Samstag, 8. Oktober. Was ist nur im Möbelhandel los? Bei Westwing in München rollt eine Entlassungswelle, auch der Vorstandsvorsitzende hat gerade gewechselt. Der britische Online-Möbelhändler Made.com entlässt ein Drittel seiner Belegschaft und stellt sich zum Verkauf. Und Home24 wird als Übernahmekandidat für XXXLutz gehandelt, dabei hatten die Berliner selbst vor nicht einmal einem Jahr den Living-Filialisten Butlers übernommen.
Im Lockdown gehörten die Online-Möbelhändler zu den Krisengewinnern, jetzt laufen sie ihren Zahlen hinterher. Die Zimmer sind voll, und ein neues Sofa kauft man nicht alle Tage. Wachstumsprobleme werden an der Börse härter abgestraft als von Eigentümern, die das Auf und Ab von Konjunkturzyklen als Teil des Spiels gewohnt sind. Erst recht, wenn es sich – wie bei den genannten Online-Händlern – um unprofitable bzw. sehr renditeschwache Unternehmen handelt.
Die Möbelbranche nimmt vorweg, was anderen Konsumgüterbereichen in der sich anbahnenden Rezession droht: Es gibt kein billiges Geld mehr, um Wachstumsstories zu illustrieren, weder an der Börse noch von den Banken. Der Fokus wird bis auf Weiteres wieder auf Profitabilität und Eigenkapital liegen. Etablierte und finanzstarke Unternehmen werden in so einer Situation bessere Chancen haben und womöglich die eine oder andere günstige Gelegenheit für Akquisitionen wahrnehmen können.
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Sonntag, 9. Oktober. Galeria leitet einen harten Sparkurs ein, friert die Gehälter ein und ruft Medienberichten zufolge erneut nach Staatsunterstützung. Die Öffentlichkeit dürfte zunehmend weniger Verständnis für die wiederholten Hilferufe der Warenhäuser haben. Auf der anderen Seite müssen nicht nur die Beschäftigten, sondern auch die Galeria-Nachbarn hoffen, dass es dem Management gelingt, das Unternehmen durch die Konsumflaute zu führen. Auch wenn die Warenhäuser als Frequenzbringer nicht mehr dieselbe Bedeutung haben wie früher, würden unter einer Brache in der Fußgängerzone alle Anbieter zu leiden haben.
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Montag, 10. Oktober. Apropos Innenstadt: Clemens Fuest hatte neulich beim Innovationstag vom „Donut-Effekt“ gesprochen. Jetzt legt sein Ifo-Institut eine Studie vor, nach der sich das Einkaufen aus den Stadtzentren in die Wohngebiete verlagert hat. Wie bei dem klebrigen Gebäck: Innen hohl, außen ein fetter Rand. Diese Entwicklung ist wenig verwunderlich, nachdem die Menschen während Corona ins Home-Office gezogen sind. Das Deprimierende aus Sicht der City: Auch nach Ende der Lockdowns kommen die Leute nicht zurück. Die Umsätze lägen nach wie vor 10 Prozent unter Vorkrisenniveau, wird der Autor der Studie, Simon Krause in der SZ zitiert. Mit allen Folgen, die diese Stärkung der Ränder für Anlieger wie eben Galeria, für die Angebotsstruktur und die Immobilienpreise in zentralen Lagen hat.
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Mittwoch, 12. Oktober. Aber auch bei Online Retailern ist das Anleger-Geld zurzeit wie gesagt nicht gut aufgehoben. So schicken unbefriedigende Quartalszahlen die About You-Aktie heute auf Talfahrt. Seit dem Börsengang hat das Unternehmen drei Viertel seines Werts verloren. Mit einem Umsatzwachstum von rund 9 Prozent gewinnen die Hamburger zwar nach wie vor Marktanteile und steigern den Umsatz auf hohem Niveau. Aber man hatte mit mehr gerechnet, weswegen der Verlust von 35 auf 63,4 Millionen Euro stieg. Für 2022 rechnet About You jetzt mit einer Verdoppelung der Verluste von 120 bis 140 Millionen Euro (Ebitda). Die Kursverluste sind besonders ärgerlich, nachdem der große Konkurrent Zalando in dieser Woche Kurszuwächse verbuchen konnte.
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Donnerstag, 13. Oktober. Lässt man die Börsenentwicklung mal außer Acht (Apropos: Was ist eigentlich mit den IPOs von Best Secret und Douglas?), ist festzustellen, dass der Shift hin zu Online nach wie vor ungebrochen ist. Das belegt auch eine heute erschienene EHI-Studie. Danach steigerten die 1000 größten Onlineshops ihren Umsatz im vergangenen Jahr um gut 16 Prozent, also stärker als der Gesamtmarkt, auf fast 80 Milliarden Euro. Immerhin vier von zehn Euro landen auf den Konten der zehn größten Onlinehändler (Amazon, Otto, Media Markt, Zalando, Ikea, Saturn, Apple, Lidl, H&M und Doc Morris). Fast 20 Prozent fielen allein auf Amazon.
Der wachstumsstärkste Webshop gehörte 2021 übrigens einem Möbelhändler: Ikea. Womit wir wieder beim Anfang wären.