Als jemand, der mit extrem bescheidenen Erfolgen auf Instagram unterwegs ist, stelle ich mir diese Frage schon gelegentlich. Nicht als als beruflicher Plan B, sondern weil mir – nach offen bekundeter Skepsis über viele Jahre – mittlerweile doch vieles gefällt, was die Content Creators machen, denen ich folge. Als Inspiration, Motivation, als Denkanstoß oder pure Unterhaltung.
Ich muss dazusagen – und das ist keine Wertung, sondern reine Geschmacksache – dass ich keinem einzigen deutschen Influencer folge. Auch international bewege ich mich sehr bewusst jenseits der Multi-Millionen-Accounts von Social-Stars, die von Plakatwänden grinsen und Kapsel-Kollektionen co-designen. Bis auf das Thema Beauty scrolle ich zudem gar nicht bei meinen beruflichen Themenkategorien wie Mode, Uhren oder Reise. Nur bei Kosmetik werde ich gern schwach, weil gerade unter den männlichen Influencern etliche nicht bloß Make-up-Anleitungen posten, sondern Sperriges wie mentale Gesundheit, Inklusion und das Abschminken überkommender Rollenbilder vor die Smartphone-Kamera bringen.
Doch egal ob Blockbuster oder Nische, ich habe höchsten Respekt vor dem Medienhandwerk, das hinter kleinen wie großen Accounts auf Instagram, YouTube oder TikTok steckt. Technische Versiertheit, redaktionelle Planung, Hype-Gespür, Kreativität, Mut zum Kontakteknüpfen, eine Portion Exhibitionismus und eine fast übermenschlich anmutende Disziplin… Gut, manchmal kommt noch ein Sechser in der Genpool-Lotterie dazu und das nicht zu erzwingende Quäntchen Glück. Dennoch, R.E.S.P.E.C.T.
Könnte ich das auch? Manchmal sagt die innere Stimme: „Absolutely, du bist ein Rockstar.“
Könnte ich das auch? Manchmal sagt die innere Stimme: „Absolutely, du bist ein Rockstar.“ In einem Akt der völligen Selbstüberschätzung, zweifellos. Und selbst wenn ich mich auf eines meiner vielen Herzensthemen und diverse Spleens stürzen und daraus ein Influencer-Profil klöppeln würde, bleibt das Problem der monetarisierbaren Audience. Gerade wo sämtliche Plattformen minutiös aussteuern, wessen Inhalt wann und von wem wie lange gesehen werden. Dürfen. Der Algorithmus arbeitet vom Start gegen jeden Newcomer, es sei denn, der bringt etwas mit, was gerade besonders gefragt ist oder sogar fehlt. Was könnte das sein, grüble ich, zugegeben, gelegentlich. Mein Kleiderschrank und Bankkonto sind zu klein für das „Outfit of the Day“, unsere Küche zu schrabbelig für „Kochen mit …“, meine Poren zu groß für „Mein Beauty-Ritual“, meine Urlaubstage zu kläglich für ein Dasein als global nomad und für K‑Pop-Choreographien bin ich zu ungelenkig und grobmotorisch.
Tja, hätte, hätte, Fahrradkette, würde ich sagen. Sollten Sie, werter Leser, allerdings eine Idee haben, deren Umsetzung mich morgens freudig aus dem Bett springen lässt, bin ich offen für Anregungen in den Kommentaren. Oder Sie stalken mich irgendwo anders. Bis dahin nutze ich eines meiner größten Talente: Neugier. Da hat selbst ein bestverdienender Super-Influencer nämlich keine Chance. Sorry, not sorry.
Siems Luckwaldt ist seit rund 20 Jahren ein Experte für die Welt der schönen Dinge und ein Kenner der Menschen, die diese Welt möglich machen. Ob in seinem aktuellen Job als Lifestyle Director von Capital und Business Punk, für Lufthansa Exclusive, ROBB Report oder das Financial Times-Supplement How To Spend It.