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25 Jahre “amazonen”

XAm kom­men­den Mon­tag ist Prime Day. Nun bedürf­te es die­ses Hin­wei­ses nicht, um Ama­zons Schnäpp­chen-Akti­on mit­zu­be­kom­men. Prime-Mit­glie­der, und das sind welt­weit über 100 Mil­lio­nen, wer­den seit lan­gem auf den gro­ßen Tag ein­ge­stimmt, aktu­ell läuft der Prime Count­down mit täg­lich wech­seln­den Ange­bo­ten. Für Mode­händ­ler ist das nur indi­rekt wett­be­werbs­re­le­vant, denn die Ange­bo­te dre­hen sich mehr um Elek­tro­nik und Haus­halts­wa­ren. Und schließ­lich fei­ern die Tex­ti­li­ten bereits seit Wochen ihren eige­nen Sale. Wenn Ama­zon den Prime Day begeht, hat der Mode­markt bereits eine Prime Sea­son hin­ter sich.

Es geht Ama­zon auch, aber gar nicht in ers­ter Linie um den Umsatz (kol­por­tiert wur­den 2018 immer­hin gut 4 Mil­li­ar­den), son­dern der Prime Day ist vor allem eine gigan­ti­sche Wer­be­ak­ti­on für die Prime-Mit­glied­schaft. Die­ses Kun­den­bin­dungs­pro­gramm ist der Traum eines jeden CRM-Pro­fis. Wäh­rend Otto Nor­mal­ein­zel­händ­ler Pro­zen­te geben muss, um die Kon­su­men­ten für sei­nen Kun­den­club zu begeis­tern, sind die­se bei Ama­zon sogar bereit, für die Mit­glied­schaft zu bezah­len. Und zwar nicht nur mit ihren Daten, das sowie­so, son­dern mit Barem. Der­zeit immer­hin 69 Euro im Jahr. Im Gegen­zug gibt’s schnel­le­re Lie­fe­rung und kos­ten­lo­ses Film-Strea­ming. Was übri­gens ein per­fi­des Ange­bot ist. Denn das sucht­för­dern­de Seri­en­glot­zen führt dazu, dass die Kon­su­men­ten noch mehr zuhau­se blei­ben. So stiehlt Ama­zon den Kun­den die Zeit und dem sta­tio­nä­ren Han­del die Fre­quenz.

Im Ernst: Ama­zon hat das Ein­kaufs­ver­hal­ten ver­än­dert wie wohl kein Unter­neh­men jemals zuvor. Und das in nur 25 Jah­ren. Zum Jubi­lä­um am ver­gan­ge­nen Frei­tag nah­men sich vie­le Medi­en die­se Erfolgs­ge­schich­te vor. Der Stern erin­ner­te dar­an, dass bei der Grün­dung 1994 gera­de mal 0,447 Pro­zent der Men­schen Inter­net-Zugang hat­ten. Heu­te ist es jeder Zwei­te (51,2%). Im zwei­ten vol­len Geschäfts­jahr 1996 setz­te Ama­zon bereits 15,7 Mil­lio­nen und ein Jahr dar­auf mit 147,8 Mil­lio­nen Dol­lar fast das Zehn­fa­che um. „Ama­zon fischt im gro­ßen Strom der Wirt­schaft“, schrieb Marc Bei­se in der SZ, „und es fischt strom­auf­wärts und strom­ab­wärts“, also in bei­de Rich­tun­gen der Wert­schöp­fungs­ket­te: „Einer­seits kann sich kaum ein Ver­käu­fer mehr leis­ten, nicht an Ama­zon zu lie­fern, und ande­rer­seits ist Ama­zon bei den Kun­den über­aus beliebt.“ Der Spie­gel mach­te ein unter­halt­sa­mes Quiz-Spiel („Wie gut ken­nen Sie Ama­zon?“), und die TAZ erin­ner­te vor­wurfs­voll dar­an, auf wes­sen Kos­ten Jeff Bezos sei­ne Mil­li­ar­den gemacht hat: „Was darf sich ein Unter­neh­men, bei des­sen markt­be­herr­schen­der Stel­lung es ein Wun­der ist, dass sich nicht das Wort „ama­zo­nen“ für „online bestel­len“ durch­ge­setzt hat, eigent­lich so erlau­ben? Also abge­se­hen von zwei­fel­haf­ten Steu­er­prak­ti­ken, aus­ge­beu­te­ten Mitarbeiter:innen und einer rie­si­gen Daten­samm­lung über die Nutzer:innen?“

Der NDR befrag­te den Sozio­lo­gen Harald Wel­zer. Man kön­ne sich an vie­len Stel­len fra­gen, so der Sozio­lo­ge „war­um machen die Men­schen das?“ Offen­sicht­lich sei eine Kul­tur­tech­nik ver­lo­ren gegan­gen, die es frü­her gege­ben habe: auf etwas zu war­ten. „Ich glau­be, dass ein Begriff wie “Vor­freu­de” heu­te nicht mehr exis­tiert, weil das gro­ße Ziel der Inter­net­an­bie­ter dar­in besteht, die Span­ne zwi­schen Bedürf­nis und Befrie­di­gung am bes­ten gegen null zu redu­zie­ren.“ Sonst kön­ne man sich es ja noch mal über­le­gen, „ob man das eigent­lich haben woll­te, ob man das braucht, ob das Leben rei­cher wird, wenn man das hat – oder ärmer, weil man noch mehr Plun­der hat.“

25 Jah­re Ama­zon mar­kiert für Jeff Bezos noch eine ande­re Zäsur: die Tren­nung von sei­ner Frau. Zum Jubi­lä­um wur­de die Schei­dungs­ver­ein­ba­rung publik. Macken­zie Bezos erhält nach 25 Jah­ren Ehe ein Akti­en­pa­ket im Wert von 38 Mil­li­ar­den Dol­lar.

Rund 4 Mil­lio­nen für jeden ein­zel­nen Tag mit Jeff.

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