Nicht persönlich, aber live on air. Gestern bei Sandra Maischberger erlebte man den Trigema-Chef in voller Fahrt. Grupp vertrat vehement seine allseits bekannten Thesen, schimpfte auf verantwortungslose Manager und größenwahnsinnige Banker. Auch die Schweiz bekam ihr Fett weg. Der neben ihm sitzende Gast erlitt beinahe einen Hörsturz, so laut wurde der Textilfabrikant von der Schwäbischen Alb. Grupp gab den aggressiven Ton vor in einer Runde, in der zeitweise alle durcheinander redeten und die Moderatorin sich kaum mehr Gehör verschaffen konnte. Das hatte zumindest Unterhaltungswert.
Wolfgang Grupp erscheint nicht nur von seinem Äußeren her wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Auch wenn er häufig quer zum Zeitgeist redet – er hat in vielem Recht. Weil er sich über viele Jahre konsequent treu geblieben ist, hat er das Publikum meist auf seiner Seite. Ein gewisser Hang zum Populismus hilft ihm dabei. Grupp wird von Talkshow-Redaktionen gerne angefragt, weil er zugespitzt formuliert und zuverlässig provokant argumentiert. "Was ich sage, ist in meinen Augen nicht provokant", erklärte er in einem Interview, das ich vor drei Jahren mit ihm geführt habe. "Ich bin zwar direkt, das mag man als provokant ansehen. Aber ich sage konstant die Wahrheit, und diese muss man eben ertragen können."
Der Besuch bei Trigema in Burladingen gehört übrigens zu den erinnerungswürdigsten Terminen der letzten Jahre. Das Interview führten wir in Gegenwart der kompletten Trigema-Verwaltung, die wortlos ihrer Arbeit nachging, während der Chef das Großraumbüro beschallte. Am späteren Nachmittag gab es einen Empfang anlässlich des 88jährigen (!) Firmenjubiläums (der eigentliche Anlass war wohl Grupps 65. Geburtstag) in der reetgedeckten Fabrikantenvilla inmitten einer riesigen, penibelst gepflegten Parkanlage. Das Anwesen liegt mitten in Burladingen, direkt gegenüber der Trigema-Zentrale. Jeden Morgen dreht Grupp hier seine Runden im geschwungen angelegten Pool. Jeden Mittag isst Grupp hier mit der Familie ein Müsli, das vom angestellten Butler frisch zubereitet wird.
Die Lokalpresse nennt Wolfgang Grupp gerne den "König von Burladingen", eine Bezeichnung, die er gar nicht von sich weist: "König heißt für mich, Verantwortung für sein Umfeld zu übernehmen." Immerhin leben 1200 Mitarbeiter und ihre Familien von Trigema. Diese stehen wie eine Eins hinter dem Chef. Das wurde bei der Betriebsfeier am Abend deutlich, zu der auch der damalige Ministerpräsident Oettinger mit dem Hubschrauber eingeflogen kam: Als Wolfgang Grupp mit seiner Frau und den beiden Kindern bei musikalischer Untermalung das Festzelt betraten, erhob sich die komplette Belegschaft zum Spalier und spendete tosenden Applaus.
Applaus gab es auch für den zu spät eintreffenden Ministerpräsidenten. Aber bei Günther Oettinger blieben die Leute sitzen.