Rihanna baut mit Fenty fürs Alter vor. Mit 60 noch auf der Bühne rumspringen schafft halt nur Madonna. Selbst wenn die heute 31jährige sich bis dahin fit hält, wird sie dann wohl keiner mehr sehen wollen. Die Halbwertszeit von Stars ist dramatisch gesunken. Ob sie deshalb so rasant vermarktet werden oder ob die massive Vermarktung umgekehrt dazu führt, dass man ihrer schneller überdrüssig wird, wer weiß das schon. Fakt ist: Popstars werden heute als globale Marken positioniert, die mehr als nur Musik verkaufen.
Das ist natürlich kein neues Phänomen. Relativ neu ist freilich, dass die Stars zugleich die Medienleistung erbringen. Im Falle Rihannas z.B. 70 Millionen Instagram-Follower. So erklärt sich die kurios erscheinende Rechnung, nach der LVMH für seine 50,01 Prozent an dem Joint-venture 30 Millionen in bar hinblättert und Rihanna praktisch dieselbe Summe "in-kind" – also lediglich im Gegenwert ihrer Zeit und ihres Namens – beisteuert. Dass sich das rechnet, zeigte der Testlauf mit Kosmetik: die Beauty-Linie brachte es im ersten Jahr auf einen Umsatz von über einer halben Milliarde Euro.
Für LVMH ist es die erste eigene Marken-Entwicklung seit Christian Lacroix in den 80er Jahren. Aus gutem Grund hat sich der Konzern nämlich aufs Kultivieren und Melken von Heritage Brands verlegt. Von einer Person mit eigenem Kopf abhängig zu sein, ist ein unkontrollierbares Risiko. Louis Vuitton kann dagegen keine Negativ-Schlagzeilen mehr produzieren, er liegt seit 127 Jahren unter der Erde. Wohlweislich läuft die neue Linie denn auch nicht unter "Rihanna", sondern unter ihrem weniger bekannten Nachnamen Fendi, äh Fenty. Vielleicht wollte Bernard Arnault aber auch nur seinem Erzrivalen Francois Pinault zeigen, dass er es besser kann. Der Kering-Chef hatte Rihanna seinerzeit mit Puma als Erster entdeckt. Zuletzt haben sich die beiden auch als Notre Dame-Spender behakelt.
Doch im Ernst: Der Deal wirft ein Schlaglicht auf das Modemarketing der Zukunft. Auf Influencer-Marketing werden sich nur noch die Doofen unter den Instagram-Reichweiten-Stars einlassen. Die Cleveren werden sich selbst zur Marke machen und einen höheren Anteil der Wertschöpfung mitnehmen. Partner aus der Industrie werden sich finden. Das geht perspektivisch weit über die zurzeit so angesagten Co-ops hinaus. Mit der Shopping-Funktion wird Instagram zum Ökosystem für die Entstehung von neuen Brands. Die Bibis und Chiaras werden den etablierten Marken Konkurrenz machen.
Apropos Modemarketing: Victoria's Secret stellt die Übertragung seiner TV-Show ein. Unter dem Applaus der MeToo-Fraktion, die das unzeitgemässe Frauenbild, an dem der greise L Brands-Inhaber Leslie Wexner bis zuletzt festgehalten hat, seit langem kritisiert. Ob der Ruf nach Body Positivity und Diversity tatsächlich der Grund war? Oder nicht vielmehr die massiv gesunkenen Einschaltquoten und der Bedeutungsverlust des linearen Fernsehens, der die Produktion der Show für den finanziell angeschlagenen Konzern einfach zu teuer gemacht hat?
In diesen Zusammenhang passt die Ankündigung von Kering-Chef Pinault, künftig nur noch Models über den Catwalk zu schicken, die wenigstens 18 Jahre alt sind. Das war, wie alle wissen, bisher nicht so. Interessanterweise haben sich über die Kinderarbeit in Paris stets weniger Leute aufgeregt als über die in Indien und Bangladesch.
Und schließlich wurden dieser Tage die BrandZ Retail Top 75 veröffentlicht, eine von diversen Rankings zum Markenwert von Unternehmen (mit deren Untersuchungsdesign man sich besser nicht beschäftigt). Auf Platz 1: Amazon. In der Gunst der Kunden laut Studie abgerutscht dagegen H&M und Zara. Die Autoren machen das Wegwerf-Image von Fast Fashion für den Sinkflug verantwortlich, wohingegen Sportmarken wie Lululemon und Adidas wegen des gestiegenen Interesse der Kunden an Gesundheit und Fitness profitiert hätten. Offenbar stellen sich die wenigsten Menschen die Frage, was aus dem vielen Plastik wird, das Nike und Adidas in ihren Turnschuhen verbauen. Und die CO²-Bilanz von Amazon bzw. Online Shopping scheint auch keiner wirklich zu hinterfragen.
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