Die Headline ist natürlich Quatsch. Aber die Vehemenz, mit der Politik und manche Medien auf dem Thema herumreiten, könnte vermuten lassen, dass die Vernichtung von Ware eine oberste Aufgabe von Unternehmen ist. Überflüssig zu erwähnen, dass das Gegenteil der Fall ist. Über 19 Millionen ausgemusterte Artikel, das hat eine Studie für das Jahr 2018 ergeben, sind eine gigantische Zahl. Aber niemand wird Ware vernichten, die er noch verkaufen kann.
Deswegen ist die Gesetzesinitiative der Bundesumweltministerin auch blanker Populismus, der darauf abzielt, bei umweltschutzsensiblen Verbrauchern zu punkten. Die schütteln über die Fernsehbilder von geschredderter Neuware zu Recht die Köpfe. So weit, wie von manchen gefordert, die Vernichtung von Ware ganz zu verbieten, geht Svenja Schulze immerhin nicht. Das geht bei vielen Produkten – bei Lebensmitteln oder Kosmetik etwa – aus Hygiene- oder Sicherheitsgründen auch gar nicht. Schulzes „Transparenzverordnung“ ist indes kaum besser; sie soll Händler verpflichten, Ware benutzbar zu halten und nachzuweisen, was sie mit den Retouren anstellen. Da wird ein bürokratischer Popanz aufgebaut, der die Unternehmen gängelt und niemandem nutzt.
Das Grundproblem ist doch, dass überhaupt so viel Ware retourniert wird. Dieses Problem existiert, seit es den Versandhandel gibt, und es hat sich durch das offensive Marketing von Zalando & Co („Schrei vor Glück, oder schick’s zurück“) noch verschärft. So werden häufig 50% der Ware und mehr wieder zurückgeschickt. Und weil die Höhe der Retourenquote nicht selten über Gewinn oder Verlust entscheidet, setzen die Unternehmen alles daran, sie zu minimieren. Das könnte künftig besser gelingen. Die Technik wird neue Möglichkeiten bieten – in der Produktdarstellung, mittels AR, KI usw.
Appelle an die Verbraucher, sie sollten doch aus Umweltschutzgründen weniger zurückschicken, werden dagegen nicht fruchten. Das sind dieselben Konsumenten, die bei Alnatura im SUV vorfahren oder vegane Kreuzfahrten buchen. Wenn die Politik etwas tun möchte, sollte sie die Leute beim Geldbeutel packen: Wer Ware zurücksendet, soll die Kosten übernehmen.
Abgesehen davon, dass auch die Distanzhändler nicht wirklich ein Interesse an so einer Regelung haben, weil dann wahrscheinlich weniger bestellt wird, dürfte das im demnächst anlaufenden Bundestagswahlkampf auch kein Thema sein, an dem sich ein Minister oder eine Ministerin die Finger verbrennt. Ebenso wenig wie die Steuerbefreiung für Spenden. Denn die würde den Staat Geld kosten. Dabei wäre das eine sinnvolle "Sozialleistung", die zudem dazu führen würde, dass weniger Ware geschreddert wird. Wenn Händler retournierte Artikel an Bedürftige verschenken, müssen sie zurzeit 19% Umsatzsteuer darauf entrichten. Ware wegzuschmeissen ist dagegen steuerfrei und damit billiger.
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Und sonst?
… sollten sich die erwähnten SUV-Fahrer ein Beispiel an den Hollywood-Stars nehmen. Bei den Oscars letzten Sonntag wurde mehrere Celebrities gesichtet, die ihre Garderobe aus Sustainability-Gründen aufgetragen haben. Darunter Jane Fonda (in einem Kleid von 2014) und Oscar-Gewinner Joaquin Phoenix (der seinen Stella McCartney-Smoking die gesamte Award-Saison über zu tragen beabsichtigt). In Saoirse Ronans maßgeschneidertem Gucci-Kleid wurde schwarzer Satin von dem Kleid wiederverwendet, das sie am Wochenende davor bei den BAFTA-Awards trug.