
So ein Opening hatten wir lange nicht: Ein komplett neues Einkaufszentrum auf insgesamt 100.000 m². 170 Läden, darunter ein 13.000 m² großer Breuninger. Kinos und Freizeiteinrichtungen, dazu drei Hotels, vier Bürohäuser, ein Ärztezentrum, hunderte Wohnungen und 2500 Parkplätze. Last but not least ein neues Kreuzfahrtterminal, wo Tausende Touristen nach dem Selfie mit der Elphi zum Shopping anlanden können.
Diesen Dienstag wurde die Westfield Mall in Hamburg feierlich eingeweiht. Wegen Baumängeln und Unfällen musste die fürs Frühjahr 2024 geplante Eröffnung dreimal verschoben werden. Überraschenderweise hatte das Mega-Projekt am Hafenbecken mit Wasser zu kämpfen. Nur gut, dass Umweltschützer nicht auch noch einen seltenen Fisch gesichtet haben. Das Projekt ist mit fast zweieinhalb Milliarden Euro auch so schon mehr als doppelt so teuer geworden als ursprünglich vom Betreiber URW kalkuliert.
Shopping Center haben in Hamburg eine lange Tradition. Das hat weniger mit dem schlechten Wetter zu tun als mit der ECE, die dort bekanntlich ihren Firmensitz hat. Der von Werner Otto gegründete Projektentwickler hatte die Hansestadt bereits in den Siebziger und Achtziger Jahren mit Einkaufszentren zugepflastert. Der Innenstadthandel hat mit dieser Konkurrenz leben gelernt.
Gerade widmete der Business Insider ECE-Chef Alexander Otto übrigens ein Stück: „Der reichste Immobilien-Unternehmer Deutschlands – und kaum jemand kennt ihn“. Schöne Grüße nach Wien, wo René Benko gerade im Gefängnis sein Leben bilanziert. Der „Ösi-Pleitier“ (BILD) hatte sich mit dem Elbtower in Hamburg ein Denkmal setzen wollen. Gerade kam raus, dass die Bauruine nun auch noch die benachbarte S‑Bahn-Station beschädigt hat. Einsturzgefährdete Neubauten bleiben ein Aufregerthema an der Elbe. Aber ich schweife ab…
Die Eröffnung eines großen neuen Einkaufszentrums ist auch deswegen so aufsehenerregend, weil der große Boom dieses Betriebstyps eigentlich vorbei ist. In den Neunziger und Nuller Jahren waren in Deutschland Hunderte dieser Konsumtempel gebaut worden. Laut EHI gibt es hierzulande inzwischen über 500 Zentren mit mehr als 10.000 m². Investoren hatten diese Flächenexplosion mit Milliarden befeuert. In der Niedrigzinsphase war Kapital im Überfluss vorhanden. Ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Bedarf und organisch gewachsene Strukturen entstanden so vielerorts neue Verkaufsflächen, die die Produktivitäten der lokalen Handelsbetriebe drückten und deren Immobilieneigentum entwerteten.
Schlimmstenfalls wird die neue Konkurrenz dazu führen, dass der Innenstadt-Handel abschmiert und die Geschäfte in der Hafencity trotzdem zu wenig Geld verdienen.
Dieser Neueröffnungs-Hype ist längst vorbei. Stattdessen floss das Kapital der Investoren in den Onlinehandel, buchstäblich ohne Rücksicht auf Verluste und damit nicht nur lokal wettbewerbsverzerrend.
Die neue Mall wird in Hamburg keine Renaissance von Brick & Mortar einleiten. Eher wird sie zum zusätzlichen Sargnagel für den Innenstadt-Handel. Anders als das Alstertal Einkaufszentrum, das Elbe Einkaufszentrum oder die Hamburger Meile ist die Hafencity von der Mönckebergstraße fußläufig entfernt. Wahrscheinlicher als dass alle von der neuen Attraktion profitieren, ist eine Verlagerung von Frequenzen und eine Kannibalisierung von Angeboten und Umsätzen. Das werden auch die anderen Hamburger Einkaufszentren spüren. Die aktuelle Konsumstimmung wird nicht helfen. Schlimmstenfalls wird die neue Konkurrenz dazu führen, dass der Innenstadt-Handel abschmiert und die Geschäfte in der Hafencity trotzdem zu wenig Geld verdienen.