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@Neocom: "Das Internet ist nicht die Antwort", sagt Andrew Keen

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Da haben die Neo­com-Macher Mut bewie­sen. Mit Andrew Keen hat­ten sie ver­gan­ge­ne Woche einen Inter­net-Kri­ti­ker auf­ge­bo­ten, des­sen Ein­las­sun­gen wohl Dis­kus­si­ons­stoff für den Abend und dar­über hin­aus abge­ben soll­ten. Der bri­tisch-ame­ri­ka­ni­sche Autor hat dem Affen denn auch gehö­rig Zucker gege­ben.

"Das Inter­net ist nicht die Ant­wort", so Keen. Am Anfang dach­ten wir alle, dass das Inter­net die Welt bes­ser mache: mehr Wohl­stand, mehr Teil­ha­be, mehr Viel­falt, mehr Kul­tur. Das Gegen­teil sei pas­siert. Die Digi­ta­li­sie­rung killt Jobs. Als Kod­ak vor drei Jah­ren plei­te ging, ver­lo­ren Tau­sen­de Mit­ar­bei­ter ihren Job. Zur sel­ben Zeit kauft Face­book Insta­gram – die neue Form des Foto-Kon­sums – für eine Mil­li­ar­de. Insta­gram hat­te damals 15 Mit­ar­bei­ter. Whats­app, das Face­book spä­ter für 19 Mil­li­ar­den Dol­lar über­nahm, beschäf­tig­te gera­de mal 55 Mit­ar­bei­ter. "Wie kön­nen Unter­neh­men mit so weni­gen Mit­ar­bei­tern so viel wert sein?", fragt Keen nicht ganz zu Unrecht.

Die alte, indus­tri­el­le Wirt­schaft, das waren Unter­neh­men, die Men­schen beschäf­tig­ten. Der Deal war: Du gibst mir Dei­ne Arbeits­kraft, ich gebe Dir Geld. Und am Ende hat­ten alle was davon.

Die neue, digi­ta­le Wirt­schaft funk­tio­nie­re anders, so Keen: "Wir arbei­ten alle in der Insta­gram-Fabrik. Face­book und Gooog­le ver­kau­fen unse­re Intel­li­genz, ohne uns dafür zu bezah­len. Den Pro­fit haben die Eigen­tü­mer die­ser neu­en Mono­po­lis­ten. Wir arbei­ten umsonst für sie. Und sie neh­men uns unse­re Jobs."

Das Ver­spre­chen der free eco­no­my sei hohl, sagt Keen. "Es ist zu schön, um wahr zu sein. Der Preis ist unse­re Pri­vat­sphä­re. Unse­re Daten wer­den aus­ge­beu­tet. Wir wer­den aus­ge­beu­tet. Jedes Mal wenn wir online gehen." Es sei eine dunk­le Öko­no­mie, meint Keen, eine Über­wa­chungs-Öko­no­mie. "Wenn Erich Miel­ke die Mög­lich­keit gehabt hät­te, er hät­te Face­book gegrün­det."

Auch kul­tu­rell bedeu­te das Inter­net eine Ver­ar­mung. Es stimmt schon, sagt Keen, jeder kön­ne heu­te Inhal­te pro­du­zie­ren und publi­zie­ren, den Zugang zur Öffent­lich­keit kön­ne heu­te kei­ner mehr kon­trol­lie­ren. Gleich­zei­tig unter­gra­be das Inter­net die Geschäfts­mo­del­le von Medi­en und Krea­tiv­wirt­schaft. User gene­ra­ted con­tent sei größ­ten­teils Unfug oder kor­rupt. Bedenk­lich fin­det Keen auch die gras­sie­ren­de Sel­fie-Kul­tur. "Wir nut­zen Medi­en heu­te nicht mehr, um mit­ein­an­der zu kom­mu­ni­zie­ren, son­dern nur noch, um uns selbst dar­zu­stel­len. Jeder ist nur noch Ver­käu­fer."

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Aber was tun? Ein Zurück wird es nicht geben, das weiß auch Keen. Das Inter­net geht nicht mehr weg.

"Wir brau­chen Regu­lie­rung", sagt der Buch­au­tor. So wie wäh­rend der indus­tri­el­len Revo­lu­ti­on der Staat den Unter­neh­men die Sozi­al­ge­setz­ge­bung auf­er­legt hat, so darf die Poli­tik auch in der digi­ta­len Revo­lu­ti­on nicht den Mono­po­lis­ten das Feld über­las­sen. "Und wir brau­chen Selbst­kon­trol­le." Indem wir uns der Mecha­nis­men der Inter­net-Öko­no­mie bewusst sind, indem wir unse­ren Kin­dern die­se Zusam­men­hän­ge ver­mit­teln, indem wir ver­ant­wor­tungs­voll damit umge­hen.

All­zu viel Hoff­nung darf sich Keen nicht machen. Ein Gut­teil der Neo­com-Teil­neh­mer hat­te es vor­ge­zo­gen, wäh­rend sei­nes Vor­tra­ges schon mal zum Abend­essen zu gehen. Oder die Mails zu che­cken. War ein anstren­gen­der Tag.

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