Markus Ebner

“Die Fußballer kommen schon langsam auf den Trichter”

Auf einen Kaffee mit.... Markus Ebner. Der ACHTUNG- und SEPP-Gründer über Fußballer und Fashion. Und warum Jogi Löw mehr aus sich machen könnte.

Du hast mit SEPP ein Hig­hend-Maga­zin für Fashion und Fuß­ball gegrün­det. Hast Du da als ACH­TUNG-Macher zwei Lei­den­schaf­ten mit­ein­an­der ver­bun­den?

SEPP war mei­ne ers­te Publi­ka­ti­on! Das habe ich 2002 ange­fan­gen und ACHTUNG dann 2003. Die Idee ist auf dem Rück­flug von Mai­land nach New York ent­stan­den. Ich habe über­legt, mit wel­chem Ansatz ich ein Mode­ma­ga­zin grün­den könn­te. Es gibt da ja schon alles. Klar ich bin Fuß­ball-Fan, aber jetzt auch nicht sooo ver­rückt. Aber Fuß­bal­ler waren damals schon Role Models. So wie Vani­ty Fair eine Zeit­schrift ist, in der Schau­spie­ler Mode prä­sen­tie­ren, soll­te SEPP eines sein, wo Fuß­ball­spie­ler die Haupt­rol­le spie­len. Und wenn so ein Mas­sen­sport auf eine Eli­te­sa­che wie Mode trifft, dann kom­men da manch­mal inter­es­san­te Sachen bei raus.

Und Namens­ge­ber war Sepp Mai­er?

Sepp Her­ber­ger. ACHTUNG, SEPP – ich steh auf deut­sche Titel. Ein Mode­ma­ga­zin, das sich deutsch posi­tio­niert – vom Namen her, den Loca­ti­ons, den The­men – das gab es so nicht.

Ganz frü­her galt Fuß­ball mal als Proll-Sport, heu­te sind Fuß­bal­ler Mode-Influen­cer. Wie konn­te das pas­sie­ren?

Was auf der Lein­wand der Film­star, ist auf dem Bild­schirm der Fuß­bal­ler. Fuß­ball ist der am meis­ten über­tra­ge­ne Sport der Welt. Da rücken die Prot­ago­nis­ten auto­ma­tisch in den Vor­der­grund. War­um haben Fuß­bal­ler alle so bescheu­er­te Fri­su­ren? Weil man so für Auf­merk­sam­keit und Wie­der­erkenn­bar­keit sorgt.

Die Deut­schen waren vor dem Tur­nier alle beim Fri­seur.

Stimmt. Da wird ein rie­sen Auf­wand betrie­ben. Ich habe gera­de ein Shoo­ting mit Ney­mar gemacht für die Puma-Kam­pa­gne. Der kommt mit einem gan­zen Team! Die Fuß­bal­ler sind sich ihres Mar­ken­po­ten­zi­als bewusst und nut­zen das, sei es über die Fri­sur oder die Kla­mot­ten.

Ist das eine Rol­le, die heut­zu­ta­ge zwangs­läu­fig mit media­ler Prä­senz im Unter­hal­tungs­busi­ness ein­her geht?

Abso­lut. Das hängt schon stark mit den sozia­len Medi­en zusam­men. Jeder Spie­ler der Natio­nal­mann­schaft hat über eine Mil­li­on Fol­lower. Das ver­schafft denen Deals mit Mar­ken wie zum Bei­spiel Hugo Boss. Selbst so ein komi­scher Spie­ler wie der Nico Schulz von Dort­mund hat noch einen Deal mit Olymp. Ande­re wie zum Bei­spiel Cris­tia­no Ronal­do schlach­ten ihr Image mit eige­nen Mode­kol­lek­tio­nen, Hotels und so wei­ter aus. Auf der ande­ren Sei­te hast Du einen Lio­nel Mes­si, der zwar auch schon Dol­ce-Kam­pa­gnen gemacht hat, was aber ein­fach nicht so zu ihm passt. Aber der hat einen Ver­trag mit Bar­ce­lo­na, wo sol­che Neben­ein­künf­te fast egal sind.

Sind die Spie­ler nicht sogar zu Style gezwun­gen, weil das einen Teil ihres Markt­werts aus­macht?

Weiß nicht. Antoine Arnault hat vor Jah­ren mal dar­auf hin­ge­wie­sen, dass in jeder Lou­is Vuit­ton Bou­tique in Frank­reich die Fuß­bal­ler des loka­len Clubs zu den umsatz­stärks­ten Kun­den gehö­ren, mit ihren Frau­en. Die ver­die­nen halt irre viel Geld. Und was macht man mit viel Geld? Uhren, Autos und Kla­mot­ten kau­fen. Es gibt bei den Spie­lern unter­ein­an­der auch einen Wett­be­werb um das Neu­es­te und Hei­ßes­te. Daher auch die­ser Zug in extre­me Nischen, zu Brands wie  – Boris Bidjan Sabe­ri, Rick Owens und so wei­ter.

Wo die Frau­en ansprichst: Wel­che Rol­le spie­len die WAGS in die­sem Kon­text?

Das ist ein trau­ri­ges Kapi­tel. Die haben wirk­lich fast alle kei­nen Geschmack. Ich habe über die Jah­re wirk­lich vie­le ken­nen­ge­lernt, und ich muss sagen, da gibt es wirk­lich kaum eine, die aus dem Main­stream her­aus­ragt. Ob das jetzt die Frau vom Hum­mels ist oder die von Göt­ze. Da ist auch kei­ne, die ihren Mann modisch nach vor­ne gepusht hät­te. Ich fin­de ja den Look von Schwein­stei­ger nicht schlecht. Aber ist es sei­ne ten­nis­spie­len­de Frau, die ihm die Jacke anzieht? Oder hat er einen Bera­ter? Ich glau­be letz­te­res.

Und was ist mit Vic­to­ria Beck­ham?

Eine Aus­nah­me. Die Beck­hams haben sich sicher­lich wech­sel­sei­tig posi­tiv beein­flusst.

Mode ist im Fuß­ball Män­ner­sa­che. Im Frau­en­fuß­ball ist das noch nicht ange­kom­men.

Der Frau­en­fuß­ball gewinnt gera­de an Popu­la­ri­tät. Da ist so jemand wie Megan Rapi­noe, die eine tol­le Spie­le­rin ist, und die nicht nur als Trump-Kri­ti­ke­rin, son­dern auch mit ihrer rosa Fri­sur Auf­se­hen erregt. Im neu­en SEPP haben wir eine Lis­te der zehn bestan­ge­zo­gens­ten Fuß­bal­ler, da ist Rapi­noe auf Platz 3 gelan­det. Sie hat auch schon Kam­pa­gnen mit Loe­we gemacht.

Wer ist denn auf den vor­de­ren Plät­zen?

Auf 1 ist Héc­tor Bél­le­rin von Arse­nal. Ein Spa­ni­er, der in den Vuit­ton-Shows von Vir­gil Abloh auch als Model läuft. Dem kannst Du einen Valen­ti­no-Pyja­ma oder einen Raf Simons-Man­tel Anzie­hen, und er sieht abso­lut toll aus. Platz 2 belegt Mar­cus Rash­ford von Man­ches­ter United. Der sieht in den Bur­ber­ry-Kam­pa­gnen fan­tas­tisch aus.

Gibt es einen deut­schen Spie­ler mit beson­de­rem modi­schen Poten­zi­al?

An Jero­me Boat­eng wur­de zu Recht her­um­ge­mä­kelt, dass er vie­le Sachen neben dem Platz macht. Er ist der ein­zi­ge Spie­ler, den ich immer wie­der in der Front Row gese­hen habe. Ser­ge Gna­b­ry ist extrem mode­inter­es­siert, auch Leroy Sané. Und die haben dann schon auch die rich­ti­gen Sachen an. Ich habe gera­de das Cover des FAZ-Maga­zins Juni gestylt mit David Ala­ba, der trägt da Jil San­der, was zur­zeit auch eine gute Wahl ist.

Wie ist denn der typi­sche Fuß­bal­ler-Stil? Da hat man ja schon eher „lau­te“ Brands wie Phil­ipp Plein und frü­her Ed Har­dy im Hin­ter­kopf und weni­ger den distin­gu­ier­ten Zegna-Typus.

Da hast Du voll­kom­men Recht. Aber es gibt schon zuneh­mend Spie­ler mit gutem Geschmack. Nimm die Mann­schaft von Paris St. Ger­main, die haben da einen Ver­trag mit Bel­uti. Die kom­men schon lang­sam auf den Trich­ter.

Ste­hen dahin­ter Sty­lis­ten? Oder sind das Spie­ler selbst?

Die Spie­ler beschäf­ti­gen sich ger­ne und stark mit Mode. Das mer­ke ich bei mei­nen Shoo­tings immer wie­der. Da ist ein gro­ßes Inter­es­se.

Im Ram­pen­licht ste­hen auch die Trai­ner.

Stimmt. Und wenn ich mir einen Typen wie Gareth South­ga­te anschaue, dann sage ich: Toll! War­um soll ein Trai­ner nicht im Maß­an­zug auf­tre­ten? Natür­lich kann ich Klopp sein und im Trai­nings­an­zug auf dem Platz ste­hen. Aber wenn schon Anzug, war­um dann nicht ein wirk­lich guter?

Nur weil du ab und zu Espresso trinkst und eine Sonnenbrille aufhast, bist du noch kein Stylegott. Peinlich finde ich Jogi Löw nicht. Aber er könnte mehr aus seiner exponierten Position machen.

In Deutsch­land macht ein Juli­an Nagels­mann modisch von sich reden. Und natür­lich Jogi Löw mit sei­nen Shirts.

Beim Spiel gegen Frank­reich fand ich sei­nen Auf­tritt ehr­lich gesagt ein wenig arm. Typ Berufs­ju­gend­li­cher. Der Mann dürf­te ger­ne im Jacket an der Sei­ten­li­nie ste­hen und nicht im T‑Shirt. Da sah er schon mal bes­ser aus. In der Bevöl­ke­rung genießt Jogi Löw ja so ein wenig ein Image als mode­inter­es­sier­ter Bon­vi­vant. Als ACHTUNG-Chef­re­dak­teur und SEPP-Macher zeigt mir das, wie weit wir noch zu gehen haben. Schau Dir dage­gen den Rober­to Man­ci­ni an.

Ich habe das Eröff­nungs­spiel mit den Ita­lie­nern gese­hen.

Der geht schon sein gan­zes Leben zum Maß­schnei­der. Nur weil du ab und zu Espres­so trinkst und eine Son­nen­bril­le auf­hast, bist du noch kein Sty­le­gott. Pein­lich fin­de ich Jogi Löw nicht. Aber er könn­te mehr aus sei­ner expo­nier­ten Posi­ti­on machen. Ein Man­ci­ni wird von sei­nen Spie­lern gesiezt. Der Jogi und der Han­si wer­den halt geduzt. Dabei ist der Auf­tritt für die Auto­ri­tät schon wich­tig. Schau Dir Lothar Mat­thä­us an. Der hat frü­her irgend­wel­che Jacken mit Spon­so­ren­lo­go drauf getra­gen. Seit er im Fern­se­hen Anzug trägt, nimmt man den irgend­wie erns­ter. Oder Karl-Heinz Rum­me­nig­ge: da sieht man schon, dass der frü­her in Ita­li­en gespielt hat. Es ist in Deutsch­land lei­der immer noch a long way to go.

Ich höre aus Dei­nen Wor­ten her­aus, dass Du als Blatt­ma­cher auch auf einer Mis­si­on bist?

Abso­lut! Ich habe das vor 20 Jah­ren ange­fan­gen, und es bleibt immer noch viel zu tun. Wir wol­len schon Maga­zi­ne machen, die bei einer Miuc­cia Pra­da auf den Tisch kommt, und wo sie sagt: das ist Style aus Deutsch­land. Man muss doch mal sehen, was visu­ell stil­prä­gen­des alles von hier kommt. Deut­sche Foto­künst­ler wie Wolf­gang Till­mans, Andre­as Gurs­ky, Tho­mas Struth sind Welt­spit­ze. Eben­so unse­re Maler wie Ger­hard Rich­ter, Base­litz und so wei­ter. Den deut­schen Ansatz haben die ande­ren Mode­me­di­en lei­der nie so gepflegt. Außer den Maga­zi­nen der Tages­zei­tun­gen gab es da wenig, was sich ernst­haft und auf den Punkt mit Mode aus­ein­an­der­setzt. Eine deut­sche Vogue bei­spiels­wei­se war stets sehr wenig deutsch. Die Foto­gra­fen dort sind Ita­lie­ner, Eng­län­der. Man ist im Stu­dio in Man­hat­tan oder Miami. In Deutsch­land sagt mal lie­ber: Du, ich flie­ge nächs­te Woche nach New York‘ als ‚Ich fah­re nach Essen zum Shoo­ting in der Zeche Zoll­ver­ein‘.

AchtungMar­kus Ebner bewegt sich seit 30 Jah­ren im Mode­busi­ness. Nach sei­nem Abschluss am Fashion Insti­tu­te of Tech­no­lo­gy Anfang der 90er arbei­te­te er über zehn Jah­re in New York, u.a. für Donatel­la Ver­sace und als Mode­chef bei Details. Nach 9/11 kehr­te er zurück nach Deutsch­land und grün­de­te im Som­mer 2002 das Maga­zin SEPP und im Sep­tem­ber 2003 ACHTUNG. Ebner war von 2007 bis 2009 bei der deut­schen Vani­ty Fair als Sty­list beschäf­tigt, von 2009 bis 2013 Mit­ar­bei­ter beim Zeit-Maga­zin, seit 2013 ist er Chef-Sty­list beim FAZ-Maga­zin. Er lebt in Paris.

Wei­te­re Kaf­fee­run­den auf pro­fa­shio­nals gibt’s hier.

 

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