In Düsseldorf ist GDS – und viel zu wenige gehen hin. Ohne die offiziellen Zahlen der Messe zu kennen – gestern war der Besucher-Mangel eklatant, Gänge und Stände zu leer. Das mag mit den schleppenden Geschäften im Schuhhandel zu tun haben, wahrscheinlich hat der plötzliche Wintereinbruch die Reiselust mancher Einkäufer gehemmt, möglicherweise wirkt sich auch der Strukturwandel der Branche aus. Ganz bestimmt sorgt der späte Termin für Kritik. Eine Messe muss die Orderrunde eröffnen und nicht abschließen. Eine Vorverlegung der GDS würde sich belebend auswirken und nebenbei auch der internationalen Konkurrenz in Mailand ein Schnippchen schlagen. Warum nicht auf den alten CPD-Termin gehen, wo die Stadt sowieso voller Modehändler ist, die sich zu einem nicht geringen Teil auch für Schuhe interessieren dürften? Sonst trifft sich die Schuhbranche demnächst woanders. Die Berliner Messe-Macher haben gestern schon mal eifrig Hände geschüttelt. Das Schicksal der CPD sollte der Messe Düsseldorf eigentlich eine Lehre sein.
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"Die absolut professionellen Offline-Händler werden überleben, aber 80 Prozent werden es nicht schaffen." Multichannel ist das letzte Zucken der Ratlosen und Zalando wird überall gebraucht, wo die Leute nicht nackt rumlaufen. Oliver Samwers steile Thesen haben mächtig Staub aufgewirbelt. Bei dem rotzigen Auftritt des Zalando-Finanziers auf dem Tengelmann eDay wäre man gerne dabei gewesen. Es kommt schließlich nicht so oft vor, dass auf Branchen-Podien so provokanter Klartext geredet wird. Nun könnte man meinen, dass Hochmut vor dem Fall kommt. Warum sollte das bei Samwer anders sein? Weil er in jungen Jahren eine spektakuläre Erfolgsbilanz vorzuweisen hat? Vielleicht auch, weil er mit seiner Can do-Haltung so ist, wie viele andere Unternehmer gerne wären? Und weil er inhaltlich womöglich gar nicht so falsch liegt: Vielleicht sind es ein paar weniger als 80 Prozent und das Sterben ginge langsamer. Aber auch ohne die Online-Konkurrenz würden es die Unprofessionellen nicht schaffen.
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Das erinnert an Kik-Gründer Stefan Heinig, der sich vor Jahren ebenfalls mal als Totengräber des Fachhandels bezeichnet hat. Der eine oder andere hat es überlebt. Jetzt holt Kik zum nächsten Schlag aus. Übers Internet, wie die Samwers. Die Zielgruppe kann auch auf Pump kaufen. Aber nicht Crosschannel – die Filialen bleiben Verkaufs- und werden nicht zu Paketannahmestellen. Zu kompliziert, zu teuer. Der Retourenquote wird das gut tun. Man rechnet offiziell mit 25 Prozent, was wenig, aber womöglich gar nicht mal unrealistisch ist. Die Rücksendung lohnt sich in vielen Fällen kaum. Das Porto ist teurer als die Ware.
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Wer mit den Kollegen den Harlem Shake plant, sollte zuvor besser nochmal die Zeit lesen. Ingeborg Harms, eine der klügsten Mode-Journalistinnen Deutschlands, hat sich 175 Zeilen über den Internet-Jux abgepresst, dem auch etliche Mode-Leute erlegen sind: "Der Harlem Shake ist keine haltlose Autistenparty, sondern eine kollektive Antwort auf den sexuellen Autismus, den die mediale Pornodienstleistung bierernst provoziert. Was sich im Harlem Shake abspielt, ist eine Regression ins Präödipale, (…) die Veralberung des Triebs. (…) Auch wenn der Fasching des Videoschlusses kaum weniger Zwängen unterliegt als sein trüber, von repressiver Toleranz geprägter Anfang, so sind sie doch rhythmischer Natur, eine Ausgeburt des Soundtracks, ein konstruktives und fantasievolles Mitgehen mit dem Puls, der das Lebendige skandiert. Lehrte nicht schon Freud, dass alle kulturellen Leistungen dem Triebaufschub zu verdanken sind? Der Harlem Shake ist eine Allegorie dieses schillernden Umwegs, das formvollendete Pamphlet der spielerischen Sublimation."
Und Ingeborg Harms ist eine Spaßverderberin.
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