Auch wenn bis heute Früh noch unklar war, ob, wo und wie die Veranstaltung im Januar stattfinden wird – eines ist klar: Die Bread & Butter, wie sie einmal war, ist Vergangenheit. Die Messe hat seit einigen Saisons geschwächelt. Im Sommer waren die Lücken im Ausstellerportfolio und der Frequenzrückgang unübersehbar. Jetzt hat sich die Talfahrt offenbar rapide beschleunigt. Karl-Heinz Müller hat mit seiner Barcelona-Aktion selbst dazu beigetragen. Viele Aussteller werden sich deswegen verabschiedet haben. Dass er die Umzugspläne daraufhin wieder abgeblasen hat, war Wasser auf die Mühlen derer, die Müllers Volten schon lange genervt hatten. Müllers Einfallsreichtum und Entscheidungsfreude haben die Bread & Butter zu einem Spektakel mit globaler Strahlkraft gemacht. Gleichzeitig lag in dieser Entscheidungsfreude Unberechenbarkeit. Was das Business nicht schätzt.
Die Bread & Butter ist aber natürlich nicht an Karl-Heinz Müller gescheitert. Die Messe ist vielmehr am eigenen Erfolg kollabiert: Als Nischen-Veranstaltung war sie anfangs nicht nur die authentischere, sondern zugleich die billigere Alternative zur Kölner Interjeans. Spätestens in Barcelona und erst recht in Tempelhof wurde daraus eine gigantische Demonstration der Markt-Machtverhältnisse. Das ließ die Kosten für die Marken explodieren; früher oder später mussten die Controller die Kosten-Nutzen-Frage stellen. Erst recht, wenn das Geschäft so zäh läuft wie im Moment. Lieber stecken sie das Geld in eigene Läden.
Die Bread & Butter ist zudem der Mentalität der Modeleute zum Opfer gefallen. Die brauchen permanente Veränderung und Aufregung. Barcelona war drei Saisons spannend, dann konnten die Leute keine Tapas mehr sehen. Und den sensationellen Auftritt in Tempelhof jedes Mal zu toppen, war schlichtweg unmöglich. Die Wanderzirkus-Idee, die Karl-Heinz Müller anfangs vorschwebte, war diesem Drang nach permanenter Aufregung geschuldet. Wäre er kein leidenschaftlicher Community Organizer, sondern nur ein profitfixierter Geschäftsmann, hätte Müller auf dem Höhepunkt vor drei, vier Jahren Kasse gemacht und die Stadt Berlin an Bord genommen. Wie seinerzeit Manfred Kronen mit der Igedo in Düsseldorf. Der residiert heute auf einem Schloss in Frankreich.
Und schließlich unterlag die Bread & Butter der Dynamik des Modemarktes: In dem Maße, wie sich die Vertikalen im Markt breit machen, verliert das traditionelle B2B-Geschäft an Bedeutung. Die großen Marken investieren in eigene Stores und Endverbraucherkommunikation. Diese Entwicklung stellt die Messen in Frage und entzieht ihnen Potenzial. Es ist vor diesem Hintergrund schon bemerkenswert, was in der Hauptstadt entstanden ist. Aber vor all diesen Einflüssen sind auch die anderen Berliner Veranstaltungen nicht gefeit.
Die Bread & Butter war so etwas wie der Nukleus der Modestadt Berlin. Der international die größte Strahlkraft hatte. Dass es mit dieser Messe bergab geht, schadet Berlin und dem Modestandort Deutschland insgesamt. Das kann keinen freuen.
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