Essen, 1. April. Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) plant, nach Ostern deutschlandweit Impfzentren in seinen Warenhäusern einzurichten. Das hat profashionals aus Konzernkreisen erfahren. Das Konzept wird in Solingen seit einigen Wochen erfolgreich getestet. Nun wird es ausgerollt. An 115 Standorten soll jeweils die oberste Etage von den örtlichen Gesundheitsämtern bewirtschaftet werden. Mit den Behörden wurde eine Laufzeit bis zum 21. September vereinbart.
„Bis Ende des Sommers wollen wir allen ein Impfangebot gemacht haben“, verspricht Jens Spahn (CDU). Der Gesundheitsminister schließt eine mögliche Verlängerung wegen der Mutanten zugleich nicht aus. "In dieser Pandemie gibt es keine absoluten Wahrheiten. Wir werden bis dahin einander wahrscheinlich viel verzeihen müssen.“
GKK-CEO Miguel Müllenbach freut sich über den Frequenzbringer: „Endlich werden unsere Rolltreppen mal wieder ausgelastet.“ Ob in den unteren Etagen der Verkauf gestattet sein wird, ist allerdings noch unklar. Galeria wäre vorbereitet, sagt Müllenbach: „Unser Hygienekonzept steht.“ Es sei ohnehin so, dass das Infektionsrisiko beim Einkaufen gering ist. „Die einzige Ansteckungsgefahr, die ich sehe, ist ein Kaufrausch.“
Die Gewerkschaft sieht die Pläne des GKK-Managements dagegen kritisch. „Ich weiß nicht, wie die Geschäftsführung darauf kommt, dass wir irgendwelchen Plänen noch dazu in so einer Ausnahmesituation vorbehaltlos zustimmen“, so die Leiterin des Fachbereichs Handel bei ver.di, Stefanie Nutzenberger. Auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach lehnt das neue Flächenkonzept von GKK ab: „Angesichts der dritten Welle ist es nicht die Zeit für Ladenöffnungen. Selbst dann nicht, wenn es dort Spritzen gibt.“
Für Trendforscherin Gundel Ekeldoort zeigt sich in der Krise dagegen die große Stärke des stationären Einzelhandels: „Versuchen Sie mal, ein solches Impfzentrum auf einem Online-Marketplace einzurichten!“
Und auch für Rene Benko kommt die Kampagne gerade rechtzeitig. Der GKK-Inhaber war in die Kritik geraten, nachdem der Staat dem Warenhauskonzern im Februar mit einem Darlehen über 460 Millionen Euro ausgeholfen hatte. Dabei hatte sich das Unternehmen erst im vergangenen Jahr im Zuge einer Insolvenz von über 40 Häusern, 4000 Arbeitsplätzen und zwei Milliarden Euro Schulden getrennt. Wie das Handelsblatt vergangene Woche berichtete, verzeichnet Signas Immobiliensparte für 2020 nun einen Gewinn nach Steuern von 800 Millionen Euro. „Es ist an der Zeit, der Gesellschaft etwas zurückzugeben“, soll der österreichische Selfmade-Milliardär bei einem Führungskräfte-Meeting gesagt haben.
Gescheitert ist indes der Geheimplan von Andreas Scheuer. Nach dem schleppenden Start der Impfkampagne in Deutschland hatte der Verkehrsminister im Rahmen der von der Regierung eingesetzten Taskforce mit Amazon über ein mobiles Konzept zur Home-Impfung verhandelt. Das mit einem Budget von 3 Milliarden Euro veranschlagte Projekt lief unter dem Codenamen „Same Day Vaccination“. Die Verhandlungen sollen von Amazon abgebrochen sein, weil die Union dem Vernehmen nach auf Betreiben ihres Kanzlerkandidaten Markus Söder mit der Forderung nach einem Tempolimit für Kurierfahrer in den Bundestagswahlkampf ziehen möchte. Aus der von Amazon gerade angekündigten Schaffung von 5000 neuen Stellen in Deutschland dürfte nun nichts werden. Nach dem Mautdebakel droht Scheuer eine weitere Millionen-Schadenersatzklage.
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