ne stak­seln gese­hen hat, fragt man sich, wie sie bis heu­te durch­hal­ten konn­te. Man darf davon aus­ge­hen, dass ihr Abgang bei dem von ihrem Bru­der Gian­ni gegrün­de­ten Unter­neh­men mit den Ver­kaufs­plä­nen von Capri zusam­men­hängt.

Dass der Miu Miu-Chef­de­si­gner Dario Vita­le zum neu­en Chief Crea­ti­ve Offi­cer von Ver­sace wird, nährt die Gerüch­te um eine Über­nah­me durch die Pra­da Group. Nicht zuletzt wird Miuc­cia Pra­da wenig Inter­es­se dar­an gehabt haben, sich mit Donatel­la über die künf­ti­ge sti­lis­ti­sche Aus­rich­tung von Ver­sace aus­ein­an­der­zu­set­zen.

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Demna@Gucci – das ist zunächst mal eine gro­ße Chan­ce. Kering gibt sei­ne Cash Cow in die Hän­de eines Top-Krea­ti­ven, der mit Balen­cia­ga in den letz­ten Jah­ren wie kaum ein ande­rer stil­prä­gend war und der sich auf die spek­ta­ku­lä­ren Insze­nie­run­gen ver­steht, die in der heu­ti­gen Auf­merk­sam­keits­öko­no­mie durch­schla­gen. Dar­in ist er Ales­san­dro Miche­le ähn­lich, wenn­gleich der bei Guc­ci  eine anspre­chen­de­re und weni­ger apo­ka­lyp­ti­sche Ästhe­tik ver­folgt hat als Dem­na bei Balen­cia­ga. Nach dem Pädo­phi­lie-Skan­dal muss­te der Vete­ments-Grün­der lei­se­re Töne anschla­gen. Jetzt kann er wie­der voll auf die Pau­ke hau­en. Gehen wir mal davon aus, dass dies auch in sei­nem Brie­fing steht.

Für Kering geht es um Alles oder Nichts. Aber auch der neue Krea­tiv­chef geht mit Guc­ci ein Risi­ko ein. Never catch a fal­ling kni­ve? Mal sehen, ob Dem­na das unfall­frei gelingt.