Das römische Reich lässt grüßen: Nichts, und sei es noch aus so viel Stein gemeisselt, ist für die Ewigkeit. Auf den Aufstieg kommt der Fall – irgendwann, aber immer. In der Mode ist das ewige Prinzip des Werdens und Vergehens besonders gut zu erkennen: Alles hat ein Ende, vieles ist danach nur noch wurst. Was heute unverzichtbar ist, ist morgen eine schwer verklappbare Altlast.
Wir erinnern uns an Abercrombie & Fitch, eine US-Marke, die sich Mitte der neunziger Jahre vom altbackenen Safari-Ausrüster zum hippen Lifestyle-Label mauserte – bis es zwanzig Jahre später brutal schief ging. Einst musste man die stockdunklen Läden gesehen haben und ein bedrucktes A&F‑Shirt im Schrank haben – jetzt liegen diese als Restposten wie Blei im Outlet. Versuche, die Marke wieder fit zu machen, fruchten nicht recht.
Cool wird auch American Apparel nicht mehr – weil das coolste an der Marke nicht die eher mediokren Jersey-Klamotten waren, sondern die rotzfreche Attitüde des Gründers Dov Charney und die schlüpfrigen Anzeigen an der Grenze zum Porno. Das kann man nicht wiederholen, es ist vorbei – wahrscheinlich for good.
Weitere Sturzflüge gefällig? Bitteschön, die jüngere Modegeschichte ist voll von Hochmut und tiefem Fall. Man denke an Forever 21 – nichts ist für immer, wie wir heute wissen, schon gar nicht die Jugend. So rasch, wie die vielen Geschäfte der Marke eröffnet wurden, verschwanden sie in den letzten Jahren wieder. Top Shop? Ex und hopp. So ging es auch mit Bench aus Manchester: Steil die Rampe hoch, und genauso rassig wieder den Hügel runter. Wo ist Jaeger hin? Kann sich Brooks Brothers nach über 200 Jahren noch einmal aufrappeln? Und wer ist eigentlich auf den frei gewordenen Flächen von Cheap Monday eingezogen?
Hippe, hoch fliegende Marken verglühen wie Weltraumschrott beim Wiedereintritt in die Atmosphäre. Das betrifft nicht nur die expansiven Highstreet-Labels mit ihren vielen Filialen, sondern auch gestandene High-Fashion-Player. Es ist noch nicht lange her, da gehörte Roberto Cavalli zum Must-have ambitionierter Jetsetter – inzwischen ist die Marke inaktiv, so wie die einst so quirlige französische Strick-Queen Sonia Rykiel. In die Liga gefallener Luxusmarken gehören auch John Varvatos, Carven oder John Richmond. Schon etwas länger im Orkus ist Gianfranco Ferré.
Der Moment des Scheiterns wird noch wortreich beklagt, doch die Erinnerung an solche Marken verblasst schnell. Oder Erinnert sich noch jemand an Guru, Sabotage, Naf Naf oder Chevignon? In den späten 1980er-Jahren musste man Claude Montana, Thierry Mugler oder – etwas günstiger – Matinique und InWear tragen… gibt es die Marken überhaupt noch? Und wo steht Benetton heute? Was wurde aus Red or Dead und Boudicca in London? Egal, es kommen ja laufend neue Namen, welche die Lücken füllen. Auch das Hoodie-Label Naketano, offenbar aus freien Stücken ausgeschieden, konnte im Handel zügig ersetzt werden.
In vielen Fällen existiert eine gescheiterte Marke trotz allem weiter – als leere Hülle ohne Seele, als Untote im Reich der ewigen Jugend. Solche Zombie-Marken gibt es zuhauf: Nicht mehr sichtbar oder von Relevanz, aber noch am Markt. Esprit ist der größte davon – gefühlt irgendwie seit Jahren unter der Erde, aber die Leiche zuckt immer noch. Bei Escada sieht es ganz ähnlich aus. Auch Deutschland ist langsam ein Friedhof der Unruhe.
Marken kommen und gehen, es ist der natürliche Lauf der Dinge in der Mode. Lässt man sie lange genug ruhen, werden sie vielleicht eines Tages wiedererweckt, so wie bei Vionnet oder Schiaparelli. Leicht ist das allerdings nicht, wie man seit Halston weiß. Vielleicht sind verglühte Marken ja so etwas wie Atomabfall: zu nichts mehr zu gebrauchen, aber schwer zu verdrängen und noch lange toxisch nachstrahlend.
PS: Diese Aufzählung der gefallenen und gewesenen Marken ist unvollständig und willkürlich. Wer eigene Ergänzungen machen oder Widerspruch einlegen möchte, darf dies gerne in den Kommentaren tun.