Wer bei SportScheck seine Brötchen verdient, dürfte sich ganz schön herumgeschubst fühlen. Über Jahre hatte die Otto Group vergeblich versucht, aus dem Sportartikler einen Omnichannel-Retailer zu machen. Dabei hätte man meinen können, dass dies bei einem Unternehmen, das seit jeher gleich starke Standbeine im stationären und im Distanzhandel hat, gut möglich sein sollte. Man kämpfte aber nicht zuletzt mit dem Silodenken der beiden Bereiche, die nicht nur kanalspezifischen Gesetzmäßigkeiten folgen, sondern auch mit different animals besetzt waren. Und so zog Decathlon an dem einstigen deutschen Marktführer vorbei. 2022 machten die Franzosen hierzulande dreimal so viel Umsatz wie SportScheck.
Ende 2019 gab die Otto Group die malade Tochter mit 17 Filialen an Signa Retail ab. Die verschmolz das Unternehmen mit den Karstadt Sport-Häusern, die kurz zuvor aus der Signa Sports United ausgegliedert und bei der Department Store Group eingegliedert wurden. Jetzt reicht Signa die 34 Häuser und den Webshop an die britische Frasers Group weiter.
Die schickt sich an, die Nummer 1 im europäischen Sportartikelhandel zu werden. Bis dahin müssen Mike Ashley und sein Schwiegersohn Fraser-CEO Michael Murray freilich noch einen Gang zulegen. Decathlon ist immer noch annähernd dreimal so groß wie die komplette Frasers Group, die mit den House of Fraser-Kaufhäusern, Ketten wie Flannels, Jack Wills und USC, Online Playern wie Missguided und Sofa.com sowie Brands wie Everlast und Slazenger und den über 700 Sports Direct-Filialen auf gut 5,5 Milliarden Pfund Umsatz kommt. Zuletzt hat Firmenjäger Ashley mit Invests in Hugo Boss und Zukäufen bei Online-Playern wie Asos und Boohoo von sich reden gemacht.
Und jetzt also SportScheck. Ungewöhnlich ist, dass der Deal von Adidas und Nike umgehend begrüßt wurde. Fast hat man den Eindruck, die Lieferanten hätten dabei mitgeredet. Dabei sollten die Brands doch eigentlich eher wenig Interesse an einem immer mächtigeren Handelspartner haben. Die Intersport reagierte dagegen reserviert. Heilbronn muss um 350 Millionen Außenumsatz und ein entsprechendes Einkaufsvolumen bangen. Sofern SportScheck als Fraser-Tochterunternehmen in der bisherigen Form weitergeführt wird, sollte ein Verbleib in der Verbundgruppe möglich sein. Wenn die Filialen auf Sports Direct umflaggen, sähe das wohl anders aus.
Bislang gibt es dazu nichts Konkretes. SportScheck-CEO Matthias Rucker hatte noch vor kurzem bei der Internationalen Handelstagung des GDI recht überzeugend dargelegt, wie er SportScheck zur Sporterlebnismarke machen möchte.
Man darf davon ausgehen, dass all dies einem Plan folgt, den René Benkos Geldgeber mittragen. Manche vielleicht auch nur, weil der Konzern bzw. ihr Invest inzwischen too big to fail ist.
Mehr noch als auf das Schicksal von SportScheck oder die Machtverschiebungen im Sportmarkt wirft die Nachricht ein Schlaglicht auf das Großreinemachen in René Benkos Immobilien- und Retailreich. Die aktuelle Immobilienkrise zwingt den Selfmade-Milliardär, den Rückwärtsgang einzulegen. Die Herausforderung ist, die Signa-Geldgeber bei der Stange zu halten. Vom "Abstieg des Ösigarchen" schrieb der Spiegel bereits im Juli hämisch. Statt um neue Prunkbauten geht es bei Benko jetzt um Desinvestments. Bauprojekte werden gestoppt oder verschoben. Über ein Dutzend Objekte stehen nach einem Bericht des Manager-Magazins auf der Verkaufsliste.
Gleichzeitig setzt die Konsumkrise Signas Handelsbeteiligungen unter Druck. Die müssen schließlich die Mieten erwirtschaften, die Benkos Kapitalgeber erwarten. "Galeria macht zu wenig Cash", meldet die LZ diese Woche. Der Warenhauskonzern schließe das Geschäftsjahr mit hohen Verlusten ab und verpasse seine Liquiditätsziele deutlich. Medienberichten zufolge sollen die Galeria Inno-Häuser in Belgien verkauft werden. Im Sommer machte der Kika/Leiner-Verkauf in Österreich Schlagzeilen. Benko hatte sich schrittweise von den Immobilien getrennt und dann auch vom operativen Geschäft, das dann vom neuen Eigentümer umgehend in die Insolvenz geschickt wurde. Die Hälfte des in Signas Besitz verbliebenen einstigen Möbelhauses an der Mariahilfer Straße, das 2025 als „Lamarr“ zum "KadeWe von Wien" werden soll, ging an die Central Group, ebenso wie 50 Prozent an der wertvollen Kadewe-Immobilie in Berlin. Parallel zum SportScheck-Verkauf zog Signa diese Woche seine 150 Millionen-Finanzierungszusage an die krachend gescheiterte Signa Sports United zurück. Schon gibt es Spekulationen, was aus der Gruppe mit ihren Online-Beteiligungen im Bike‑, Outlook und Tennis-Bereich wird. Möglicherweise ist da ja auch was für Mike Ashley dabei. Die Internetstores GmbH, zu der Fahrrad.de gehört, habe den Gang zum Amtsgericht angekündigt, meldete Exciting Commerce gestern Abend.
Man darf davon ausgehen, dass all dies einem Plan folgt, den Benkos Geldgeber mittragen. Manche vielleicht auch nur, weil der Konzern bzw. ihr Invest inzwischen too big to fail ist. Aus Sicht der operativen Handelstöchter – insbesondere Galeria – handelt es sich indes um unheilvolle Signale in einer Situation, in der es darum geht, eine Konsumflaute zu überstehen und zugleich in die Zukunft investieren zu müssen. Mit einer Mietminderung wird man dem Eigentümer jedenfalls nicht kommen können.