Es ist ein Fest für jeden Journalisten, wenn von interessierter Seite Informationen der Öffentlichkeit zugespielt werden, die normalerweise hinter geschlossenen Türen verhandelt werden. Wenn sie denn überhaupt offen angesprochen werden. Noch schöner und den den Journalisten durchaus eigenen Klatschtrieb befriedigend ist es, wenn Fakten auch noch mit einer gehörigen Portion Polemik garniert werden. So wie in dem Brief von Investor Clemens Vedder an Wolfgang Joop, der in diesen Tagen in diversen Redaktionen einging.
Da wird die Firma Wunderkind als "(Saft-?)Laden" bezeichnet und Joops Team als "Zirkustruppe" verunglimpft. Der PR-Chef sei ein "völlig haltloser Presseheini" und das Verhalten der Anwälte "juristische Känguruhpolitik". Er, Clemens Vedder, sei bereit, frisches Geld zu investieren. Ob Wolfgang Joop an Bord bleibe, müsse er selbst entscheiden. "Wir können gemeinsam versuchen, den scheintoten Patienten wiederzubeleben." Zuvor müssten "alle unwichtigen kostenproduzierenden Mitläufer aus Deinem Kreis eliminiert werden, und zwar sofort". An Stelle des "ungezügelten Hofschranzengehabes" müsse wirtschaftliche Kompetenz treten. "Deine hoch bezahlten Lakaienberater haben sehr schwach angefangen und dann ganz stark nachgelassen."
Die Rolle von Clemens Vedder im Zusammenhang mit dem Verkauf der Sander-Anteile sei völlig unklar, heißt es bei Wunderkind. Joops Sprecher und langjähriger Partner Edwin Lemberg verwies gegenüber meiner Kollegin Kirsten Reinhold auf das Vorkaufsrecht von Wolfgang Joop. Unklar ist, ob der Designer dieses Vorkaufsrecht ausüben wird. Und ob er es kann. Dass Joop Geld sammelt, ist seit einiger Zeit offenkundig. Da war die Versteigerung seiner Art-Deco-Möbel, da ist sein Engagement bei Schiesser und bei dem Stützstrumpfanbieter Medi, da gibt es den Beratervertrag mit Kaufhof.
Clemens J. Vedder ist eine durchaus schillernde Figur, die nicht das erste Mal für Schlagzeilen sorgt. Der gelernte Einzelhandelskaufmann vertrieb in den 70er und 80er Jahren erfolgreich Steuersparmodelle. 1987 verlegte er sich auf Private Equity-Deals. Er investierte anfangs stark in Handelsunternehmen wie Asko, Metro, Horten, Ava und Spar. Heute ist er mit seinen Fonds in diversen Branchen engagiert.
Wunderkind dürfte für den schwerreichen 63jährigen mit Wohnsitz in der Schweiz ein kleiner Fisch sein. Was er mit seinem aggressiven Schritt in die Öffentlichkeit bezweckt, ist unklar. Angeblich ist er sich mit dem Ehepaar Sander einig, aber er braucht die Zustimmung von Wolfgang Joop. Der wird Vedders Brief als Demütigung auffassen. Eine Zusammenarbeit dürfte damit schwierig werden.