Corona, Ukrainekrieg, Klimakatastrophe – "die Poly-Krise wird zur neuen Normalität", so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. "Wir müssen damit umgehen und aktiv sein."
"Wir haben große Sorgen, aber wir wollen Zuversicht und nicht Resignation verbreiten", so Josef Sanktjohanser (mit Moderatorin Dunja Hayali). "Jeden Tag fangen hundert neue Jahre an." Der scheidende HDE-Präsident gab sich in seiner Abschiedsrede altersmilde und attestiert seinen Gesprächspartnern in der Politik Ernsthaftigkeit und Professionalität. "Es ist ein Stresstest für unser Gemeinwesen." Es gehe zurzeit um einen starken Staat, um Ordnungspolitik zur Transformation. Gleichwohl kritisierte er den "Tsunami" an immer kleinteiligeren Regulierungen, die die Unternehmen einschränkten.
"In der Krise sind Handeln und schnelle Entscheidungen gefragt", so der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther (links), in einem sympathischen Auftritt. Dabei passierten natürlich auch Fehler. "Lamentieren im Nachhinein (wie neulich Gesundheitsminister Lauterbach in der Frage der Kita-Schließungen) bringen uns nicht weiter."
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert (rechts) wünscht sich Friedrich Merz weiterhin als Oppositionsführer, "damit die CDU noch möglichst lange in der Opposition bleibt."
"So eine multiple Krise hat noch keiner von uns erlebt", so Lionel Souque. Der Rewe-Chef nutzte das Podium, um unverhältnismässige Preiserhöhungen seiner Lieferanten anzuprangern. So führt Rewe derzeit keine Pepsi und keine Kellogg's‑Produkte mehr. "Wir sehen ja an den Bilanzen vieler börsennotierter Unternehmen wie deren Profite steigen – anders als bei uns im Handel."
Amazons neuer Deutschland-Chef Rocco Bräuniger sieht aktuell eine höhere Preissensibilität bei den Konsumenten. Insbesondere Marken der Mitte leiden darunter, dass sich die Kunden stärker als sonst für die preisgünstigere No Name-Alternative entscheiden. Besonders stark sei die Kaufzurückhaltung derzeit bei Unterhaltungselektronik und Möbeln, dafür gehe es bei Food online nach oben. Positiv sei, dass Amazon keinen Anstieg bei Zahlungsausfällen verzeichne, und auch Ratenzahlungen werden nicht stärker als sonst wahrgenommen. "Wir können die Krise nicht beenden, aber wir können bei Amazon für unsere Kunden an Preisen und Verfügbarkeit arbeiten."
Katrzyna Dulko-Gasyna, Sustainability-Managerin von Ikea: "Die Energiekrise gibt es nicht erst seit gestern. Wir wissen das seit zehn Jahren und stellen uns darauf ein."
Für Energieeffizienzforscher Clemens Rohde vom Fraunhofer-Institut ist Nachhaltigkeit ein Resilienz-Thema: "Wer vor zehn Jahren angefangen hat, in die Energieeffizienz seiner Gebäude zu investieren, der ist jetzt im Vorteil." Das Thema bleibe auf der Tagesordnung: "Die günstigen Energiepreise von vor zwei Jahren werden wir nicht mehr sehen."
Anne Lamp, Co-Gründerin des Hamburger Bioökonomie-Startups Traceless Materials appellierte an die Marktmacht des Einzelhandels bei der Durchsetzung von Nachhaltigkeits-Initiativen. "Sie haben den Einfluss, welche Produkte in den Regalen landen. Wenn Sie Nachhaltigkeit dabei höher bewerten, dann kommen wir entscheidend weiter."
Themen wie Nachhaltigkeit und Omnichannel bleiben trotz Krise auf der Tagesordnung, sagt Deloitte-Partner Thorsten Zierlein. "Wir haben nicht das Falsche getan. Aber der Handel muss jetzt umpriorisieren." Im Vordergrund stünden für die Unternehmen aktuell Themen wie Sicherstellung der Warenverfügbarkeit, Kostenoptimierung und ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis.
Das Wichtigste in der Krise ist Flexibilität, so Egbert Wege (Deloitte). "In ihren Kernprozessen müssen Unternehmen schnell reagieren können und anpassungsfähig sein."
Theresa Schleicher (VORN): "Krise ist okay. Wir werden dafür Lösungen finden. Aber wir müssen uns anderen Realitäten stellen." In solchen Zeiten müsse der Fokus geschärft werden. Was ist strategisch und operativ sinnvoll und was nicht. "Wir brauchen ein anderes Wort für Krise", meint Schleicher, "weil: Die geht nicht mehr weg!" Vorschlag der Zukunftsforscherin: "verdichtete Gegenwart".