Passiert large

Galliano zu Margiela: Passt das?

Img e

Eher nicht. Und das nicht, weil John Gal­lia­no sich mit sei­nen im Suff geklopf­ten Hit­ler-Sprü­chen auf immer und ewig für einen Job im Mode­ge­schäft dis­kre­di­tiert hät­te. Das hat ihn, einer per­ver­sen PR-Logik fol­gend, eher inter­es­san­ter gemacht. Son­dern weil Mar­gie­la eine Mar­ke ist, deren DNA – um die­sen in der Mode­bran­che infla­tio­när benutz­ten Begriff zu ver­wen­den – die Anony­mi­tät ist. Und der ope­ret­ten­haf­te Gal­lia­no so ziem­lich den Gegen­ent­wurf zum sub­ti­len Mar­gie­la-Stil ver­kör­pert.

Mar­tin Mar­gie­la hat nicht nur den Dekon­struk­ti­vis­mus in die Mode gebracht, son­dern sein Label zugleich als Anti­the­se zum Per­so­nen­kult der ande­ren Desi­gner­mar­ken kon­zi­piert. Desi­gner­mo­de, die den Desi­gner ver­neint. Oder zumin­dest deren übli­chen Ver­mark­tungs­me­cha­nis­mus unter­läuft. Wer Mar­gie­la trägt, zeigt, dass er selbst und kein ande­rer den Auf­tritt aus­macht. Ein Motiv, mit dem sich betuch­te Indi­vi­dua­lis­ten, Künst­ler, Intel­lek­tu­el­le und alle, die das ger­ne wären, iden­ti­fi­zier­ten. Dass das auch nichts ande­res ist als nur eine Image-Anlei­he, war die unaus­weich­li­che Fal­le, der Mar­gie­la-Kun­den trotz des Ver­zichts auf pla­ka­ti­ve Logos nicht ent­kom­men konn­ten.

Kom­mer­zi­ell war das ein Kon­zept für die Nische. Die­sel-Grün­der Ren­zo Rosso, zu des­sen OTB Hol­ding das Mai­son Mar­tin Mar­gie­la seit 2002 gehört, war das zu wenig. Seit dem Rück­zug des Desi­gners im Jahr 2009 wur­de die Kol­lek­ti­on von einem Kol­lek­tiv gestal­tet. Die Krea­ti­ven blie­ben durch­aus auf Mar­gie­las Linie, und sie haben die Looks zugleich kom­mer­zia­li­siert. Vor zwei Jah­ren hat­te Rosso Mar­gie­la gar ins Dschun­gel­camp des Mode­busi­ness', zu H&M geschickt. Jetzt kommt der Exzen­tri­ker Gal­lia­no. Ob der Ex-Dior-Desi­gner nun eine neue Hand­schrift in die Kol­lek­ti­on bringt oder nicht, ist neben­säch­lich. Er bringt Publi­ci­ty und damit poten­ti­ell neue Kun­den. Das wird wahr­schein­lich funk­tio­nie­ren. Es ist der end­gül­ti­ge Abschied von Mar­tin Mar­gie­la und sei­ner Phi­lo­so­phie. Und ein wei­te­rer Beleg, dass es im Mode­ge­schäft nicht nur auf die Künst­ler, son­dern vor allem auf die Kom­mu­ni­ka­ti­on ankommt.

*****

Wenn Sie Pro­fa­shio­nals regel­mä­ßig lesen und gut fin­den, freue ich mich über eine Wei­ter­emp­feh­lung an Kol­le­gen und Freun­de.

Schlagworte:,