Die Übernahme von Globus ist der jüngste Coup des österreichisch-thailändischen Joint-ventures von Rene Benkos Signa Holding und der Central Group der Familie Chirathivat. Gemeinsam betreibt man bereits das KaDeWe in Berlin, das Alsterhaus in Hamburg und Oberpollinger in München, geplant sind zwei weitere Standorte in Düsseldorf und Wien. Zu Central gehören Illum in Kopenhagen sowie die neun Häuser von La Rinascente in Italien. Es ist eine hochspannende Entwicklung: Hier nutzen zwei finanzstarke Investoren die unvermeidliche Konsolidierung der europäischen Warenhaus-Szene zur Bildung einer Luxury Department Store-Gruppe. Die verschafft sich nun mit Globus ein starkes Standbein in der Schweiz.
Auch wenn in der Eidgenossenschaft über 800.000 Millionäre leben und ausländische Touristen dort im Jahr über 16 Milliarden Franken lassen – dass alle zwölf Globus-Warenhäuser und die 26 Fachgeschäfte in Orten wie Emmenbrücke oder Schönbühl demnächst zu Luxus-Läden werden, ist unrealistisch. Insofern wird man sehen, was aus dem Filial-Portfolio in den kommenden Jahren wird. Signa hat schließlich diverse Formate in der Hinterhand.
In Zürich dagegen dürfte sich der Wettbewerb an der Bahnhofstraße massiv verstärken. Insbesondere Jelmoli muss das kümmern, aber auch ein Multilabelhaus wie Grieder, zumal Globus-CEO Franco Savastano beide Unternehmen von Innen kennt. Auch wenn die vier nationalen Player formal unabhängig voneinander operieren, ist die Signa/Central-Gruppe mittlerweile ein Player, dem die Luxusmarken nicht mehr so leicht etwas abschlagen können, selbst wenn die meisten in Zürich bereits eigene Läden betreiben. Im Hinblick auf die Einkaufsmacht fehlt jetzt theoretisch nur noch ein starkes Online Business. Ob man schon mal bei Mytheresa angeklopft hat?
Sehr viel wahrscheinlicher ist, dass man sich auf stationäre Targets konzentriert. Denn das Interesse der Investoren liegt nur mittelbar im Einzelhandel, es geht im Kern um Immobilienentwicklung. Und da hat Rene Benko mit dem Globus-Deal seinem auf bald 20 Milliarden geschätzten Immobilienportfolio jetzt ein paar werthaltige Objekte hinzugefügt.
Das Muster setzt sich fort: Benko kauft schwächelnde Player mit wertvollem Immobilienbesitz vergleichsweise günstig auf; das operative Geschäft wird von Signa Retail übernommen, wo man über Synergieeffekte im Backoffice Kosten spart und die Margen zu erhöhen versucht, was die Deals finanzieren hilft; zugleich werden Schnäppchen wie zum Beispiel Sport Scheck, die Thomas Cook-Reisebüros und zahlreiche Online Retailer Marktanteils- und Cash Flow-maximierend eingegliedert.
Auf diese Weise entstand innerhalb von nur sechs Jahren ein neuer Einzelhandelskonzern mit 45.000 Beschäftigten, der an 320 Standorten und in international über 100 Webshops einen Umsatz von zuletzt 7,2 Mrd. Euro kumuliert. Mit den vier „unabhängigen Handelsplattformen“ Premium, Sports United, Home & Lifestyle und der Department Store Group hat man strategisch alle Optionen, bis hin zum ganz großen Reibach. „Der Fokus liegt auf der konsequenten Weiterentwicklung der Omnichannel-Strategien der einzelnen Handelsplattformen“, heißt es auf der Signa-Website. Die Terminologie stimmt schon mal.
Man kann es positiv sehen: Hier wird groß gedacht und der ohnehin unvermeidliche Wandel im Handel unternehmerisch gestaltet. Im Einzelfall kann das großartige Ergebnisse hervorbringen. Man muss sich nur mal die spektakulären Department Stores von La Rinascente in Mailand oder Rom oder auch die Entwicklung von Kadewe oder Oberpollinger ansehen. Auch das Globus-Flaggschiff in Zürich war vor 50 Jahren einmal eine Pilgerstätte für Einzelhändler. So wie heute Selfridges oder Bon Marche. In den 60er Jahren sprach man in Zürich bereits von Einkaufserlebnis. „Der Laden als Bühne“ war der Titel eines Buches des damaligen Globus-Chefs Peter Kaufmann, das ich im Studium lesen durfte. Damals hatten die CEOs noch Zeit zu schreiben.
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Und sonst?
… sorgt das Corona-Virus für Sorgenfalten bei Modemanagern. Messen werden abgesagt, Läden geschlossen, die Produktion steht still, Lieferverzögerungen sind wahrscheinlich. Die Luxusbranche wurde schon durch die Hongkong-Krise getroffen, wenn jetzt die chinesischen Touristen wegbleiben, dürfte es auch in den Läden an der Rue St. Honoré oder der Frankfurter Goethestraße deutlich leerer werden. Die TW fasst die aktuelle Entwicklung in der aktuellen Ausgabe sehr gut zusammen.
… ist die Entscheidung eines Hamburger Gerichts, einer Schülerin das Tragen eines Nikabs entgegen dem Willen der Schulbehörde zu erlauben, einigermaßen kurios. Andernorts verbieten Schulen das Tragen von Jogginghosen. Vielleicht sollten sich die Flausch-Jünger auch mal auf die Menschenrechte berufen.
… hat die New York Times in einem viel beachteten Beitrag aufgedeckt, dass es bei Victoria’s Secret eine „toxische Kultur der Frauenfeindlichkeit" gab. Wundert das irgendjemanden?
… steigt Amazon ins Dating-Business ein. Die täuschend echt gemachte Website ist natürlich Satire. Obwohl, wundern würde auch das niemanden.