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Schließungen bei Görtz, Stellenabbau bei Karstadt, Chaos bei Neckermann

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Ist das jetzt Kri­se? Die Nach­rich­ten aus dem Ein­zel­han­del sind jeden­falls dra­ma­tisch.

Die Schle­cker-Plei­te mit 30.000 betrof­fe­nen Mit­ar­bei­tern ist kaum auf die hin­te­ren Sei­ten der Wirt­schafts­tei­le gewan­dert, da rückt mit Necker­mann ein ande­rer deut­scher Tra­di­ti­ons-Händ­ler auf die Titel. Das Cha­os um den geplan­ten Stel­len­ab­bau in Frank­furt kul­mi­nier­te die­se Woche in einem Insol­venz­an­trag. Finanz­in­ves­tor Sun hat sei­nen Ver­lust­brin­ger abge­schrie­ben. Unter Insol­venz­recht wird es nun ein­fa­cher sein, ein ver­kaufs­fä­hi­ges Paket zu schnü­ren. Auf Kos­ten der Mit­ar­bei­ter. Wie auch immer die Sache aus­geht: Die Wahr­schein­lich­keit ist groß, dass Necker­mann am Ende der ande­ren gro­ßen deut­schen Ver­sand­han­dels­mar­ke (und unge­lieb­ten Schwes­ter bei Arcan­dor) Quel­le auf den Weg in die Geschichts­bü­cher folgt.

Die eins­ti­ge Necker­mann-Mut­ter Kar­stadt reih­te sich mit Stel­len­strei­chun­gen in den Nega­tiv-Rei­gen ein. CEO Andrew Jen­nings kann so vie­le Inter­views geben, wie er will: Der Waren­haus­kon­zern wird das Attri­but "ange­schla­ge­ne" nicht los. Da geht es Kar­stadt wie "Bahn­chef" Meh­dorn, des­sen wah­ren Vor­na­men auch kaum einer kennt, und das, obwohl er längst Chef von Air Ber­lin ist. Es mag ja sein, dass der Stel­len­ab­bau struk­tu­rell und kon­junk­tu­rell gebo­ten ist. "Kar­stadt-Ret­ter" (noch so ein zwei­fel­haf­ter Titel) Nico­las Berg­gruen hat mit der Ent­schei­dung sei­nes Manage­ments jeden­falls ordent­lich Good­will ver­spielt. Zwar kön­nen sich die Kar­stadt-Mit­ar­bei­ter freu­en, ab Herbst erst­mals seit sechs Jah­ren wie­der nach Tarif bezahlt zu wer­den. 2000 von ihnen wer­den wenig davon haben, weil sie dem­nächst gar nicht mehr auf Jen­nings' Pay­roll ste­hen.

Und dann ist da noch Schuh­fi­lia­list Görtz. Der plötz­li­che Abgang von Görtz-Chef Chris­toph von Gui­on­neau hat­te im Mai bereits für ein Rau­nen gesorgt. Jetzt muss­ten die Inha­ber Lud­wig und Fried­rich Görtz ihrer Ham­bur­ger Beleg­schaft einen har­ten Sanie­rungs­plan ver­kün­den: 30 der 260 Filia­len wer­den geschlos­sen, das dürf­te eini­ge Hun­dert Beschäf­tig­te tref­fen, auch 100 der 250 Mit­ar­bei­ter in der Zen­tra­le müs­sen wohl gehen. Das Wet­ter und der Wett­be­werb sowie eine offen­bar falsch ange­leg­te Wachs­tums­stra­te­gie haben dem erfolgs­ver­wöhn­ten Schuh­händ­ler dicke rote Zah­len beschert. „Zara und Zalan­do brin­gen Görtz aus dem Tritt“, for­mu­lier­te die TW sehr tref­fend.

"Der Ein­zel­han­del mutiert zur Kri­sen­bran­che" schlag­zeil­te die Wirt­schafts­wo­che. Und führ­te neben den genann­ten auch noch den ins Schlin­gern gera­te­nen Buch­händ­ler Tha­lia, die Bau­markt­ket­te Prak­ti­ker und den Ero­tik­fi­lia­lis­ten Bea­te Uhse an.

Ist das jetzt also Kri­se?

Ja – zumin­dest für Necker­mann, Kar­stadt, Görtz, Tha­lia, Prak­ti­ker und Bea­te Uhse. Nein, was den Ein­zel­han­del ins­ge­samt angeht.

Sicher, die Geschäf­te sind zur­zeit nicht ein­fach. Die TW mel­det für das ers­te Halb­jahr ein Minus von 2 Pro­zent im Tex­til­ein­zel­han­del. Der Wett­be­werb ist knall­hart. Aber die Kon­sum­stim­mung ist in Deutsch­land allen Euro-Tur­bu­len­zen zum Trotz immer noch gut. Vor lau­ter Kas­tro­phen­mel­dun­gen über­liest man schnell die posi­ti­ven Bei­spie­le. Zara und H&M sind expan­siv wie eh und je. Tex­til­dis­coun­ter wie Kik wach­sen zwar nicht mehr flä­chen­be­rei­nigt, aber sie gewin­nen den­noch Markt­an­tei­le. Letz­te­res gilt auch für Online-Anbie­ter wie Ama­zon und Zalan­do. Hugo Boss, Ger­ry Weber und Tom Tail­or mel­den sat­te Wachs­tums­ra­ten. Luxus­mar­ken wie Pra­da und Lou­is Vuit­ton ver­die­nen sich inter­na­tio­nal eine gol­de­ne Nase. Erst ges­tern mel­de­te Her­mès ein Umsatz­plus von über 20% fürs ers­te Halb­jahr.

Der Ein­zel­han­del steckt nicht in der Kri­se, son­dern in einem Struk­tur­wan­del: Die Bran­che wird kurz gesagt ver­ti­ka­ler, spe­zia­li­sier­ter, kon­zen­trier­ter und digi­ta­ler. Die­ser Struk­tur­wan­del bringt jene Unter­neh­men in die Kri­se, die sich nicht schnell genug auf den sich ver­än­dern­den Wett­be­werb ein­stel­len. Wenn das Kon­sum­kli­ma abkühlt, ver­schärft sich die­ser Anpas­sungs­druck, der Struk­tur­wan­del beschleu­nigt sich. Das wer­den die Guten (Görtz) über­ste­hen. Die Kran­ken (Necker­mann) wer­den auf der Stre­cke blei­ben.

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