Montag, 27. Mai. Es gibt sie noch, die guten Nachrichten: Brax-Mutter Leineweber rettet den insolventen Jackenspezialisten Fuchs & Schmitt. In Aschaffenburg kann man fürs Erste aufatmen. Die solventen Herforder liefern die Finanzierung, zu der die Hausbank zuletzt nicht mehr bereit schien. Für Brax ist es die Gelegenheit, sein Produktportfolio um Jacken und Mäntel zu ergänzen und dem eigenen Anspruch, nicht nur Hosenmacher, sondern Outfitanbieter zu sein, gerecht zu werden. Und das, ohne dazu selbst Kompetenz aufbauen und ein teures eigenes Produktmanagement etablieren zu müssen.
Insofern sieht es nach einem klugen Schritt aus. Der zudem passgenau zu der Wachstums-Offensive passt, die man sich in Herford auf die Fahnen geschrieben hat: Eine modische Neujustierung, ein Ausbau des Oberteile-Anteils, ein Rebranding, eine Flächenoffensive und bessere Lagerprogramme und nicht zuletzt ein aggressiveres Pricing sollen den Umsatz bis übernächstes Jahr von aktuell 304 auf 350 Millionen Euro hieven.
In einer Phase, wo der Markt schwächelt, setzt Brax auf Wachstum. Das muss man sich leisten können. Auch das ist ein Signal: Wegen der Zinswende und dem Konsumklimawandel sind die fremdfinanzierten Wachstumsstars der vergangenen Jahre allesamt in der Bredouille. Dagegen ist die vermeintlich langweilige, wenig wachstumsstarke, aber dafür solide finanzierte old economy tendenziell am Drücker.
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Dienstag, 28. Mai. Die Gläubigerversammlung winkt den Insolvenzplan für Galeria durch. Was nicht anders zu erwarten war. Baker/Beetz können damit zum 1. August übernehmen. Nach einem Bericht von Capital haben sie für das Unternehmen mit seinen aktuell noch 92 Häusern nichts bezahlt. Die Gläubiger – darunter auch der Steuerzahler – müssen dafür auf mindestens 97% ihrer Forderungen verzichten. Die Alternative wären 100% gewesen. Insgesamt haben die Lieferanten damit in den drei Insolvenzverfahren in nur vier Jahren eine sehr hohe Milliardensumme in den Warenhäusern versenkt. Auch eine Art Finanzierungsmodell. In der Industrie werden trotzdem viele froh sein, dass der Vertriebskanal fürs Erste offen bleibt.
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Mittwoch, 29. Mai. Die Otto Group legt den Jahresabschluss 2023/24 vor: 426 Millionen Euro Verlust, nach 413 Millionen im Vorjahr. Die Umsätze schrumpften um 6 Prozent auf 15 Milliarden, immerhin stieg das Ebitda um 155 auf 744 Millionen. Die Talsohle scheint erreicht. Im laufenden Geschäftsjahr erwartet der Handelskonzern eine stabile Umsatzentwicklung und eine deutliche Verbesserung der Profitabilität. “Bei uns herrscht keine Hurra-Stimmung”, wird Alexander Birken in den Medien zitiert. Aber natürlich, so der CEO sinngemäß, habe man alles im Griff.
Bei Otto sagt eine Grafik immer mehr als 1000 Worte, kommentiert dagegen Jochen Krisch in Exciting Commerce: Der Otto-Konzern liegt im Umsatz wieder auf dem Niveau von 2002. Amazon ist seit 2006 in Deutschland auf über 34 Milliarden Euro gewachsen.