
Die Konsumkrise fordert weitere Opfer. Die Inhaber der Stadt-Parfümerie Pieper müssen den Gang zum Amtsgericht antreten; 140 Filialen stehen zur Disposition. Vor sechs Jahren hatte man noch Hundertjähriges gefeiert. Am Dienstag vergangener Woche hat auch die Motorradzubehörkette Polo Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Das Unternehmen betreibt 90 Läden in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Kaufzurückhaltung, rückläufige Frequenzen und steigende Kosten sind ein tödlicher Mix, wenn das Geschäftsmodell eh unter Druck ist.
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Thimo Schwenzfeier ist 'back in the game'. Der Ex-Neonyt-Macher, zwischenzeitlich Manager des Conscious-Stores von P&C in Berlin, übernimmt die Leitung des geplanten Shift-Ablegers in Offenbach. Für die niederländischen Veranstalter ein kleiner Coup. Denn Schwenzfeier weiß nicht nur, wie Messe geht, sondern ist nach wie vor gut in der Branche vernetzt. Die Fachpresse wird das Event schon aus eigenem Interesse befördern.
Ob das für einen nachhaltigen Erfolg der neuen Veranstaltung reicht? Es hat Gründe, weshalb es in Deutschland keine Messe mehr gibt, auch strukturelle. Die Order passiert in Düsseldorf und in den lokalen Orderzentren. Trendinformation bekommt man in Florenz, Amsterdam, Kopenhagen. Oder im Internet. Und als Community Organizer machen Unitex und Katag einen guten Job.
Doch warten wir's ab. Die Personalie zeigt: Die Shift-Macher wollen es wirklich wissen.
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Francis Belin ist der neue CEO von Mytheresa. Er berichtet an seinen Vorgänger und LuxExperience-Vorstand Michael Kliger. Der Holding-Chef hat mit dem ewig defizitären und immer noch schrumpfenden YNAP genug zu tun. Man kennt sich von McKinsey. Und dass Belin mal in Diensten von Großaktionär Richemont stand, wird der Berufung auch nicht geschadet haben. Der Manager hat in Mannheim studiert und danach fast sein gesamtes Berufsleben in Asien verbracht. Das zeigt auch an, wo der Online Retailer die größten Wachstumspotenziale sieht. Für Belin wie für Ascĥheim beginnt jetzt definitiv eine neue Phase.
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Einen ziemlichen Spagat in Sachen Glaubwürdigkeit leistet sich Strenesse. Während man die Wiedergeburt der deutschen Luxusmarke zuletzt noch standesgemäß im KadeWe feierte, verkauft man Strenesse Blue künftig bei Lidl. Das ist zwar "nur" die Zweitmarke, und es handelt sich überwiegend um Wäsche und Loungewear, die in der Mainline nicht im Vordergrund steht. Aber für die Discounterkundschaft wird das keinen großen Unterschied machen. "Luxus beim Discounter", meldet die BILD-Zeitung in fetten Lettern und freut sich über den "Knaller in der Modewelt".
Ein "demokratisches Leuchtturmprojekt für den gesamten Textilmarkt", nennt Strenesses Lizenz- und Vertriebspartner KUPA die Kooperation in der TW pathetisch. "Sie verbindet eine Designermarke, industrielle Textilkompetenz und Reichweite auf eine Weise, die es so noch nie gab."
Man möchte hinzufügen: Aus gutem Grund.
"Ohne Präsenz keine Relevanz", rechtfertigt Strenesse-CEO Noro Hoferer den Schritt gestern im TW-Interview. Als fördere die Präsenz auf dem Lidl-Wühltisch den Verkauf einer Marke im Premium-Fachhandel…
Wie es aussieht geht es weniger darum, Strenesse im alten Glanz wiederzubeleben, als die einstige Premiummarke durch Lizenzierung auszuschlachten. Düfte gibt es seit einem Jahr, Brillen, Schuhe und Raumdüfte sind in Planung. Diese Strategie ist im Hinblick aufs Geldverdienen im Übrigen völlig legitim. Hoferer hat schließlich nicht ganz unrecht: "Als reine Luxusmarke im klassischen Premiumkanal zu wachsen, ist in den heutigen Märkten kaum noch ein gangbarer Weg."