Passiert large

Benko hat den Schwarzen Peter

Img
Jürgen Müller

Das KaDeWe echt jetzt? Der bevorstehende Insolvenzantrag der deutschen Kaufhaus-Ikone war das Gesprächsthema bei den Düsseldorf Fashion Days. Es war in den Showrooms am Wochenende ja leider auch sehr viel Zeit zum Reden.

Am Montag ist dann tatsächlich passiert, was vor dem Hintergrund der Benko-Misere seit Längerem zu befürchten war. Schon im Herbst hatten Lieferanten von säumigen Zahlungen berichtet. Manche Brands sollen Auslieferungen zurückgehalten haben. In Berlin verwies man stets auf IT-Probleme. Dass diese zeitlich mit der Implosion von Signa zusammenfielen, wirkte natürlich verdächtig. Rückblickend erscheint nun auch André Maeders überraschender Wechsel zur Selfridges Group womöglich in einem anderen Licht.

Aus Sicht der Industrie ist die Nachricht ist ein fatales Signal. Die Orderrunde ist auch so schon extrem anspruchsvoll. Mit Wormland gab es dieses Jahr bereits eine prominente Pleite, und was aus dem Großkunden Galeria wird, ist ebenfalls unklar.

Dabei ist die KaDeWe Group kein Opfer der Konsumkrise. Die Geschäfte sind nach eigenen Angaben spitzenmäßig gelaufen. Es passiert nicht alle Tage, dass in derselben Pressemitteilung vom umsatzstärksten Jahr der Unternehmensgeschichte geschwärmt und gleichzeitig eine Insolvenz angekündigt wird. Es ist die späte Bestätigung des Anfangverdachts, dass die Warenhäuser für René Benko nur als Mietengenerator fungieren sollten.

Man muss sich jedenfalls keine Sorgen machen, dass es in Berlin, München und Hamburg nicht weitergeht. Das Geschäftsmodell der Luxury Department Stores ist intakt und zukunftsfähig. Erst kürzlich ist das KaDeWe beim World Department Store Summit in Dubai zum „Most Innovative Department Store In The World“ gekürt worden.

Sollte das KaDeWe besser verstaatlicht werden, wie die Linke es gestern gefordert hat?

Im Zuge des Insolvenzverfahrens kann das Unternehmen sich jetzt nicht nur von den offenbar ruinösen Mietverträgen befreien, sondern auch besenrein für einen Übernehmer gemacht werden. Das wird vermutlich die thailändische Central Group sein. Der Deal wird auf dem Rücken von Lieferanten und nicht zuletzt des Steuerzahlers durchgezogen werden. Der Staat bürgt für 90 Millionen Kredite und übernimmt nun für drei Monate die Gehälter. Ob der Gesetzgeber bei der Novellierung des Insolvenzrechts tatsächlich so naiv war zu glauben, dass die Firmen diese Sanierungs-Option auf Kosten anderer aus lauter Angst vor einer Pleiteschmach nicht nutzen würden?

Letzteres wird man bei einer so prominenten Luxury-Adresse wie dem KaDeWe besonders gründlich abgewogen haben. Der Signa-Zusammenbruch liefert die gesichtswahrende Begründung. Der schwarze Peter liegt bei René Benko, der jetzt für jeglichen Pfusch in seinem Konzern-Bau verantwortlich gemacht werden kann.

In Berlin, Hamburg und München kann man froh sein, diesen Vermieter los zu sein. Jetzt besteht die Chance, Immobilieneigentum und Betriebsgesellschaft wieder in eine Hand zu legen. Mit Central kämen Einzelhandelsprofis zum Zuge, die in der Lage sein sollten, die unterschiedlichen Interessen dieser beiden Geschäftsfelder im Sinne des Unternehmens auszutarieren.

Oder sollte das KaDeWe besser verstaatlicht werden, wie die Linke es gestern gefordert hat? Ein 60.000 m² großer Konsum – das war vermutlich der feuchte Traum von Honecker.