Ökonomie, Ökologie, Soziales – Die Frage, wie wir das alles zusammenbringen, ist angesichts der Polykrise in den Hintergrund getreten. Die Transformationsforscherin Maja Göpel setzt dem ein trotziges "Jetzt erst recht" entgegen und zitiert Pippi Langstrumpf: "Die Stürme werden stärker. Ich auch!"
Google hat in zehn Jahren 200 Milliarden in die KI-Forschung investiert und die klügsten Köpfe beschäftigt. Und doch wurde der Suchmaschinenkonzern im November 2022 vom ChatGPT-Launch kalt erwischt. "Wir können alles über KI wissen und werden doch von der Entwicklung überrascht", schlussfolgert Sascha Lobo. Der Digitalexperte teilt die Ängste vor der künstlichen Intelligenz nicht, im Gegenteil: "KI ist die größte Chance auf ein neues deutsches Wirtschaftswunder." Zugleich hat Lobo Fragezeichen, was die Bereitschaft von Politik und Gesellschaft angeht, die Transformation anzugehen. "Transformationen müssen herbeiinvestiert werden." Deutschland investiere aber im Vergleich zu allen anderen Industrienationen viel zu wenig. Auch bräuchte es einen Wandel der Arbeitskultur hin zu mehr Experimentierfreude: "Wir müssen lernen, uns voranzuscheitern." Lobo zeigte etliche Chancen auf, die sich aus der Nutzung von KI ergeben – in der Entwicklung von neuen Materialien, in der Kommunikation, in Robotik und Produktion. "Wir stehen vor einer so starken Veränderung, die wir nicht nur nicht mehr ignorieren können, sondern die wir steuern müssen. Die schlechten Folgen von KI kommen ganz von allein. Um die guten Folgen müsst Ihr euch kümmern."
Man hatte uns gewarnt vor der Manipulationsmaschinerie. Wir haben social media aber nicht ernster genommen als die Warnungen unserer Eltern vor zu viel TV-Konsum, so Carl Tillessen. Die Folgen sind Negativität, Aggression, Spaltung. "In dem Maße, wie Äußerlichkeiten an Bedeutung gewonnen haben, haben innere Werte wie Intelligenz an Bedeutung verloren", so der DMI-Geschäftsführer mit Blick auf Instagram & Co. Tillessen spürt indes in der Mode so etwas wie eine Gegenbewegung. Bei Stella McCartney und Miu Miu wurden Zeitungen gezeigt, in der Schau von Loewe und der Kampagne von Saint-Laurent Bücher. Anstelle der Augenkrebs verursachenden Instagramability der Gucci-Schauen traten bei Alessandro Micheles Valentino-Präsentation verträumte Bilder, die einen Blick auf die Details zuließen. Auch wenn die ansteckende Fröhlichkeit einer Kamala Harris sich anders als das pinkfarbene DFB-Trikot nicht durchsetzte, so sind das für Tillessen alles Indizien, dass wir uns zunehmend gegen Hetze und Negativität zu immunisieren versuchen. Tillessen nennt diese Gegenbewegung "Detox Society".
"Die Postmoderne ist vorbei", sagt der DMI-Farbexperte Niels Holger Wien. "Anything goes, das können wir uns nicht mehr leisten."
Sebastian Kemmler hat ein System entwickelt, das Trendinformation aus social media destilliert und kann mit Daten belegen, was jeder im Modebusiness spürt: Trends sind universeller, und die Trendzyklen sind schneller geworden. "90 Prozent der in den USA gehypten Marken sind auch in Deutschland gehypt." Die kulturellen Powerhouses haben es geschafft, Trends effizienter zu kommerzialisieren", so der Mitinhaber der Kreativagentur Kemmler Kemmler. "Wenn es früher ein Jahr gedauert, einen Trend aus der Subkultur aufzugreifen, so passiert das heute sofort." Everything, everywhere, all at once, um einen berühmten Filmtitel aufzugreifen.
Highsnobiety-Einkaufschef Herbert Hofmann setzte einen überraschenden Kontrapunkt zu den bei A‑head behandelten Themen und durchaus auch zur Erwartungshaltung des Publikums. "Online verkaufen ist sehr tot, es macht unglaublich viel mehr Spaß einen Laden zu haben." "Likes sind keine Sales." "Der Drang zu Neuem ist entscheidend. Wann ist ein Produkt cool, wann macht man Geld, wann muss man aufhören, ein Produkt zu führen?" "Es geht immer mehr darum, was man nicht anbietet als was man anbietet."