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"Wir versuchen ‚business as usual‘ zu machen"

Auf einen Kaffee mit.... Frank Rheinboldt. Der Managing Director von Marc Cain über die Bewältigung des aktuellen Warenstaus und die Herausforderungen der kommenden Orderrunde. Und über Modemessen in Frankfurt.

Wie neh­men Sie die aktu­el­le Situa­ti­on in der Bran­che wahr?

So eine Situa­ti­on haben wir alle noch nicht erlebt. Ich den­ke, die gan­ze Bran­che ist aktu­ell damit beschäf­tigt, den Früh­jahr/­Som­mer-Waren­berg abzu­tra­gen und die Liqui­di­tät zu sichern. Zugleich machen sich alle Gedan­ken dar­über, wel­che Leh­ren aus die­ser Kri­se zu zie­hen sind.

Die da wären?

Naja. Es geht jetzt schon viel­fach um das The­ma Tak­tung: Brau­chen wir neue Kollektions‑, Order- und Lie­fer­rhyth­men? Das ist im Prin­zip ein alter Hut. Schon vor 20 Jah­ren hieß es: ‚Zusam­men kön­nen wir Zara sein.‘ Aber die Kri­se hat die­ses alte The­ma nun plötz­lich wie­der dring­lich gemacht. Bedarfs­ge­rech­tes Timing, kurz­fris­ti­ge Lie­fer­fä­hig­keit und so wei­ter. Da fin­det schon ein Umdenk­pro­zess statt.

Wozu wird das bei Marc Cain füh­ren?

Man­che Absur­di­tä­ten der Ver­gan­gen­heit wird es nicht mehr geben. Aber wir kön­nen als Marc Cain natür­lich nicht sagen, dass wir die Früh­jahrs­wa­re nicht mehr im Novem­ber, son­dern erst im März lie­fern. Wir wer­den schon ver­su­chen, uns dort, wo es Sinn macht, anzu­pas­sen und bei­spiels­wei­se etwas spä­ter aus­zu­lie­fern. Aber an der Grund­struk­tur unse­res Kol­lek­ti­ons­ti­mings wer­den wir nichts wesent­lich ver­än­dern kön­nen. Offen gesagt glau­be ich auch nicht, dass in der Bran­che jetzt alles anders wird.

Akut steht ja nun die Aus­lie­fe­rung für den kom­men­den Herbst an.

Das ist rich­tig. Vie­le Händ­ler haben aus Liqui­di­täts­grün­den gro­ßen Respekt vor der geor­der­ten Men­ge. Da dis­ku­tie­ren wir zur­zeit Model­le, wie wir das für bei­de Sei­ten ver­träg­lich hin­be­kom­men.

"Die Einkäufer kommen natürlich mit kleinerem Geldbeutel und weniger Limit. Es gibt zugleich eine Untergrenze, unter der eine Zusammenarbeit keinen Sinn ergibt."

Wie kann das aus­se­hen? Die Sachen sind ja nun bestellt und pro­du­ziert.

Rich­tig. Und wir wer­den auch aus­lie­fern. Wo ein Kun­de wirk­lich nicht mehr kann, wer­den wir, wo es geht, ver­su­chen, Lösun­gen fin­den. Aber Stor­nie­run­gen auf brei­ter Front kön­nen wir lei­der nicht akzep­tie­ren. Was wir gemacht haben: Wir haben die Aus­lie­fe­rung gene­rell um vier Wochen nach hin­ten gescho­ben. Statt Anfang Juni kommt die Ware jetzt Ende Juni.

Hat Marc Cain zu sei­nen Vor­lie­fe­ran­ten hin Maß­nah­men ergrif­fen?

Allen­falls punk­tu­ell. Wir haben ent­schie­den, dass wir geor­der­te Ware pro­du­zie­ren und dann mit dem Han­del reden, wie wir sie in den Ver­kauf brin­gen.

Die anlau­fen­de Order­run­de wird nach die­ser Sai­son bestimmt sehr schwie­rig. Es gibt kei­ne Ver­gleichs­wer­te, es ist nicht genug Geld in den Kas­sen, kei­ner weiß, ob es eine zwei­te Wel­le gibt… Wie sind Ihre Erwar­tun­gen?

Zunächst mal haben wir es trotz Coro­na geschafft, eine Kol­lek­ti­on auf die Bei­ne zu stel­len und die­se auch an den Ver­trieb zu über­ge­ben. Die Ein­käu­fer kom­men natür­lich mit klei­ne­rem Geld­beu­tel und weni­ger Limit. Es gibt zugleich eine Unter­gren­ze, unter der eine Zusam­men­ar­beit kei­nen Sinn ergibt. Wir gehen davon aus, dass die Früh­jahrs-Sai­son im kom­men­den Jahr nach dem Shut­down in die­sem Jahr zwei Ver­kaufs­mo­na­te mehr hat. Wenn einer dann nur die Hälf­te schreibt, ist das nicht akzep­ta­bel. Ins­ge­samt gehen wir aller­dings schon davon aus, dass wir unter unse­ren Vor­jah­res­um­sät­zen blei­ben wer­den.

Wie soll der Ver­trieb in den kom­men­den Wochen kon­kret arbei­ten? Ber­lin fällt als Treff­punkt aus. In den Show­rooms wird es Kon­takt­be­schrän­kun­gen geben…

Wir ver­su­chen so gut es geht ‚busi­ness as usu­al‘ zu machen. Natür­lich beschäf­ti­gen wir uns auch mit digi­ta­len Order­mög­lich­kei­ten und ‑tech­no­lo­gien. Inner­halb kür­zes­ter Zeit mit digi­ta­ler Order das per­sön­li­che Order­ge­spräch kom­plett zu erset­zen, sehe ich momen­tan für uns noch nicht. Das ist ein fort­lau­fen­der Pro­zess und geht nicht über Nacht.

Das funk­tio­niert wahr­schein­lich nur für Basics und ein­fa­che Pro­duk­te.

Da ist es auf jeden Fall ein­fa­cher. Für einen Her­stel­ler von Polo­hem­den kann das durch­aus Sinn machen. Aber für eine Marc Cain Kol­lek­ti­on, die gege­be­nen­falls Erklä­rung braucht, da sie auf dem Coor­di­na­te-Gedan­ken auf­ge­baut ist und von „Mix & Match“ lebt, ist das nicht mal eben so umzu­set­zen.

"Wir brauchen keine Messe, um unsere Kunden in Deutschland zu erreichen, weder in Berlin noch in Frankfurt."

Hat Sie die Nach­richt vom Umzug der Mode­mes­sen nach Frank­furt inter­es­siert? Marc Cain war ja in Ber­lin schon seit län­ge­rem nicht mehr Aus­stel­ler.

Kann Frank­furt als inter­na­tio­na­le Mode­platt­form funk­tio­nie­ren? Ich weiß es nicht. Wir schau­en uns das Kon­zept genau an. Ob wir dann auch in Frank­furt aktiv wer­den, wird man sehen. Düs­sel­dorf funk­tio­niert mit sei­nen Show­rooms für die Order ja immer noch.

Die Frank­fur­ter wer­den sicher an dem Cate­go­ry Lea­der Marc Cain gra­ben.

Wir brau­chen kei­ne Mes­se, um unse­re Kun­den in Deutsch­land zu errei­chen, weder in Ber­lin noch in Frank­furt. Marc Cain war in den letz­ten Sai­sons noch mit einer Fashion Show in Ber­lin ver­tre­ten, die für uns vor allem als Pres­se- und Image­show funk­tio­niert hat. Wir beschäf­ti­gen uns zur­zeit mit unse­rer ers­ten digi­ta­len Moden­schau. Wir wer­den Anfang August eine Mischung aus Live-Event und media­len Inhal­ten an den Start brin­gen. Das ist für uns ein Test. Mal schau­en, wie das läuft. Es kos­tet in jedem Fall schon mal weni­ger als die Moden­schau in Ber­lin.

Mit der Ankün­di­gung des Stel­len­ab­baus hat Marc Cain kürz­lich unge­wohn­te Schlag­zei­len gemacht.

Wir haben das tat­säch­lich schon vor Coro­na dis­ku­tiert. Das Virus hat dies nun beschleu­nigt. Wir haben in allen Berei­chen Stel­len abge­baut. Die­se Ent­schei­dung ist uns nicht leicht gefal­len. Aber die Anpas­sung war not­wen­dig, um uns zukunfts­si­cher auf­zu­stel­len und lang­fris­tig den Groß­teil der Arbeits­plät­ze zu sichern. Wir wer­den die­ses und wahr­schein­lich auch kom­men­des Jahr deut­lich weni­ger Umsatz machen. Da sind Ein­spa­run­gen in allen Berei­chen lei­der unab­ding­bar.

Wor­auf stel­len Sie sich mit­tel­fris­tig ein? Wie sieht unser Markt 2021 aus?

Ich sehe durch­aus eine Renais­sance des Fach­han­dels. Gewin­ner wer­den die­je­ni­gen sein, die den bes­ten Draht zum Kun­den haben. Da sind die klei­ne­ren loka­len Händ­ler, sowie die Platz­hir­sche meist näher dran als die groß­flä­chi­gen Filia­lis­ten. Wer wie Breu­nin­ger ein star­kes Online-Stand­bein hat, ist beson­ders gut dran.

Ist es per­spek­ti­visch nicht auch sinn­voll, stär­ker auf Direkt­ver­trieb zu set­zen? Eige­ne Läden hat Marc Cain ja schon, der Web­shop ist mehr B2B, mit Zalan­do & Co ent­wi­ckeln sich mäch­ti­ge neue Markt­plät­ze…

Ich bin ein gro­ßer Ver­fech­ter einer guten Mischung. Gro­ße Kun­den und klei­ne Kun­den, eige­ne Stores und Who­le­sa­le-Kun­den, Stadt und Land, sta­tio­när und online. Was wir im Übri­gen machen, ist, dass wir unse­re eige­ne Fer­ti­gung stär­ker her­aus­stel­len. Wir kau­fen auch wei­ter­hin zum Bei­spiel Ware bei unse­ren lang­jäh­ri­gen Part­nern in Asi­en ein. Aber unse­re eige­ne Pro­duk­ti­on in Deutsch­land ist ein Asset, das wir stär­ker kom­mu­ni­zie­ren wol­len.

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