Dienstag, 2. Juni. Blackout Tuesday. Den US-Protesten gegen Rassismus haben sich weltweit Menschen angeschlossen, indem sie auf ihren Social Media-Accounts schwarze Flächen posten. Auch etliche Prominente, Musiker und Fußballstars, Vereine und Unternehmen beteiligen sich, sogar Tiffany Trump ist dabei. Was im Einzelfall eine billige Solidaritätsadresse sein mag, sendet in der Fülle ein mächtiges Zeichen gegen Unrecht und Diskriminierung in die Welt.
Kritisch wird es freilich, wenn Marken mit solchen mehrheitsfähigen und deswegen unverfänglichen Positionen lediglich bei ihrer Zielgruppe punkten wollen. Nicht jedes Unternehmen besitzt die Glaubwürdigkeit, sich nun plötzlich politisch positionieren zu können. Werden wir künftig von ‚Blackwashing‘ sprechen?
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Mittwoch, 3. Juni. "Jeder hat eine neue Größe", freut sich Levi’s‑President Marc Rosen. Die Quarantäne ist vielen auf die Hüften gegangen, neue Hosen müssen her, was der Modebranche mehr Umsatz bescheren könnte.
Das Geschäft scheint auch so auf dem Weg der Besserung. „Nur noch“ minus 15 meldet die TW für „die 6. Woche nach dem Lockdown“. Es scheint fast so, als hätte das Virus Jesus als Begründer unserer Zeitrechnung abgelöst, jedenfalls im Handel. Die Konsumenten gewöhnen sich ganz offensichtlich an die neue Normalität. Online ist das Modegeschäft schon eine ganze Weile wieder angelaufen, auch die Stationären spüren wieder Boden unter den Füßen. Nicht zuletzt die Modeaktien haussieren. Nachdem sie mit dem Lockdown tiefer abgestürzt waren, erholen sich die Modeunternehmen jetzt deutlich schneller als die Gesamtwirtschaft. Jedenfalls an der Börse.
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Donnerstag, 4. Juni. Wumms! Das gestern Abend beschlossene Konjunkturprogramm hat es in sich. Die Bundesregierung investiert 130 Milliarden u.a. in die Stärkung der Binnenkonjunktur. Deutschland soll sich am eigenen Schopf aus dem Schlamassel ziehen. Gut so. Denn der Export wird wegen der schwächelnden Weltwirtschaft als Wachstumslokomotive ausfallen.
Insbesondere die überraschende Senkung der Mehrwertsteuer ist eine erfreuliche Nachricht. Das setzt das richtige Signal an die Konsumenten, und es entlastet den Einzelhandel finanziell. Denn der wird die Senkung natürlich in den meisten Fällen nicht weitergeben, sondern die 3% einstreichen. Das ist auch bitter notwendig. Bei der letzten Anhebung im Jahr 2007 mussten die Unternehmen die 3% wegstecken, weil der Wettbewerb und Eckpreislagen Preiserhöhungen nicht zugelassen haben. Diese Eckpreise werden weiter Bestand haben. Ein Hemd, das heute regulär 49,95 Euro kostet, wird ja nun nicht von Juli bis Dezember für 48,69 Euro angeboten. Dass es wegen der zu erwartenden Preisschlacht demnächst vielleicht nur 29 oder 19 Euro kostet, steht auf einem ganz anderen Blatt. Spätestens am 22. Juni, für den Amazon jetzt seinen ‚Big Style Sale‘ angekündigt hat, ist mit einem breiten Dammbruch zu rechnen.
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Freitag, 5. Juni. „Das ist nicht das Ende der Mode“ schreibt Vanessa Friedman in einem klugen Essay für die New York Times. Die Geschichte und die menschliche Natur zeigen, dass wir uns nach Krisen stets wieder aufbretzeln. Aber wie wird das aussehen? Das ist die Frage, die die Designer beantworten müssten. Für Friedman steht lediglich fest: Es wird nicht die Jogginghose sein. „Es ist wahrscheinlicher, dass wir eine Art Pawlowschen Reflex entwickeln auf die Klamotten, die eine Art Uniform unserer Isolation und Ohnmacht waren. Was wir brauchen, ist genau das Gegenteil.“